Mittwoch, 7. Dezember 2011

Das Scherflein der Witwe, die Krisis, der Euro


Von Geld ist in der Bibel viel die Rede. Von der Münze, die des Kaisers ist, aber auch vom Scherflein der Witwe. Demnächst darüber noch mehr, danach dann vom Christengeld und von der gottlosen Produktion moderner Assignaten. Wobei jeder, der meinen Blog regelmäßig liest, schon ahnen kann, was ich von den Assignaten unserer Zeit, dem jakobinischen Plunder, dem Papier- und Blechgeld der Europäischen Zentralbank halte.

Bin noch immer im Prüfungs-Streß, noch immer eigentlich in der Blogpause, deshalb nur ein kurzer Hinweis auf ein Manifest des wohl renommiertesten Ökonomen unseres Landes, Hans-Werner Sinn.

Damit das schon mal klar ist mit dem Euro, wirtschaftswissenschaftlich gesehen.

Natürlich darf ein Hinweis auf den Nationalökonomen der Blogozese (ich sach mal so) nicht fehlen, der uns erklärt warum die Forderung einer bisher noch nicht eindeutig identifizierten Gruppe trotzkistischer Entristen im Vatican nach Errichtung einer Welt-Zentralbank GANZ GROSSER KAESE ist.

Warum dieses ganz und gar unchristliche, vielmehr jakobinische Projekt, um im biblischen Bilde zu bleiben, ein Anschlag auf das Scherflein der Witwe ist, werd ich dann, wenn es mir gelingt, und wenn ich die Zeit finde, erklären.

Montag, 31. Oktober 2011

Vermißtenanzeige



In meinem alten Schott-Meßbuch von 1934 findet sich noch die Vigil von Allerheiligen. Die Vigil läßt sich laut Schott schon im 11. Jahrhundert nachweisen. In neueren Fassungen, auch des Schott für die außerordentliche Form findet sich die Vigil nicht mehr. Weiß jemand, welcher Liturgierevolution die Vigil zum Opfer gefallen ist? Die Ikonoklasten und Pantoffeltierchen der 60iger, um es mit Käptn Haddock zu sagen, können es jedenfalls nicht gewesen sein.

Das Verschwinden der Vigil hat jedenfalls auch bei guten Katholiken mittlerweile die Vorstellung befördert, es handele sich bei All Hallows Eve - Halloween - um ein heidnisches Fest. Auch in der Blogozese ist dieser Unfug, wie es scheint, weit verbreitet.

Zum Nervthema Halloween habe ich mich ja, mehrfach, hier und hier und hier und hier und hier verbreitet.

Liest bestimmt mal wieder kein Schwein.

Samstag, 29. Oktober 2011

Blogpause

Fortbildung tut not. Da ich in den nächsten vier Wochen meine Kenntnisse in Strafrecht auffrischen werde, wird es hier in nächster Zeit zunächst keine neuen Posts mehr geben.

Klausuren werden auch geschrieben werden müssen. Wenn vielleicht so ganz allgemein jemand mal an mich denkt, und vielleicht ein klitzekleines Kerzchen für mich stiftet. Ich forcht mich ja im allgemeinen nicht vor Tod und Teufel aber doch ein bißchen vor den drei Strafrechtsklausuren, die man mir abverlangen wird.

Sonntag, 23. Oktober 2011

Johnny´s in the basement ...


mixin´ up the medicine. Zeitung gelesen. Über die Welt nachgedacht. Bob Dylan verlinkt. Das Lied ist ein bißchen creepy. Aber trotzdem einer meiner Lieblingssongs. Manchmal fühl ich mich halt so. Don´t need the weatherman to know from where the wind blows.

Samstag, 15. Oktober 2011

Die Gottesmutter und das gute Geld


In letzter Zeit muß ich viel über Geld nachdenken. Der Grund ist einfach. In wenigen Jahren werde ich von dem leben müssen, was ich in den letzten Jahrzehnten angespart habe. Wenn es sich herausstellt, daß ich gutes Geld schlechtem hinterhergeworfen habe, wird das sehr schwierig.

Hat das was mit dem Thema dieses Blogs zu tun? Ja, der Titel auf der Münze links deutet es an. "Marien Gros" steht da. Umgangssprachlich Mariengroschen. Eine Kurantmünze, die mehr als dreihundert Jahre lang vor allem in Norddeutschland geprägt wurde. Erstmals im Jahre 1503 geprägt, war diese Münzform bis 1870 im Norddeutschen Raum im Umlauf. Sie definierte sich als 1/36tel oder 1/24tel eines Talers, Zunächst bezogen auf den Reichtstaler mit einem Gehalt von 25,98 gr Feinsilber, später dann auf den preußischen Taler mit einem Silbergehalt von 16,704 gr. Feinsilber. Selbst noch in der Zeit, als der preußische, durch den sogenannten Vereinstaler ersetzt wurde, blieb es in einigen Regionen bei der Prägung von Mariengroschen.

Die erste Münze dieser Art wurde 1503, also in vorreformatorischer Zeit geprägt, und trug auf der "Kopfseite" eine Mariendarstellung. Auch nach der Reformation blieb der Namen Mariengroschen erhalten, war doch diese kleine Silbermünze, in Gegensatz zu den großen und unhandlichen Talern, die Münze, die weitaus am häufigsten im Umlauf war. Die oben dargestellte Münze wurde, wie der Preußenadler und das Jahr 1756 zeigt, im Preußen Friedrichs des Großen geprägt, wahrscheinlich in Niedersachen oder Ostfriesland. Es war ursprünglich keine Scheidemünze, wie das Blech, das wir heute in unseren Portemonnaies mit uns herumtragen und das Spielgeld, das in unseren Brieftaschen knistert, sondern "gutes Geld". Echtes Silber, im Fall dieser Münze enthielt sie theoretisch 1,856 gr Feinsilber. Derzeit hätte sie damit einen reinen Metallwert von heute 1,392 Euro.

Wer sich mit der Geschichte des Geldes beschäftigt, wird feststellen, daß diese Geschichte stets eine Geschichte des Krieges der Münzherren gegen das Volk waren. Immer waren die Münzherren in Versuchung, durch die Verschlechterung des Geldes das Volk zu bestehlen. Im heiligen Römischen Reich hatte das Volk in diesem ungleichen Kampf immerhin eine Chance. Münzen, die den vorgeschriebenen Edelmetallgehalt, in der Regel Silber, unterschritten, wurden amtlich ausgeschieden. Sie wurden "verrufen" und zwar durch eine Institution, die auf dem Recht des Heiligen Römischen Reiches basierte.

