Sonntag, 30. Mai 2010

Der Casus Junia


Typisch, daß über den Fall des "bedauernswerten" Muslims Yunus, der mit seinem angeblich von seiner muslimischen Sekte vorgeschriebenen Mittagsgebet nicht mehr in der Schule für seinen Irrglauben werben darf, von der liberalen Presse breit berichtet wurde, während der gleichzeitig entschiedene Fall einer bedauernswerten katholischen Schülerin, der man das Angelusgebet untersagte, keiner Erwähnung wert war. Hier die skandalöse Presseerklärung des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg:
Der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat heute entschieden, dass eine 16-jährige katholische Schülerin des Diesterweg-Gymnasiums in Berlin nicht berechtigt ist, das katholische rituelle Angelusgebet während der Schulpause auf dem Schulgelände zu verrichten.
Das Oberverwaltungsgericht ist zwar ebenso wie das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, daß die Gebetsverrichtung vom Schutzbereich der Religionsfreiheit erfasst werde, hat aber anders als dieses angenommen, daß hier eine Einschränkung zum Schutz anderer Verfassungsgüter gerechtfertigt ist. Es sei zu berücksichtigen, dass in der Schule eine Vielzahl unterschiedlicher Religionen und Glaubensrichtungen aufeinandertreffe und es auch Schüler gebe, die keiner Religion angehören. So seien namentlich am Diesterweg-Gymnasium sämtliche Weltreligionen vertreten und unter diesen wiederum unterschiedliche Glaubensrichtungen, wie beim Christentum Katholiken, Lutheraner, Calvinisten und Pfingstler. Diese „Pluralität“ berge ein erhebliches Konfliktpotenzial, das sich bereits verschiedentlich konkretisiert habe und den Schulfrieden gefährde. So hätten sich unter anderem Konflikte ergeben, weil eine Reihe von SchülerInnen nicht den Verhaltensregeln gefolgt seien, die sich aus einer bestimmten Auslegung der Bibel ergäben, wie z.B. Kopftuchzwang, Fasten, Abhalten von Gebeten und Verbot des Verzehrs von Fleisch während bestimmter Wochentage. Es habe sich gezeigt, daß der für die Verwirklichung des staatlichen Unterrichts- und Erziehungsauftrags unabdingbare Schulfrieden und der Schutz der unterschiedlichen Grundrechtspositionen in der Schülerschaft allein mit den im Schulgesetz vorgesehenen erzieherischen Mitteln, die auf gegenseitige Toleranz und Achtung ausgerichtet seien, nicht hinreichend zu gewährleisten sei, wenn religiöse kultische Handlungen zugelassen würden, die - wie das oftmals kollektiv verrichtete rituelle katholische Angelusgebet - ohne weiteres von außen wahrnehmbar seien und sich damit von dem durch den Beklagten tolerierten stillen Gebet des Einzelnen unterschieden. Es sei daher plausibel, dass die Schulleitung sich - ohne hierzu vom Verwaltungsgericht verpflichtet worden zu sein - dazu entschieden habe, der Klägerin einen Raum zur Verfügung zu stellen, um ihre kultischen Handlungen vom übrigen Schulleben abzuschirmen. Letztlich sei davon auszugehen, dass die von der Klägerin angestrebte religiöse Betätigung notwendig flankierende sächlich-organisatorische Maßnahmen der Schule voraussetze, auf die auch verfassungsrechtlich kein Anspruch bestehe.
Aus diesem Grund sei es auch aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich, wenn das Diesterweg-Gymnasium Eingangskontrollen durchführe, an denen die SchülerInnen Kopftücher, Rosenkränze, Gebetbücher sowie religiösen Schmuck wie Kruzifixe, Fatimahände, Medaillen religiösen Charakters und ähnliches abzugeben haben. Die Einführung eines einheitlichen Haarschnittes begegne ebensowenig Bedenken wie die Vorschrift für Schülerinnen, grundsätzlich Hosenanzüge zu tragen. Denn auch die demonstrative Zurschaustellung eines Bekleidungstils, der sich auf religöse Traditionen zurückführen lasse, berge kein geringeres Konfliktpotential als ohne weiteres von außen wahrnehmbare kultische Handlungen. 
Auf ausdrücklichen Wunsch (man könnte es auch Befehl nennen) meiner Herzallerliebsten muß dieser Post als HOAX gekennzeichnet werden. Der Text entspricht allerdings nahezu wortwörtlich der Presserklärung des OVG. (Der kleine Absatz am Schluß ist eine komplette Lügengeschichte, aber Verbote dieser Art sind in anderen europäischen Ländern mittlerweile umgesetzt)

21 Kommentare:

Bee hat gesagt…

Ein Scherz, oder?

