Die Nachricht über den Anschlag auf eine koptische Kirche in Ägypten, bei der 23 Menschen starben und dutzende verletzt wurden, erreicht mich bei einem Familienaufenthalt in Malmö. Ein passender Ort, um eine solche Nachricht zu verarbeiten. Wer nach Malmö - mit fast 300.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Schwedens - kommt, durchfährt zunächst kilometerlang gesichtslose Vororte im Plattenbaustil der 60er und 70er Jahre. Und wird, sofern er den Bus benutzt, sofort mit der Problemlage konfrontiert. Die Busfahrer weigern sich, Bargeld anzunehmen. Sie wurden und werden in den Vororten, besonders nachts, zu häufig überfallen, die Täter suchen nach Bargeld.
Wie allerorten, tragen diese Retortensiedlungen romantische Namen, der sicherlich unromantischste Stadtteil Malmö trägt den niedlichen Namen Rosengård. Rosengarten. Wer den Stadtteil betritt, oder besser gesagt, sich nach Rosengård verirrt, betritt ein anderes Land. 85 % der Bevölkerung des Stadtteils ist ausländischer Abstammung, vorwiegend muslimischer Religion, vorwiegend aus dem Irak, dem Kosovo, Somalia und Libanon. Die Arbeitslosenquote beläuft sich auf rund 50%, himmelweit über dem schwedischen Durchschnitt. Die Kriminalitätsrate ist hoch. Verglichen mit Rosengård ist Berlin-Neukölln eine Multikultidylle.
Das Klima in der Stadt ist von zunehmenden wechselseitigen Aggressionen geprägt. Als die Polizei im Jahr 2008 in Rosengård einen von islamistischen Jugendlichen besetzten Keller räumt, kommt es zu Straßenschlachten. Auf den Straßen brennen Barrikaden, Jugendliche liefern sich tagelange Straßenschlachten mit der Polizei, zünden Autos an, vorzugsweise die mit der bayrischen Niere oder den vier Ingolstädter Ringen, werfen mit Molotowcocktails, zünden Läden an.
Unter dem sich verschärfenden Klima haben unter anderem die in Malmö lebenden Juden zu leiden. Jüdische Gemeindezentren, die sowieso wegen der ständigen Bedrohung festungsartig ausgebaut sind, werden angegriffen, der jüdische Friedhof geschändet, Juden, die als solche an Kleidung und Habitus zu erkennen sind, werden tätlich angegriffen. In Malmö leben zahlreiche Juden, die während des dritten Reichs und danach in das neutrale Schweden flüchteten, sie sehen sich nun erneut antisemitischen Angriffen ausgesetzt, nicht von Rechtsradikalen, sondern von "antizionistischen" Jugendlichen. Mittlerweile haben sich dutzende jüdische Familien ins Ausland und nach Stockholm abgesetzt.
Die Sverigedemokraterna, eine dezidiert ausländerfeindlich Partei, die seit 1988 unter der 4%-Klausel dümpelt, erzielte bei den Reichstagswahlen einen überraschenden Erfolg. Erstmals seit mehr als 20 Jahren, sind sie im Reichstag vertreten. In Malmö liegen ihre Wahlergebnisse mit rund 7% deutlich über den Ergebnissen des Landes, Almgården, ein Stadtteil, der unmittelbar neben Rosengård liegt, ist die absolute Hochburg der SD mit nahezu 30%.
Auf der Rückfahrt verpassen wird den Zug. Wir haben vergessen, daß man im Bus mit Bargeld keine Fahrkarten bekommt.
Das Bild zeigt einen Ausschnitt aus der koptischen Version des Thomas-Evangeliums. Der Text wurde in Nag Hammadi gefunden und auf das Jahr 350 datiert. Eine frühere griechischeVersion des Evangeliums in griechischer Sprache, der Papyrus Oxyrhynchus läßt sich auf die Jahre 130 bis 250 datieren. Inhaltlich wird der Text als sehr früh eingestuft, er gilt bei Neutestamentlern eher als archaische denn als neuzeitliche Variante der Evangelien. Seine Entstehung wird damit auf das Jahr 60 ff. geschätzt.
Das Thomas-Evangelium ist ganz im Gegensatz zu seiner Beliebtheit bei amerikanischen Neo-Gnostikern und Verschwörungstheoretikern aus Amerika ein tatsächlich altertümlicher Text, von seiner Textgestalt her altertümlicher als die kanonischen Evangelien. Ägypten, der Ort der Verbreitung des Evangeliums war eben solange schon christlich, solange es Christen gibt. Das 16. Logion prophezeit uns den Krieg.
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