Die Silberwährung ist in Europa mehr als ein Jahrtausend alt. Oder besser gesagt, sie war ein Jahrtausend alt, bis sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunächst durch den auf "Banknoten" basierenden Goldstandard, dann - nach dem zweiten Weltkrieg - durch das "Fiat-Geld" ersetzt wurde, mit anderen Worten Geld, von dem die jeweilige Zentralbank durch schlichte Definition erklärt, dies sei Geld.

Und da wird es religiös. Am Anfang der Welt stand das Wort Gottes "Es werde Licht". Dixitque Deus fiat lux facta est lux. Am Anfang unseres Wirtschaftssystem, daß der ordoliberalen Definition nach ein System der  Bettler und Diebe ist stand die Zentralbank, die Papiergeld und wertlose Münzen unter die Leute brachte. Und die Bank sprach, es werde Geld, und es ward Geld. "Fiat-Money" ist übrigens kein Schimpfwort systemkritischer Traditionalisten, die dem "guten Geld" hinterherjammern, sondern ein Fachbegriff der wissenschaftlichen Volkswirtschaftslehre.

Vor der Einführung des Fiat-Geldes existierten im Heiligen Römischen Reich, ebenso wie in allen Staaten vor Ende des 19. Jahrhunderts lediglich gesetzliche Regelungen, die den Silbergehalt der Großmünzen definierten und die Einhaltung der Regelung durch chemische Analyse der von den jeweiligen Münzherren herausgegebenen Münzen regelten. So war der sogenannte Vereinstaler, der auf dem preußischen Taler basierte, definiert als Münze mit einem Feinsilbergehalt von 500/30tel Gramm. Die Münze existierte fast ein Jahrhundert und galt im gesamten deutschsprachigen Raum.

Das heutige Geld ist "Regierungsgeld". Mit dem Fiatgeld unserer Tage ist ein Maximum an Staatlichkeit verbunden. Damit bewahrheitet sich erneut die Vision Donoso Cortez, der vorhersagte, daß das"Thermometer der Politik", das Maß der politischen Regulierung des Lebens des Volkes durch den Staat, um so mehr steige, um so tiefer das "Thermometer der Religion" sinke. Agnostizismus und Etatismus waren stets Zwillingsbrüder, das "schlechte Geld" ist ein integraler Bestandteil der allregulierenden Gewalt des modernen Staats.

Der Marientaler zeigte auf seiner Kopfseite das Bild der Gottesmutter mit dem Kind. Die Blechmünzen des Fiatgeldes sind meist mit dem Konterfei des jeweiligen Staatsoberhauptes versehen.

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Los Wochos



Meine Lieblingsserie in Kindertagen. Natürlich in SchwarzWeiß, allerdings in einer amerikanischen Fassung mit commercials. Die noch einen weiteren Pop-Classiker bieten, nämlich Campbell´s Tomato-Soup.

Ob Andy Warhol wohl in seiner Kindheit Lassie gesehen hat? Als die Serie im deutschen Fernsehen erschien, war ich 6 oder 7 Jahre alt. Es gab damals nur einen Sender und nur Schwarzweiß-Fernsehen. Jeden Sonntag gab es Krach, weil ich Lassie gucken wollte, und meine Mutter unbedingt mit unserem bescheuerten BMW 600 "an die frische Luft" wollte, wie sie es nannte. In Wirklichkeit ging es darum mit dieser gräßlichen Kiste, die nach billigem Plastik, Öl und Benzin müffelte und eine grauenvolle Straßenlage hatte und sowieso eine Gefahr für die Menschheit, insbesondere seine Insassen war, durch die Gegend zu rottern.

Aus Rache hab ich jedesmals das Auto vollgekotzt. Ich hasse BMWs. Und einen Hund wie Lassie bekam ich auch nie. Ich bekam überhaupt keinen Hund, weil der in unsere mit fünf Personen völlig überbevölkerte 45 qm 3ZKBWohnung sowieso nicht reingepasst hätte.

Und weil meine Mutter Hunde hasste. Mit Lassie wäre ich bestimmt den ganzen Tag "an der frischen Luft" gewesen.

Also bitte eine Runde Mitleid.

Montag, 3. Oktober 2011

Einheitsbrei, fade Suppen, liturgischer Schrott


Gemeinsame Darstellungen der drei Erzengel sind eigentlich ungewöhnlich. Ein gemeinsamer Spaziergang der Erzengel Michael, Raphael und Gabriele (von links) mit Tobias (zweiter von rechts) ist jedenfalls biblisch nicht überliefert. Nur Raphael allein ist der Begleiter Tobias im Buch Tobit. 

Das hat nun die Liturgiereformer nicht daran gehindert, die drei Erzengelfeste Gabriels (24. März), Michaels (29. September) und Raphaels (24. Oktober) zu einem Fest zusammenzufassen.

Eine grundstürzende Reform, denn das Fest des Erzengels Michael wird spätestens seit dem fünften Jahrhundert als Fest "In Dedicatione S. Michaelis Archangeli", also zum Gedenken an die Weihe der dem Erzengel Michael gestifteten Kirche begangenen. Das Fest geht damit in die Zeit des Papstes Leo der Große zurück.

Welche Motive die Liturgiereformer dabei bewogen haben, die drei Feste zusammenzuwerfen, sind mir nicht bekannt. Die Folgen sind jedenfalls jedes Jahr zu beobachten. Liturgisch blieb alles beim "Alten", so daß nach wie vor etwa das Graduale des Tages lediglich den Erzengel Michael erwähnt. Auch das seit dem 17. Jahrhundert bekannte und an diesem Tag übliche Prozessionslied "O unüberwindlicher Held" (heute: unüberwindlich starker Held) von Friedrich Spee erwähnt nur den einen, den Erzengel Michael, womit faktisch Raphael und Gabriel liturgisch und hymnisch "entfallen". Damit wird liturgischer Schrott produziert, Raphael und Gabriel werden höchst unelegant "entsorgt". 

Das Michaelslied hat eine interessante Geschichte. Es ist gewissermaßen das erste "Lied der Deutschen". Wer sich Gedanken darüber macht, wo wohl der Begriff des "Deutschen Michel" herkommt, sollte sich mit dem seit 1642 bekannten lateinischen Text befassen. Solche Nuancen gehen heute im liturgischen Einheitsbrei verloren. Lateinisch singt man ohnehin kaum noch.

Daß Spee nicht nur das Michaelslied, sondern auch ein Lied für den Erzengel Raphael gedichtet hat, ist seit der Liturgiereform und der Vereinheitlichung der katholischen deutschen Gesangbücher durch das  "Gotteslob" in Vergessenheit geraten. Was wohl noch so im Einheitsbrei versunken ist? Ich bleib da mal dran.