Anonym hat gesagt…

Wie ich bereits zu einem anderen Beitrag bemerkt habe, geht es in dem Fall des berliner Mohammedaners nicht um das Beten oder die freie Religionsausübung. Hier geht es vielmehr um die Durchsetzung des islamischen Herrschaftsanspruchs und der ist durchaus politisch.

Der Islam besitzt zwar religiöse Elemente, die selbstverständlich durch das Recht auf freie Religionsausübung geschützt sind, er ist aber zu einem großen Teil auch eine Ideologie, die sich u.a. in der menschenverachtendend Sharia manifestiert. Mit unserem christlich geprägten Verständnis von Freiheit läßt sich diese Ideologie jedenfalls nicht vereinbaren.

Ein Islam ohne Sharia ist genausowenig denkbar wie ein Islam ohne den Koran oder die (blutrünstigen) Überlieferungen der Vita des falschen Propheten Mohammed. Vor diesem Hintergrund ist der geäußerte Wunsch des jungen Mohammedaners, mittags in der Schule zu beten, ein Versuch der hinter ihm stehenden Erwachsenen, die Sharia ein Stück weit in den öffentlichen Raum vordringen zu lassen.

Dem hat das Gericht Gott sei Dank erst einmal einen Riegel vorgeschoben.

PS:
Was nicht gleich ist, braucht man auch nicht gleich zu behandeln. Deshalb kann man aus dem Umgang des Staates mit den christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften keine Verpflichtung ableiten, daß er dem Islam dieselben Rechte und Freiheiten gewährt.

. hat gesagt…

WAH!

Ich habe es bei kath.net jetzt eingetragen, würde mich wundern, wenn die da keine Geschichte draus machen würden.
Danke für den Hinweis!
Einfach UNGALUBLICH!!!!!

. hat gesagt…

kannst du einen Presse-Artikel über den Angelus-Fall nennen?

. hat gesagt…

wo steht das in der pressemitteilung?

. hat gesagt…

ist ein scherz, oder? du hast das umformuliert, oder?

Johannes hat gesagt…

Man könnte es als Scherz auffassen. Aber die fingierte Presseerklärung entspricht bis auf die kleine Lügengeschichte am Ende dem Originaltext der Presseerklärung des OVG. Und die "kleine Lügengeschichte" denkt lediglich die Entscheidung des OVG ein Stück weiter ins ganz und gar nicht absurde. Denn Kleidungsvorschriften für Schülerinnen gibt es in anderen Ländern längst.

Johannes hat gesagt…

@Arminius. Ich empfehle, das Urteil des VG Berlin durchzulesen. In der Sache hat das OVG nichts anderes festgestellt. Beide Instanzen halten das Anliegen des jungen Muslims für ernsthaft und glaubwürdig, beide Instanzen gestehen dem Kläger zu, daß er sich mit Recht auf das durch Verfassung garantierte recht auf Religionsfreiheit berufen kann.

Daß ein Islam ohne Scharia undenkbar ist, würde ich nie bestreiten. Aber auch ein Christentum, daß sich auf reine Innerlichkeit beschränkt ist undenkbar. Unsere Rechtsordnung trägt unverkennbar christliche Züge, auch wenn dies zunehmend geleugnet wird. Und aus diesem Grund dürfen wir auch die Scharia verbieten und auf unserer christlichen Leitkultur bestehen, denn sie ist Teil unserer verfassungsmäßigen Ordnung. Nicht verbieten dürfen wir den islamischen Ritus, sowenig wie wir den jüdischen verbieten dürfen.

Der Herr Alipius hat gesagt…

Was mich ein wenig erstaunt ist, daß im Urteil erst auf "sämtliche Weltreligionen" verwiesen wird, aber dann die tatsächlichen "Konflikte" sich auf stänkernde Muslime beschränken.

Naja... Okay... es erstaunt mich eigentlich überhaupt nicht. Beten sollen sie von mir aus. Aber Scharia-Gehversuche sollen sie doch bitte unterlassen.

