Der Umgang mit Erika Steinbach anläßlich einer
Sitzung des CDU-Fraktionsvorstand ist gleich ein doppeltes Lehrstück. Zunächst könnte es gut als Fallbeispiel für eine juristisches Seminar zum Thema Mobbing dienen. Zum anderen ist es ein eindrucksvolles Beispiel für die Diskussionskultur der politischen Klasse. Nicht etwa eine revisionistische Meinungsäußerung, die man von der Vertriebenenfunktionärin Steinbach nie wirklich gehört hat, war Grund für den Eklat, sondern die schlichte Behauptung einer wahren Tatsache, Polen habe zu einem bestimmten Zeitpunkt seine Truppen mobilisiert.
Eine Anmerkung die selbstverständlich völlig Autobahn ist.
So wie Sarrazins Anmerkung, daß türkische und arabische Emigranten überdurchschnittlich doof und überdurchschnittlich kriminell, sowie überdurchschnittlich häufig von Stütze abhängig sind.
Unbestreitbar wahr, aber "nicht hilfreich", also ebenfalls völlig Autobahn.
Auch die Behauptung Sarrazins, Intelligenz sei vererblich ist wahr. Sie ist durch wissenschaftliche Untersuchungen belegt. Niemand kann diese These wirklich bestreiten.
Dennoch ist sie völlig Autobahn.
Wir haben uns offenbar daran gewöhnt, daß bestimmte Tatsachenbehauptungen, auch wenn sie unbestreitbar den Tatsachen entsprechen, völlig indiskutabel sind.
Wer behauptet, Homosexualität sein eine psychische Deformation, oder gar eine behandlungsbedürftige Erkrankung, wird sich demnächst einem Strafverfahren ausgesetzt sehen.
Aber dennoch ist diese Behauptung bis in die 60er Jahre hinein von allen ernstzunehmenden Psychologen aufgestellt worden, beginnend bei Freud, und nicht etwa endend bei dem Sexualrevolutionär Wilhelm Reich .
Wer hingegen behauptet, der Unterschied zwischen Mann und Frau beschränke sich nicht lediglich auf physiologische Merkmale, sondern schließe angeborene Verhaltensweisen ein, Frausein wie Mannsein sei also Schicksal, riskiert zwar noch nicht sein Leben und seine Freiheit, aber doch mindestens - siehe den casus Herman wie auch den casus Buttiglione - seinen Job.
Demnächst werden wir es auch wieder erleben, daß sich friedliche Demonstranten, die behaupten, Abtreibung sei die Tötung menschlichen Lebens, durch ein Spalier von
AntiProFaFas kämpfen müssen, die sie beschimpfen, verhöhnen, angreifen, bestehlen. Und kein Staatsanwalt wird eingreifen, weil die Nötigung und Behinderung christlicher Demonstranten, wie auch die Verhöhnung christlicher Symbole noch nicht einmal als Kavaliersdelikt angesehen wird.
Ist es nicht seltsam in einer Zeit, in der eigentlich "alles geht", alles tolerabel ist,wo an Schulkinder Broschüren verteilt werden, in denen steht, daß Schwul, Lesbisch, Bi "ganz normal" sei. Eine Zeit, in der protestantische PastorInnen schwulesbische Pärchen vor dem Traualtar einsegnen, um sich die eigene "Toleranz" zu beweisen. In der ein edler Wettstreit zwischen den Staaten und Gerichten der EUdSSR stattfindet, welcher als erster die völlige Gleichstellung Homosexueller erreicht, das Adoptionrecht für schwule oder lesbische Paare einführt, die Legalisierung des assistierten Selbstmords erlaubt, die Zulassung der PID legalisiert, also die vorgeburtliche Selektion behinderter Kinder, und dies alles im Namen der Freiheit und der Toleranz?
Ist die Pornoindustrie in unseren scheißliberalen Zeiten nicht zu einem der umsatzstärksten Wirtschaftszweige geworden, alles nur im Namen einer allumfassenden Liberalität, die nichts, aber auch gar nichts mehr verbieten will?
Warum denn nur all diese Denk-, Forschungs- und Meinungsäußerungsverbote?
Beides hängt zusammen. Nichts gilt. Alles ist möglich. Alles ist erlaubt. Es gibt keine Wahrheiten. Also muß man nicht mehr um Wahrheiten ringen. Man darf nicht mehr um Wahrheiten ringen. Denn eine Wahrheit zu behaupten bedeutet, ein Anderes als Unwahrheit zu behaupten. Also ist alles wahr. Alle haben recht.
Wo aber das Ringen um Wahrheit aufhört, bleibt als Orientierung für eine Gesellschaft ohne verbindliche Normen, die auf der Erkenntnis ihrer Wahrheit beruhen (we hold these truths to be self-evident) , nur noch die Konvention. Es herrschen die, die die Macht haben, die Konventionen zu bestimmen, wie es Sarrazin bei seinem Rücktritt erklärt hat, die nahezu uniforme politische Klasse, und 70% der veröffentlichten Meinung. Und den Wahrheitssuchern droht der Terror der Konventionellen.
Das Bild zeigt Studenten, die anläßlich des Wartburgfestes im Jahre 1817, ein Korsett, einen Korporalstab, einen "Code Civil", und Bücher des angeblich "reaktionären Dichters" Kotzebue verbrennen. "Dies war ein Vorspiel nur; dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen." kommentierte Heinrich Heine diese Aktion. Er sollte auf furchtbare Weise recht behalten. Nun, Eva Hermans und Sarrazins Bücher wurden nicht verbrannt, sie erzielten vielmehr hohe und höchste Auflagen. Beide aber verloren ihre Arbeit, und Sarrazin muß nach ernstzunehmenden Drohungen um sein Leben fürchten.