Freitag, 30. September 2011

Herr Vizibiliduxi


Für die zahlreichen Fans von spätbarocken Putten mußte dieses Bild einfach sein. Und wie jedes Jahr hab ich es auch dieses Jahr nicht geschafft, meinen Post zum Michaelsfest rechtzeitig hinzukriegen. Immerhin lebe ich ja unter einem doppelten Patronat, das ist Pfarrgruppen, Pfarrverbünden Seelsorgeeinheiten u.ä. schließlich so eigen. Als Schola und Chormitglied bin ich deshalb in zwei Kirchen zu Hause, deren eine der B.M.V. und deren andere dem heros invincibilis dux michael geweiht ist.

Zum Ausgleich habe ich fleißig daran gearbeitet, eine vollständige Fassung des "O heros invincibilis, dux Michael" ins Netz zu stellen.

Der Herr Vizibiliduxi kommt in einer Geschichte Gottfried Kellers vor.

Sonntag, 25. September 2011

Bericht aus Berlin: Wort für Wort


Braut des Lammes hat zwei wordles der Predigt im Olympiastadion und in Etzelbach ins Netz gestellt. Hier ein wordle der Ansprache vor dem Bundestag. Ein geniales tool, dieses wordle. Auf einen Blick erschließt sich, was wirklich das Thema der Rede war. Zu der noch viel mehr zu sagen wäre. Für mich jedenfalls war diese Rede eine Rede, die mich frösteln ließ. Nicht wegen des Papstes, der wie immer voll Mitgefühl und Wärme gesprochen hat, sondern wegen der bitteren Realität, die diese Rede offenlegt.

Ich komme darauf noch zurück. Für einen Juristen jedenfalls war von allen wundervollen Reden und Ansprachen und Predigten, die der Papst in seinem Vaterland (ja, das hat er gesagt) gehalten hat, DIE REDE. Zu DER REDE wird noch einiges zu sagen sein. Unter anderem auch von mir.

Bericht aus Berlin


Nun fand die Papstmesse doch nicht vor dem Charlottenburger Schloß statt (im Bild die Charlotte, nach der selbiges Schloß benannt ist) sondern im Olympiastadion. Ein Ort, bei dem es mir dann doch erst mal etwas umheimelig wird. Nach einigen Stunden und nach der Messe mit dem Heiligen Vater hatte ich mich dann mit diesem Ort, nun ja, nicht angefreundet, hatte mich aber doch ein bißchen eingewöhnt. Bericht folgt. Zunächst nur eine kleine musikhistorische Anmerkung zu einer kleinen Notiz in der Predigt Benedikts des XVIten.

Mittwoch, 14. September 2011

Mein oller Philosophieprof

ist Deist und Freimaurer. Och nö. Hätt ich mir aber denken können. Und daß auch Maxe Horkheimer bei den Freimaurern war, daß macht mich ja jetzt echt traurig, wütend und betroffen.

Tja, wenn sich die Philosophister von heute einen Gott ausdenken, dann sieht er komischerweise so aus, wie ihn sich die aufgeklärichten Tröpfe des 18. Jahrhunderts auch schon ausgedacht hatten. Die Welt als Maschine. Mann, mann, womit und mit wem hab ich bloß meine Zeit verplempert.

Die haben einfach nichts in der Hose. Das isses.

14. September Fest Kreuzerhöhung



Mit dem Fest Kreuzerhöhung konnte ich bisher wenig anfangen. Wird das Kreuz denn nicht ständig "erhöht"? Doch das Fest erinnert an einen ganz konkreten historischen Vorgang. Das Kreuz ist bei archäologischen Grabungen im vierten Jahrhundert die die Mutter Kaiser Konstantins, Helena, veranlasste, wieder aufgefunden worden. Konstantin ließ an der Stelle des wiederaufgefundenen Grabes eine Basilika errichten, in der das Kreuz verehrt wurde.

614 fielen Truppen des Perserkönigs Chosrau II in Jerusalem ein, das Kreuz wurde als Beute in das persische Sassanidenreich verschleppt. Nach dem Sieg des oströmischen Kaisers Herakleios über die Sassaniden wenige Jahre später brachte der Kaiser das Kreuz in einem Triumphzug wieder zurück nach Jerusalem. An diesen Triumph erinnert das Fest an diesem Tag.

Der Introitus "Nos autem gloriari", der zu diesem Fest gehört, wird an diesem Tag und am Gründonnerstag gesungen. Hier in einer gregorianischen-polyphonen Version und zur Einstimmung auf die kommenden Tage mit unserem Papst Benedikt XVI.

Sonntag, 11. September 2011

Der Mann im Feuer. Was mich mit 9/11 verbindet.


Es ist einige Jahre her, daß mich in einer Marienkapelle, die ich regelmäßig besuche, eine Vision heimsuchte. Auf einer weißen Wandfläche, links nebem dem Hochaltar mit dem Gnadenbild der schmerzhaften Mutter Gottes entstand vor meinen Augen das Bild eines Mannes im Feuer. Ich sah ein mir bekanntes Gesicht, wußte aber nicht auf Anhieb, wen ich da sah. Ich benötigte einige Zeit, um dieses Bild mit einer Person verbinden zu können. Schließlich wurde mir klar, wen ich da vor Augen hatte. Ich erkannte das Gesicht von Wilfried (Bonifatius) Böse.

Ich habe, nachdem ich begann, an meiner geistigen Gesundheit zu zweifeln, die Hilfe eines Priesters gesucht. Ich bin heute noch sehr froh, daß ich auf einen Priester traf, dem der Glauben an die Existenz der unsichtbaren Welt nicht gänzlich abhanden gekommen war. Er sagte mir, daß an diesem Ort seit mehr als einem Jahrtausend Menschen beten. Hier sei die Grenze zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt gleichsam dünner, die Chance - oder das Risiko - diese Grenze zu durchdringen größer. Er glaube, daß die armen Seelen, die der Hilfe des Gebets der Lebenden bedürfen, an dieser Grenze warten, in der Hoffnung auf Hilfe. Es könne sein, daß ich eine Seele gesehen habe, die im Fegefeuer brennt.

Bonifaz war nicht direkt ein enger Freund. Um das Jahr 1970 hatten wir uns in einer obskuren anarchistischen Organisation getroffen, der "Föderation Neue Linke". Es handelte sich um eine abseitige Gruppe dogmatischer Anarchisten die gleichwohl einigen Zulauf hatte. Nachdem die Zugehörigkeit zu dieser Organisation nicht unbedingt ein Ruhmesblatt ist, verzichte ich aus Rücksichtnahme auf heute noch lebende Personen darauf, die Liste der prominenten Personen aufzuzählen, die ihr angehörten. Davon abgesehen prägten nicht die Prominenten oder später prominent Gewordenen die FNL, sondern eine kleine Gruppe entschlossener Krieger, ein informeller Kader, der alle Fäden in der Hand hielt und in der Lage war, mißliebige Personen auszugrenzen.