Anonym hat gesagt…

Das schlimme ist - ich hielt das für glaubwürdig ...

Johannes hat gesagt…

Es ist glaubwürdig. Dieses Gericht könnte jederzeit auch das Anliegen einer Christin in dieser Weise abfertigen, müßte es sogar, denn die Begründung des Urteils - sie beruht letztlich auf der atheistischen Überzeugung das Religion etwas fundamental friedensstörendes an sich hat - läßt sich ohne weiteres auf jede andere Religion übertragen.

zeitzubeten hat gesagt…

Brillant geschrieben!

Zwei Bemerkungen:

Dem Kommentar Islam = Ideologie = Scharia, das ist Hetze oder zumindest intoleranter Quatsch.

Bedenklich an diesem Urteil ist für mich, dass der Staat sich nun verpflichtet sieht (und Du hast durch die Hervorhebungen klar gekennzeichnet) einzuschreiten, wo "Toleranz und Achtung" zwischen religiösen Gruppierungen nicht mehr ganz aufrecht zu halten sind.

Da müssen alle Religionsausübenden aufpassen, nicht in das Eck der Unfähigkeit und Unmündigkeit abgeschoben zu werden. Und schließlich hat jede Schule die Möglichkeit, Schüler von der Schule zu verweisen...

...wo sind wir denn angelangt, dass jeder juristische Furz derartige Blähungen verursacht- pardon für die Unflätigkeit ;-)

zeitzubeten hat gesagt…

In wenigen Tagen ist Fronleichnam:

Nicht ausgeschlossen, dass ein Nicht-Religiöser (oder auch ein Angehöriger einer nichtchristlichen Religionsgemeinschaft) Klage erhebt, weil er/sie sich "durch die Wahrnehmung der Fronleichnamsprozession im öffentlichen Raum" in bestimmter Weise gestört fühlt.

Diesen Fall sollte man sich wünschen, weil er Gelegenheit gäbe, die christlichen Züge unserer Rechtsordnung zu bemühen und herauszufinden, wieweit von dieser Rechtsordnung auf unserer christlichen Leitkultur bestanden wird, oder?

Anonym hat gesagt…

@ZeitZuBeten
Dem Kommentar Islam = Ideologie = Scharia, das ist Hetze oder zumindest intoleranter Quatsch.

Mit solchen Stereotypen wirst du der Materie nicht gerecht. Man kann ein Problem nicht dadurch lösen, daß man seine Existenz leugnet und diejenigen, die es zur Sprache bringen, diffamiert.

Elsa hat gesagt…

@Arminius: Aber du fertigst doch auch alles was mit dem Islam zu tun hat gleich als Ideologie und Gewaltbereitschaft und menschenverachtende Scharia ab. Natürlich sind das Elemente im Islam, die brandgefährlich sind. DENNOCH: Das Problem ist nicht der Islam, sondern unsere Gesellschaft und unsere Rechtsprechung. Mit Urteilen wie diesen kannst du jederzeit Fronleichnamsprozessionen als "ideologisch" verbieten, du kannst den Hinweis auf die Passagen in der Hl. Schrift zur geschlechtlichen Sünde als "hate speech" verbieten und und und ...
Das ist halt mein Problem. Wenn du solche Urteile gutheißt, nur um dich gegen "menschenverachtenden" Islam schützen zu können, schießt du dir als Christ am Ende selbst ins Knie, dann bist du nämlich als nächster dran. Das ist einfach mein Problem bei der ganzen Sache.
Und wir stehen ja schon als rassistisch, faschistisch und weiß ich was nur da, wenn wir betend gegen Abtreibungen demonstrieren oder sagen "Kondome sind keine Lösung für Afrika"!

Eugenie Roth hat gesagt…

Ob's wirklich stimmt, weiß ich nicht, aber in Berlin sei das öffentliche Tragen eines Kreuzes schon verboten. ???

zeitzubeten hat gesagt…

@Arminius
Mit dem Islam habe ich wenig am Hut, aber meine Erfahrung sagt mir, dass ich Respekt nur dann erwarten kann, wenn ich selbst bereit bin, ihn zu geben (dies ist im Kontext "Respekt gegenüber Religiosität" zu sehen, wie u.a. Jan Philipp Reemtsma ihn abhandelt, mehr dazu auf meinem Blog).

Zugegeben, meine Replik klang stereotyp. Besser verständlich wird's vermutlich, wenn ich sage, dass Deine Behauptung...

