Samstag, 20. März 2010

Ein päpstlicher Hirtenbrief und "How to be a jewish journalist"

Eines der wundervollsten und humorvollsten Bücher über die stets schwierige Beziehung von Müttern und Söhne ist für mich Dan Greenburgs "How to be a jewish mother". Selbstverständlich hab ich mich unterstanden, meiner geliebten Mutter dieses Buch zu Weihnachten zu schenken, auch wenn die im Greenburgschen Sinne zweifellos eine ganz und gar jüdische Mutter war (selbstverständlich im geistlichen Sinne, auch wenn ich mich manchmal gefragt habe, ob in unserem Familienstammbaum nicht vielleicht doch eine Angehörige des auserwählten Volkes verantwortlich war für ihre völlig unfriesischen kastanienbraunen Haare und bernsteinfarbenen Augen, manchmal wurde so etwas gemunkelt).
Kurz gesagt ist eine jewish mother dadurch zu charakterisieren, daß es ihr stets gelingt auch dem aufmerksamsten, liebevollsten, stets um sein Mütterlein besorgten Sohn zu vermitteln, daß er seine arme alte Mutter sträflich vernachlässigt, wo er unter anderem sogar ihre Telefonnummer vergessen hat, weil er sie niemals anruft.

Etwas so: Mutter schenkt ihrem angebeteten Sohn zwei nicht soo sonderlich kleidsame Hemden. Der stets um sein Mütterlein besorgte Sohn trägt selbstverständlich eines dieser Hemden, wenn Mutter zu Besuch ist, um dann einen traurigen Blick zu ernten: "Und das andere Hemd gefällt Dir wohl gar nicht?" (Das Beispiel hat Paul Watzlawick so begeistert, daß er es in sein Buch "Anleitung zum Unglücklichsein" aufgenommen)

Nun, diesem Muster folgt offenbar die Beziehung des deutschen Papstes und der deutschen Journalisten, denn auf den mit Spannung erwartete Hirtenbrief des Papstes zu den wohlgemerkt irischen Mißbrauchsfällen und an die irischen Katholiken reagiert die deutsche Qualitäts- und Staatspresse "enttäuscht" und nahezu unisono mit "Papst äußert sich mit keinem Wort zu den Fällen in Deutschland"; "Papst schweigt zu Mißbrauchsfällen in Deutschland"; "Kein Wort zu Deutschland"; "Papst schweigt zu Mißbrauch in Deutschland."; "Papst schweigt zu Deutschland.". Ja führt Euch, liebe Schreiberlinge, denn ein ghostwriter die Feder? S´wird wohl der Zeitghost sein.

Da erscheint vor meinem geistigen Auge mein armes, altes Mütterlein, wie sie mich aus ihren bernsteinfarbenen Augen trauerumflort und ganz ganz traurig anblickt "und das andere Hemd gefällt Dir wohl gar nicht?". Ja und offenbar habe ich ihre Telefonnummer vergessen. Jüdische Mütter erwarten eben, daß sie für den Sohn, den sie mit Schmerzen geboren und mit Mühen aufgezogen haben, für den sie auf alles verzichtet haben, der Mittelpunkt dieser Welt sind. So wie deutsche Journalisten erwarten, daß für den deutschen Papst sein nicht sonderlich inspirierendes Vaterland nebst seiner milde verblödeten Journaille der Mittelpunkt der Welt ist.

Vielleicht läßt sich ja einer unserer begabten Blogozesen-Schreiber zu einem netten Essay inspirieren. "Der deutsche Papst und die deutsche Presse: How to be a jewish journalist."

Der griechische Ganymed-Mythos diente Platon zur Verherrlichung der zu seiner Zeit vor allem unter griechischen Aristokraten weitverbreiteten Ephebophilie. In deutschen Reformschulen soll ja vor allem das hellenische Erbe ganz besonders liebevoll gepflegt worden sein. In geistlicher und leiblicher Hinsicht, so to say.

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