Zwei der Personen, die zu diesem Kader gehörten, Hannes Weinrich und Bonifatius Böse, die Gründer der "Revolutionären Zellen" , haben sich als exquisit gnadenlose Terroristen hervorgetan, und mit ihrer Aktion wurden sie Teil einer Bewegung, deren grauenvoller Höhepunkt der Anschlag auf die Twintowers  ist.

Die Befassung mit den "bleiernen Jahren", kann uns lehren, daß das Böse sich nicht ausschließlich islamistischer Terroristen als Werkzeug bedient. Der "godfather of terrorism", der Begründer der blutigen Tradition des Terrors im mittleren Osten, der Kampfgenosse der blutigsten und gewalttätigsten Terrororganisationen des Westens, der deutschen "Revolutionären Zellen" und der japanischen "Roten Armee", der Geld- und Auftraggeber des gefürchtetsten Terroristen der 70er Jahre, Ilich Ramirez Sanchez, genannt Carlos, war Christ. George Habasch, Chef der palästinensischen PFLP stammte aus einer christlich-orthodoxen Familie, ebenso wie die zweite Hauptperson der PFLP Wadi Haddad. Es waren diese beiden und ihre Organisation,  die als erste eine Aktionsform entwickelten, deren sich auch die Attentäter des 11. September bedienten.

Die erste Flugzeugentführung, die die PFLP 1969 organisierte, wurde von der heute noch wie eine Heldin verehrten Leila Khaled durchgeführt. Von dort beginnt eine Spur, die zu immer gewalttätigeren und brutaleren Aktionen führte. In dieser ersten Phase dominierten keine islamistischen Gruppen, sondern die von Christen geführte PFLP, Hand in Hand mit westlichen Gruppen, die man wohl noch am präzisesten als Nihilisten bezeichnen könnte.

1970 scheiterte eine Flugzeugentführung, bei der der Partner Leila Khaleds, Patrick Arguello von israelischen Skymarschalls getötet wurde. Die Entführungsaktion war Teil einer militärischen Kampagne mit der, angeführt durch DFLP und PFLP, Palästinenser das "prowestliche" jordanische Königshaus stürzen und die Macht in Jordanien an sich reißen wollte. Der Aufstand wurde niedergeschlagen, die PLO mußte Jordanien verlassen.

In einer Racheaktion überfielen daraufhin 1972 drei Mitglieder der japanischen Roten Armee, die von der PFLP angeleitet und ausgebildet worden waren, den Flughafen Lod in Israel und ermordeten insgesamt 26 Personen, unter anderem eine elfköpfige christliche Pilgergruppe aus Puerto Rico.

1975 überfiel im Auftrag der PFLP und im Auftrag Ghadafis eine bewaffnete Gruppe unter dem Kommando von "Carlos"die in Wien tagende OPEC-Konferenz. Teilnehmer waren Mitglieder der "Revolutionären Zellen", die erste Aktion, bei der Mitglieder der früheren "FNL" hervortraten.

1976 entführten zwei Mitglieder der Revolutionären Zellen, Bonifatius Böse und Brigitte Kuhlmann (Codename Halimeh) ein Flugzeug der Air France nach Entebbe. Die Operation diente der Gefangennahme jüdischer Geiseln  und war eine "Auftragsarbeit" der PFLP. Die Operation scheiterte, der israelischen Armee gelang es, die Geiseln zu befreien und die Entführer zu liquidieren. Was mit Bonifatius geschehen war, hat mich seitdem beschäftigt. Es gab Gerüchte. Bonifatius habe sich ergeben, und sei trotzdem erschossen worden. Hatte er aufgegeben? Ist er "umgekehrt"? Ist er rettungslos verloren? Was habe ich da gesehen in dieser Kapelle? Einen Verdammten in der Hölle? Oder einen meines Gebets Bedürftigen im Fegefeuer?

1977 entführte ein "Kommando Martyr Halimeh"- Motiv unter anderem: Rache für Entebbe -  das Lufthansa-Flugzeug Landshut. Mit dem Scheitern dieser Entführung und dem Selbstmord der inhaftierten RAF-Gründer kulminierte der "Deutsche Herbst" zu seinem Höhepunkt.

Ein Jahrzehnt lang beherrschte eine Gruppierung, die von christlichen Palästinensern gegründet worden war, die Terrorszene. Waren sie die Lehrer von Al Qaida? Ich glaube schon. Thesen, wonach zwar nicht alle Muslime Terroristen, aber alle Terroristen Muslime seien, halte ich für geschichtsblind. Al Qaida hat den Terror noch einmal um mehrere diabolische Varianten erweitert, aber zu den Vorgängern von Al Qaida gehört die von Christen dominierte "marxistische" PFLP, gehören die Zellen des fortschrittlich-aufgeklärten "antifaschistischen" "westlichen" Linksterrorismus. Das Böse ist nicht wählerisch. Jeder ist willkommen.

An Tagen wie diesem suche ich eine bestimmte Marienkapelle auf. Ich habe zu beten.

Donnerstag, 8. September 2011

8. September: Mariä Geburt


Der 8. September vermittelt stets einen Hauch Melancholie, denn der 8.9. wird von alters her als meteorologischer Herbstbeginn angesehen. "Zu Mariä Geburt fliegen die Schwalben furt". Zum Glück wohnen wir in fußläufiger Entfernung zu einem Marienwallfahrtsort, dessen Patrozinium jedes Jahr am 8. September gefeiert wird. Mit allem, was dazu gehört, Fußwallfahrt, Pontifikalamt und Eucharistischer 24StundenrundumdieUhr-Anbetung. Die Kirche selbst ist in Teilen wohl mehr als tausend Jahre alt, das Gnadenbild stammt aus dem 15. Jahrhundert und die Ausstattung stammt aus Renaissance und Barock. Die Kirche besitzt zwei wunderschöne barocke Altäre, den Hauptaltar und einen aus Sandstein gearbeiteten Außenaltar, vor dem bei großen Wahlfahrten und Prozessionen die Gottesdienste stattfinden.

Volxaltäre gibt es leider auch hier, und je häufiger ich an der großen Prozession und dem vorausgehenden Amt teilnehmen, desto mehr stört es mich, daß der Zelebrant (heute war es ein Abt) mit dem Rücken zum Gekreuzigten zelebriert. Zumal der Volxaltar des Außenaltars zur frugalen Sorte im Baumarktstil gehört.