"Vor diesem Hintergrund ist der geäußerte Wunsch des jungen Mohammedaners, mittags in der Schule zu beten, ein Versuch der hinter ihm stehenden Erwachsenen, die Sharia ein Stück weit in den öffentlichen Raum vordringen zu lassen."

...eine populistisch anmutende Formulierung ist, die uns nicht weiterbringt.

Solange Schulen und andere öffentliche Institutionen nicht die Courage aufbringen, Dinge selber zu regeln (z.B. auch mal Schüler von der Schule zu verweisen, wenn es keine Ruhe gibt), werden wir immer mehr Gerichtsverfahren sehen, die uns auch keine wirklichen Lösungen (sprich sozio-kulturellen Frieden) bringen werden.

Ohne (gegenseitigen) Respekt geht's nicht.

Johannes hat gesagt…

Unsere Verfassung gebietet es, die religiösen Rituale anderer Religionen zu achten, sie sogar zu schützen. Das muslimische Ritualgbet - so haben es beide Instanzen gesehen - steht damit unter dem Schutz der Verfassung. Daß es auch ein christliches Tagzeitengebet gibt, daß zumindest für katholische Kleriker und Ordensangehörige verbindlich ist, und eigentlich auch für Laien, wird meist vergessen. Daß sich das eine aus dem historisch älteren anderen herleitet, wird sogar teilweise geleugnet. Anders mit den die gesellschaftliche Ordnung regelnden Normen der Scharia. Diese können und werden nicht verbindlich sein können, denn für diese Ordnung gilt das positive Recht. Für deren Verfassungsgrund das christlich inspirierte Naturrecht. Es gibt also durchaus so etwas wie eine auch juristisch verbindliche christliche Scharia.

zeitzubeten hat gesagt…

Der Hinweis auf das (historisch ältere, heute zu wenig beachtete) christliche Tagzeitengebet ist sehr zu begrüßen...!

"Es gibt also durchaus so etwas wie eine auch juristisch verbindliche christliche Scharia."

Dieser Gedankengang wirkt etwas unvermittelt - sprichst Du von einer Art christlichen Scharia unter positivem Recht (unter positivem Recht wie die eigentliche Scharia), oder bezieht sich das doch auf das christliche Naturrecht - ist da noch etwas Erläuterung möglich?
Danke!

Johannes hat gesagt…

Der Unterschied zwischen dem, was ich die christliche Schar´a nennen würde - dem christlichen Naturrecht - und der muslimischen ist, daß der Islam keine Trennung kennt. Die Schar`a ist prinzipiell verbindlich, wo der Islam herrscht, auch für die Nichtmuslime. Das Christentum kannte schon von Anfang an den Unterschied des religiösen Gesetzes und der politischen Sphäre. Einen christlichen Gottesstaat gab es nur in kurzen, geschichtlichen Phasen. Verbindlich aber ist das "Christenrecht", wie es in Nordeuropa heißt, stets für den einzelnen Gläubigen, wie auch für den christlichen Herrscher, und damit vermittelt auch - aber anders als in der muslimischen Gesellschaft - für die Nichtchristen. Das positive Recht steht also mittelbar stets unter der Herrschaft des Naturrecht, auch praktisch, soweit es Eingang gefunden hat in Vrfassungen. Nur daß die Juristenfamilie mittlerweile den Gedanken des Naturrechts, erst recht den seiner christlichen Inspiration versucht zu verdrängen. Die mittlerweile herrschende Lehre ist der Auffassung, daß selbst grundlegende Wertentscheidungen des Verfassungsrecht dem historischen Wandel unerliegen. Ich bin da rechtsphilosphisch also nicht mehr auf dem neuesten Stand.

zeitzubeten hat gesagt…

Danke für die Erläuterung!

"Die mittlerweile herrschende Lehre ist der Auffassung, daß selbst grundlegende Wertentscheidungen des Verfassungsrecht dem historischen Wandel unerliegen."

Muss man sich da nicht wünschen, dass - wie de facto in Italien - Bevölkerungen oder auch Regierungen derartige "Wertentscheidungen" nicht respektieren und damit klarmachen, dass "wandelbare bzw. kurzfristige" Höchstgerichtsentscheidungen nicht das Maß aller Dinge sind bzw. so etwas wie ein Naturrecht grundsätzlichen Wert hat?