Sonntag, 10. April 2011

Schaff Recht mir, Gott

Wir lesen heute im Schott (natürlich ist DER SCHOTT  gemeint):
   Heute ändert sich der Charakter des Fastenliturgie mit einem Male. Die Beziehungen auf die Katechumenen treten jetzt mehr zurück, auch fehlen die Anspielungen auf die Stationskirchen, dagegen tritt der leidende Christus in den Vordergrund. In erschütternder Weise schreit er oft mit dem Psalmisten zum Vater um Rettung aus übergroßer Leidensangst. Die Lesungen stellen uns den Mann der Schmerzen vor Augen. Immer düsterer ballen sich die Gewitterwolken über seinem Haupt zusammen, bis sie sich endlich am Karfreitag furchtbar entladen. Neben dieser unergründlich tiefen Verdemütigung Christi in seinen Leiden tritt in dieser Zeit aber auch deren gewaltige Wirkung: der Segen des Opfertodes, im Lobe des Kreuzes, hervor.
   Um ihren Schmerz über das Leiden und den Tod ihres Bräutigams noch mehr zu bekunden, läßt die Kirche in den Tagesmessen der Passionszeit im Staffelgebet den Psalm Judica, der in freudigem Jubel ausklingt und im Introitus des Palmsonntags wiederkehrt, wegfallen und das Gloria Patri, den frohen Lobruf an die heilige Dreifaltigkeit, verstummen. Sie verhüllt auch das Altarkreuz und die Altarbilder mit dunklen Tüchern, um so an die Erniedrigung des Erlösers zu erinnern und das Bild des Gekreuzigten um so tiefer in unsre Herzen zu prägen. Die Altarkreuze bleiben verhüllt bis nach der Kreuzverehrung am Karfreitag, die Altarbilder bis zum Gloria des Karsamstags.
    In wahrer Seelen- und Opfergemeinschaft einigen wir uns mit dem leidenden Christus und beten mit ihm den Introitus, das Graduale, den Tractus und die Communio. Er ist der Hohepriester und Vermittler der zukünftigen Güter, der sich in seinem Leiden und jetzt wieder in der Heiligen Meßfeier Gott zum Opfer darbringt (Epistel, Communio). Das Evangelium offenbart die tiefe Spannung, die zwischen dem Heiland und den Juden bestand und die schließlich zum Gottesmord führte. Mit voller Seelenruhe, den Lobpreis des Vaters auf den Lippen, ging der Heiland dem Leiden entgegen; so wollen auch wir auf den Opfergang des Lebens weiterwandern (Offertorium).
Der Text läßt sich nur verstehen, wenn man die Lesungen kennt, auf die sich DER SCHOTT bezieht. Im Gegensatz zur Lesung im NOM waren dies Hebr. 9, 11-15 und Joh. 8, 46-59, der den bitteren Streit zwischen Jesus und den "turbis Judæorum" beschreibt. Wie so häufig, hat der NOM hier die "Schatzkammer der Bibel" (SC 51) nicht weiter aufgetan, sondern die Tür zugeklappt, um im Bilde zu bleiben. Die Lesung aus Joh. 8, 46-59 fehlt heute in den Sonntagslesungen gänzlich. Schade, denn so fehlt der Bezug zum Passionssonntag, der ja so auch nicht mehr heißen darf.

"Da hoben sie Steine auf, um nach Ihm zu werfen: Jesus aber verbarg Sich und ging hinweg aus dem Tempel." So lautet der letzte Satz des Evangeliums. In früheren Zeiten wartete man bis zu diesem Satz, um das Kreuz zu verhüllen und die Türen der Altäre zu schließen. Die Kreuzverhüllung gehört Gottlob noch immer zu den nicht vorgeschriebenen aber üblichen Gebräuchen.

Ansgar Wallenhorst spielt auf einer Wahnsinnsorgel eine Wahnsinnsimprovisation zum Introitus des Passionssonntags. Da hört man doch so recht den Donner und Blitz, das Wetterleuchten des kommenden Dramas. Ist ein bißchen neutönisch manchmal, aber das brauch ich ab und zu.

2 Kommentare:

wrtlx hat gesagt…

ok, ich improvisier zwar auch ständig, weil ich keine Zeit habe zu üben, aber der Ansgar kann das besser wie ich :)

wrtlx hat gesagt…

Die Erklärung zu den Lesungen ist klasse. Ich hatte keinen blassen Schimmer davon.
Ganz schöne Geizkragen die NOM-Macher