Zu einer Prozession gehören gaaaaanz lange Prozessionslieder und hierorts ist das einerseits das Lourdes-Lied, für das es mindest eine Zillion Strophen gibt und das traditionelle "Maria wir dich grüßen". Heißt in der nachkonziliaren Määnzer Version "Krone aller Frauen" und stammt textlich aus den 70iger Jahren dieses Jahrhunderts. Nicht mehr gaanz lang, dafür gaaanz fade. Die alte Version find ich da knackiger:
  1. Maria, wir Dich grüßen, O Maria, hilf! Und fallen Dir zu Füßen, O Maria, hilf! Maria, hilf uns all' in diesem Jammertal 
  2. Voll Zuversicht wir bitten, Durch das, was Du gelitten. 
  3. Durch Jesu Kreuz und Sterben, Wollst Gnade uns erwerben. 
  4. Dass wir Verzeihung finden, Für uns're vielen Sünden. 
  5. Dass wir vor Gott bestehen, Den Weg der Tugend gehen. 
  6. Neid, Zwietracht, Schmach und Schande Halt' ab von jedem Stande. 
  7. In Trübsal, Angst und Leiden, Gib Trost und Seelenfreuden! 
  8. Sieh an die Not der Armen, Weck' Mitleid und Erbarmen.
  9. In Krankheit und Beschwerden, Lass Heil und Hilfe werden. 
  10. Den Witwen und den Waisen, Auf Pilgerfahrt und Reisen. 
  11. Vor Mord und Kriegsgefahren, Wollst Volk und Fürst bewahren. 
  12. Die Strafen von uns wende, Den lieben Frieden sende. 
  13. Vor Teurung, Pest und Brande, Gib Schutz dem Vaterlande. 
  14. Bitt', dass die Frucht der Erde, Gesegnet reichlich werde. 
  15. Den wahren Glauben mehre, Tilg' aus die falsche Lehre. 
  16. Bitt', dass auch bald hier werde Ein Hirt und eine Herde! 
  17. Bitt' Gott für unsere Freunde, Bitt' Gott für unsere Feinde.
  18. Im Leben und im Sterben, Wollst Gnade uns erwerben. 
  19. Auf dass wir all' dort oben, Mit Dir Gott ewig loben.

Strophe 13. ist ja hochaktuell, und nachdem ich mir ökumenemäßig korrekt am Samstag ein Bittlinger-Konzert reinziehen mußte, gefällt mir vor allem Strophe 15. ausnehmend gut.

Eine Audio- wie auch eine pdf-Datei des Liedes gibt es in der "Cäcilia".

Mittwoch, 7. September 2011

Arnd Brummer und die alte Schachtel EKD


Arnd Brummer, Chefredakteur des protestantischen Subventionsblättgens "Chrismon", immerhin die auflagenstärkste - weil aus Kirchensteuergeldern finanzierte - "christliche" Zeitung Deutschlands, hat ein artiges Artikelchen geschrieben, wohl dem Heiligen Vater zum Gruß, den er in diesem Artikel nach allen Regeln der Kunst in die Pfanne haut. Benedikt des XVIten Kritik am "Relativismus" - umgangssprachlich könnte man sagen am "everything goes", das ja bekanntlich im protestantisch-staatskirchlichen Biotop besonders prächtig gedeiht- soll den Exkatholiken Brummer in die Arme der rheinisch-protestantischen Staatskirche betrieben haben.

Goldisch, würde man hierorts sagen. Nun wähnt sich ja der Brummer, der das Lehramt schon aus Gewissensgründen ebenso ablehnt, wie die russischen Anarchisten die "Autorität der anderen", nicht nur im Besitz der Nicht-Wahrheit, sondern glaubt sich, wie alle Antiautoritären auf der Seite der Jungen, der Zukunftsorientierten, der künftigen Sieger der Geschichte, kurz des jugendlich-revolutionären Fortschritts. Die alte Kirche, gemeint ist konkret die katholische, mitgedacht ist aber wie immer auch der "konservative" Protestantismus, habe ja kein langes Leben mehr vor sich.
An ihnen (den Dogmen) verzweifeln aufgeklärte Katholiken. Warum nimmt der römische Apparat das in Kauf? Warum spielt er die Karte der Abgrenzung und hetzt immer deftiger gegen die Protestanten? 
Zwei mögliche Antworten: Die aus Sicht Roms von der Nachbarschaft mit reformatorischen Kirchen infizierten und von der Diktatur des Relativismus bedrohten katholischen Diözesen, in denen der Priestermangel weite Landstriche gemeindlich verödet, sollen einer Art Gottesurteil unterworfen werden: Entweder dieser Teil des Kontinents wird weiter entkatholisiert oder es geschieht ein Wunder und die Schäflein kehren in den Pferch der einzig wahren Kirche zurück. Oder: In Rom hat man tatsächlich verstanden, dass ein mit der Moderne versöhnter Glaube entweder reformatorisch oder unmöglich ist. Aus der berechtigten Sorge, die europäische und nordamerikanische Entwicklung könnte in Südamerika, Asien und Afrika Schule machen, hat man eine Theologie des Unmöglichen entwickelt, um dem reformatorischen Element standzuhalten. Der globale Glaubenskonzern gibt Mittel- und West europa auf, um in anderen Welt gegenden fundamentalistischen Entwicklungen mit rabiatem Konservativismus standhalten zu können.
Die berechtigte Sorge, die europäische und nordamerikanische  Entwicklung könnte in Südamerika, Asien und Afrika Schule machen. Dieser Meinung kann man allenfalls sein, wenn man seine tägliche Lektüre beschränkt auf die Käseblätter des linkschristlichen Spektrums. Die Realität ist ja eine andere. Den siechen europäischen und nordamerikanischen christlichen Gemeinschaften des progressistischen Spektrums vom liberalen europäischen Staatsprotestantismus bis zum protestantoformen Linkskatholizismus, dem die Gläubigen weglaufen -und in noch größerem Maße - wegsterben, stehen junge, dynamische christliche Gemeinschaften in der übrigen Welt gegenüber, die sich den Progressimus der "Alten Welt" mit gutem Grund und zutreffenden Argumenten vom Leib halten. Die Vorgänge in der anglikanischen Weltkirche, wo mittlerweile eine "konservative" Mehrheit in Afrika und anderen ehemaligen britischen Kolonien einer "progressiven" Minderheit gegenübersteht ist symptomatisch. Den Zustand der AltweltAnglikaner ist der einer schrumpfenden Sekte.

Kein neues Szenario. Schon der "Fürstenknecht" Luther lebte ja in der Überzeugung, daß die "veraltete" Kirche alsbald verschwinden würde. 500 Jahre später ist der Lutherische Weltbund eine schrumpfende Sekte mit weltweit gerade einmal 60 Million Gläubigen, die katholische Kirche hingegen eine noch immer wachsende Gemeinschaft von aktuell 1,181 Milliarden Menschen.

Die progressiven (Alt)Katholiken und modernen Staatsprotestanten des 19. Jahrhundert sahen sich nicht anders. Die "aufgeklärten" Christen des 19. Jahrhunderts, denen Wilhelm Busch sozusagen ihren Lieblingscomic, den "Pater Filucius" zeichnete, erkannten sich in der Figur der hübschen jungen "Angelika"wieder, ihre Konkurrenten in der dicklichen alten (katholischen) Petrine, und der verhärmten (lutheranischen) Jungfer Pauline.

Der Realität entsprach das schon damals wohl kaum. Die Krise des preußischen Staatsprotestantismus, die zur ersten Phase des Kulturkampfes führt,  wurde von tiefgläubigen jungen Katholikinnen ausgelöst, in die sich protestantische Beamte verliebten, die aus den Preußischen Kernländern zur Verwaltung in die westfälischen Provinz geschickt wurden. Daraus entstanden dann Ehen, deren weiblicher Teil sich kirchenrechtlich korrekt aber zivilrechtlich unkorrekt mit der katholischen Erziehung der gemeinsamen Kinder durchsetzen konnte und wollte. Eine Staatskrise, ausgelöst von "modernen" protestantischen Herren mittleren Alters und gläubigen jungen katholischen Frauen. Sie endete übrigens mit dem Sieg der jungen Katholikinnen, nachdem auch der preußische König Friedrich Wilhelm IV eine reizende junge bayerische Katholikin geheiratet hatte, in die er sich - völlig gegen die Staatsräson - verliebt hatte.

Wer die Augen aufmacht, wird auch heute feststellen, daß das modernistische linkskatholisch-linksprotestantische Wassersuppenchristentum seine glühendsten AnhängerInnen eher unter spätfeministischen Damen jenseits des Klimakteriums und pensionierten Eigentümern einer Beamtenheimstätte hat. Daß sich der ganz besonders fortschrittliche BDKJ durch einen mittelalten schon nicht mehr ganz taufrischen Berufsjugendlichen jenseits der 40er repräsentieren läßt steht hier pars pro toto.

Junge Menschen, die sich vom Wassersuppenchristentum des staatsprotestanischen Anbiedermeier beeindrucken lassen, sind mir nicht bekannt. Brummer Bekennntis er habe als Teenie "mit roten Ohren" die Frohe Kunde von der protestantischen Beliebigkeit vernommen, halte ich für das Ammenmärchen eines skrupellosen Chefredakteurs, der uns eine veritable Lügengeschichte auftischt.
Mit roten Ohren lag ich auf dem Bett und nahm auf, dass Wyclif den Priestern absprach, Hostien und Wein tatsächlich in Leib und Blut Christi verwandeln zu können. Ich war sehr froh darüber, als zwölf-, dreizehnjähriger Knabe zu erfahren, dass die Evangelischen in der benachbarten Kreuz- oder in der Pauluskirche neben meinem Gymnasium die Worte Jesu „Das ist mein Leib / mein Blut“ nicht wortwörtlich nahmen. Und noch mehr begeisterte mich, dass bei den Protestanten Leute gemeinsam zum Abendmahl gingen, die durchaus unterschiedliche Vorstellungen von der Bedeutung des Mahles hatten. Die einen nahmen Brot und Wein zum Gedächtnis an Christi Erlösungstat, die anderen nahmen die verwandelte Substanz Christi in sich auf.
Nachdem ich ja selbst mal ein dreizehnjähriger Knabe war, möcht ich das doch entschieden in Frage stellen. Ich erinnere mich noch gut an rote Ohren, aber da ging es um die heißen Strophen des Hohen Liedes und ähnlicher "heißer" Stellen im Alten Testament.. Daß ein sehr junger Mensch auf die Infragestellung seiner eigenen, in diesem Alter meist tiefernsten Glaubensüberzeugung "begeistert" reagiert, kann ich nicht glauben, und ein bissel älter als der Herr Redaktör bin ich ja schon. Nun ja, Konvertiten können ja manchmal schon ziemliche Stinkstiefel sein, aber es geht auch anders, wie das Beispiel der hübschen Dame oben zeigt.

Die Ehefrau des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV, Königin Elisabeth von Preußen, hat wohl maßgeblich dazu beigetragen, daß sich die preußische Religionspolitik wieder auf den toleranten Großen Friedrich zurückbesonnen hat. Friedrich Wilhelm beendete den Kulturkampf und stellte im übrigen auch für die Altlutheraner, die unter der Religionspolitik Preußens zu leiden hatten, die volle Religionsfreiheit wieder her. Ihren katholischen Glauben mußte sie, als sie in das refomierte Herrscherhaus Preußens einheiratete, nicht aufgeben. Später trat sie dann doch zur reformierten Kirche über. Eine vorbildliche Konvertitin. Als Reformierte leider nicht zur Heiligsprechung zugelassen.

Freitag, 2. September 2011

Musike



Mein Lieblingsinstrument mit meiner Lieblingsinterpretin. Barbara Dennerlein auf einer Hammond NewB3 und Rhoda Scott auf einer Orginal B3 mit Leslie-Boxen. Nur so als Kontrastprogramm.

Hippies use backdoor.

Mittwoch, 31. August 2011

Zollitsch, Herodias, First Patchwork



Die Interviews unseres obersten deutschen Bischofs Zollitsch verdienen mit allem Recht das Prädikat "berüchtigt". Wenn ich mich zurückbesinne an vergangene Tage - demnächst zähle ich meinen 22.644ten incl Schalttage - fällt es mir schwer, mich an einen ähnlich hochgestellten Mann zu erinnern, der in vergleichbarer Weise die Fähigkeit besaß, in völliger Ahnungslosigkeit auch noch in Fettnäpfe zu tappen, die ihm keiner in den Weg gestellt hat.

Vielleicht Lübke? Nein, nicht direkt, der sprach zwar ein greuliches Englisch, hielt Reden, die von legendärer Bräsigkeit waren, aber Lübke wäre niemals auf die Idee gekommen, die Richtlinien der Partei der er angehörte, oder die Grundordnung des Landes, das er repräsentierte, in Frage zu stellen. Zollitsch - Verzeihung, es geht nicht anders - Geplapper ist lübkianisch, sein fataler Hang zum "Undogmatischen", ist ohne Parallele. Dabei steht ihm der revolutionäre Entwurf etwa so gut zu Gesicht, wie einer 73jährigen Matrone ein Lady-Gaga-Outfit.

Mich interessiert aber nun, an welchem Tag genau Zollitsch der "Zeit" dieses schröckliche Interview gegeben hat. Der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen sei eine Frage der Barmherzigkeit. Jesus hat es ja genau anders herum gesehen. Warum, fragt er seine Zuhörer, hat euch die Thora die Scheidung erlaubt? "Nur weil ihr so hartherzig seid" (Matthäus 19, 8).

Daß Zollitsch in diesem Zusammenhang unser "First Patchwork" erwähnt, haut dem Faß die Krone ins Gesicht. Der hach so katholische Bundespräsident hat ja schon in seiner Autobiographie ad coram publico verkündet, er habe vor seiner Eheschließung "nichts anbrennen lassen". Um drei Jahren nach Veröffentlichung seiner etwas verfrühten Autobiographie zu verdeutlichen, daß er auch nach seiner Ehescheidung nichts anbrennen läßt. Müssen wir einen Mann bedauern, der im Alter von mehr als vierzig Jahren seine Frau und Mutter seines Kindes verläßt, um eine 14 Jahre jüngere zu heiraten?

"Er ist für mich ein Katholik, der seinen Glauben lebt, und darunter leidet, wie die Situation ist". Nein, mir kommen nicht die Tränen, allenfalls die Tränen der Wut.

Ach ja, der Tag, an dem dies gesprochen wurde. Vielleicht war es ja der 29. August. Würde passen Warum hat Johannes der Täufer seinen Kopf verloren? Weil er das "First Patchwork" des jüdischen Staates kritisiert hatte. Die beiden allerhöchsten Ehebrecher Herodias und Herodes Antipas. Beide hatten ihre Ehepartner verstoßen.

Bettina Wulff als Herodias, übrigens auch mit Kind aus einer anderen "Beziehung", Christian Wulff als Tetrarch Herodes Antipas. Paßt leider nicht ganz. Weder hat der erboste Vater der ersten Ehefrau unseres Tetrarchen Herodes Wulff dem guten Christian aufs Haupt geschlagen, noch hat unser oberster Christ Zollitsch auch nur ein ganz ganz winzig kleines Wörtchen der Kritik am doppelten Ehebruch unseres ranghöchsten Ehepaares geäußert.

Na ja, irgendwie kann ich mir auch schlecht das abgeschlagene Haupt unseres obersten Bischofs auf einem Silbertablett vorstellen.

Daß Zollitsch die Grünen für eine Partei hält, bei der sich Christen "beheimatet" fühlen können, hat mich fast von meinem Designerschreibtischstuhl gehauen. Hat der Bischof die neuesten Zeitungen über die geplanten Anti-Papst-Demonstrationen gelesen, gehört, gesehen? Bei keiner fehlen die örtlichen grünen Parteigruppierungen, vor allem die Grüne Jugend. Seit an Seit mit dem "Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten", "pro familia", den Altatheisten der "Humanistischen Union", dem "Humanistischen Verband" und was in der linksschwulbilesbischatheistischhumanistischen Lack und Lederszene Rang und Namen hat.

Liest der Mann keine Zeitung? Hat der kein Radio? Keine Zeit zum Fernsehgucken? War dem Bistum der Internet-account zu teuer? Kann mich da mal jemand aus der Entourage des Bischofs aufklären? Oder besser noch, kann den Bischof mal jemand in den Umgang mit google einweisen?

Das Bild der Herodias mit dem faszinierenden Schlafzimmerblick ist von einem Maler meiner Lieblingsstilepoche, dem "akademischen Realismus", Hippolyte Delaroche gemalt worden. Es ist im Wallraf-Richartz-Museum in Köln zu besichtigen. Gar nicht so weit weg von Freiburg.

Montag, 29. August 2011

29. August. Beheading of St. John the Baptist


Caravaggio hat besonders häufig und besonders düster die Enthauptung des Heiligen Johannes des Täufers dargestellt, der wir heute gedenken.

Gleichzeitig der Geburtstag meiner ersten, im Prinzip ganz entzückenden, aber ziemlich wilden Enkeltochter A. Die als Schwedin wenig deutsch spricht, aber einen Satz perfekt beherrscht: Großpapa du muuußt... . Ob es da eine gewissermaßen geistige Verbindung gibt?


Sonntag, 28. August 2011

28. August Sankt Augustinus


Dies ist kein Bild von Aurelius Augustinus, sondern, wie jeder Fußballfan auf den ersten Blick erkennt, ein Bild von Zinedine Zidane. Aber dennoch hat dieses Bild etwas mit dem Heiligen August von Hippo zu tun. Beide, Zinedine Zidane wie Aurelius Augustinus entstammten nämliche dem selben Volksstamm. Aurelius war berberischer Abstammung, der Name seiner Mutter läßt sich eindeutig auf die Berber zurückführen, die Urbevölkerung Nordafrikas westlich des Nil. (Damit ist der Vorname Monika wohl der einzige berberische Name, der auch unter Christen weit verbreitet ist.)

Die ältesten Bilder, die von Aurelius überliefert sind, bilden denn auch offenkundig einen Nordafrikaner ab.

In diesen Tagen, da Nordafrika in den Schlagzeilen ist, insbesondere Tunesien und Libyen, sollte man sich diesen Zusammenhang klarmachen. Tagaste und Hippo, Geburtsort und Wirkungsort Augustinus liegen auf dem Gebiet des heutigen Algerien.

Lehren, die zum Kern des modernen christlichen Glaubens gehören, wie die Lehre von der Erbsünde - die englische Bezeichnung original sin trifft den Kern dieser Lehre allerdings besser - die moderne katholische Auffassung vom Fegfeuer oder die Lehre vom Gerechten Krieg gehen damit auf einen berberischen Intellektuellen zurück.

Augustinus Lehre von der Gnade, der Dreifaltigkeit, dem Verhältnis von Staat und Kirche sind bahnbrechend, seine Confessiones gelten als die erste Autobiographie der europäischen Literaturgeschichte, und seine Reflexionen in den "Confessiones" über die Zeit, haben selbst noch die Denker der Neuen Physik, Einstein und Heisenberg beeinflußt. Das Zeit relativ ist, lesen wir zum ersten Mal in den beiden letzten Kapiteln der Confessiones.

Nicht nur ein Genie, ein Gigant. Aber auch ein Zeitgenosse und erbitterter Gegner der Vordenker der Geisteskrankheit unserer Zeit. Pelagius dürfen wir als den Vordenker der neuzeitlichen Antiautoritären verstehen, wie auch des grünroten Gutmenschentums. Wer an das Gute im Menschen glaubt, weist sich als treuer Anhänger eines Theologen aus dem vierten Jahrhundert aus.

Strafverteidiger wie Strafrichter hängen, wie ich aus beruflichen Gründen weis, in der Regel der augustinischen Lehre an.

Sind Berber Kopfmenschen? Wie man an Zinedine Zidane und Aurelius Augustinus nachvollziehen kann, ganz offensichtlich. Auch wenn Zinedines Kopfarbeit mehr der Sphäre des Sinnlich-Manifesten zuzuordnen ist.

Samstag, 27. August 2011

Preußisch-tenorisch-humorisch



 Max war auch auffer Hochzeit. Und für Max-Raabe-Fans hier noch der Überknüller "Klonen kann sich lohnen".

Preußisch-katholisch, nicht ultramontan


Das Bild hat nicht unbedingt mit der Hochzeit des preußischen Kronprinzen mit seiner durchlauchten Verlobten zu tun. Es ist das Bild der Urgroßmutter des Bräutigams. Und ich stelle es nur auf den Blog, weil es mal ein bißchen Glamour vermittelt. Mit Glamour hattens die Preußen bekanntermaßen nicht so. Und die heutige Hochzeit, zu der der Bräutigam Seine Königliche und Kaiserliche Hoheit Kronprinz Georg Friedrich von Preußen im Cut und Zylinder, seine Braut Ihro Durchlaucht Prinzessin Sophie zu Isenburg im Designerkleid und mit Schleppe aber ohne Schleier erschienen, war so recht bürgerlich-konform, sieht man von den ausgeprägt adeligen Nasen des Brautpaars ab.

Einzig der Auftritt des Schneiders, Wolfgang Joop, vermittelt ein bißchen ganz unpreußischen Glitter, aber daß Jopp den Anzug einem britischen Dandy abgekauft hat, sagt ja wohl alles.

Die Reaktion der deutschen Öffentlichkeit, inclusive der deutschen Veröffentlichkeit zeigt mir aber, daß zum modernen deutschen Nationalcharakter, wie ja auch zum modernen Charakter des katholischen Deutschen vor allem die Lust an der nur vermeintlichen Selbstkritik gehört. Denn ebenso wie der deutsche Durchschnittskatholik an der - nehmen wir ein Beispiel und sagen wir es in Achtundsechzigerisch - respressiven Sexualmoral der katholischen Kirche rumnörgelt, nölt der durchschnittliche Feuilletonjournaillist mit Vorliebe über die Preußen.

So wie die katholische Kirche an allem schuld ist, vom Hunger in der Dritten Welt (wg. des Verbots der Pille) über den deutschen Nationalsozialismus (wg. Pius XII) bis zur Aidskatastrophe (wg. Kondome), so ist für das durchschnittsdeutsche Feuilletonnörgeli der Preuße schlechthin an allem schuld, schlichtweg an allem, was in der deutschen Geschichte des vorigen und vorvorigen Jahrhunderts so alles schiefgelaufen ist.

Ich sehe davon ab, hier links zu setzen, denn bis jetzt habe ich kein Beispiel gefunden, wo ein Schreiber mal wenigstens ein bißchen sein erlauchtes Haupt aus dem journaillistischen Schlammbambes erhebt. Auch die katholische Presse setzt sich nicht von der muhenden und mähenden Meute ab.
Heute wird Rainer Maria Woelki in seine neues Amt als Erzbischof von Berlin eingeführt. Im Fernsehen kann man das leider nicht verfolgen. RBB übeträgt lieber eine preußische Prinzenhochzeit.
Schreibt Markus Reder heute in der "Tagespost". Ich habe ja mal ein bißchen als Freizeitjounaillist herumgepusselt. Eins hab ich gelernt. Das wichtigste an der Nachricht ist ihre Relevanz. Je seltener eine Ereignis, desto größer seine Relevanz. Wie häufig ereignete sich im letzten Jahrhundert die Hochzeit eines Kronprinzen des ehemaligen deutschen Kaiserhauses? Und wie häufig ereignete sich die Amtseinführung eines deutschen Bischofs? Ersteres ereignete sich noch weniger häufig als eine in Deutschland beobachtbare totale Sonnenfinsternis, gerade dreimal.

Fünfhundert Jahre lang hat das Haus Hohenzollern die Geschichte der Mark Brandenburg geprägt. Und nun sollte der zuständige Regionalsender darüber nicht berichten dürfen?

Die katholische Selbstbezogenheit und eine gewisse Unfähigkeit zur Realpolitik haben die Katastrophe des preußisch-deutschen Kulturkampfes mit verursacht. Nicht erkannt zu haben, daß nicht die preußischen Könige, sondern die liberale Mehrheit des preußischen und später deutschen Parlaments die treibende Kraft hinter dem Kulturkampf war, war letztlich eine der Ursachen der deutschen Katastrophe. Wo das preußische Königshaus wirklich stand, hätte man am heutigen Ereignis gut nachvollziehen können.

Die Potsdamer Friedenskirche gehört zu den meist gelungenen und kunstvollen Bauten, die Friedrich Wilhelm IV, der Vater des ersten deutschen Kaisers, errichten ließ. Ihr wichtigster Schmuck ist ein altes venezianische Mosaik aus dem 13. Jahrhundert, sie ist nach dem Vorbild einer italienischen Kirche gestaltet, die Anlage orientiert sich am Vorbild historischer Klosterbauten. Der Altar wird überwölbt durch ein Ziborium mit vier kostbaren Säulen aus sibirischem Jaspis, ein Geschenk des russischen Zaren Alexander des I. Ein einzigartiges "ökumenisches" Kunstwerk also.

Auf dem Gelände finden sich die Gräber von Friedrich Wilhelm IV und seiner Ehefrau Elisabeth von Bayern. Der protestantische König war mit einer katholischen Prinzessin verheiratet. Und beendete auch aus persönlichem Interesse den ersten preußischen Kulturkampf, der ja schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann. Auch Kronprinz Georg Friedrich heiratete heute eine Katholikin. An der ökumenischen Hochzeit waren neben einem protestantischen Pfarrer, der für gewöhnlich in Jerusalem wirkt, auch der Altabt des Zisterzienserklosters Heiligenkreuz Gregor Henckel von Donnersmarck.

Heute heiratete ein Nachfahr des preußischen Königs, der einst auch für Katholiken Religionsfreiheit in seinem Land garantierte, in dem jeder nach seiner facon selig werden durfte. Der mit eigenen Mitteln für die Katholiken seiner Hauptstadt eine Kathedrale errichten ließ, in einer Zeit, in der die meisten Länder Nordeuropas noch weit von echter Religionsfreiheit entfernt waren.

Hätte doch einen Bericht wert sein können.

Aber stattdessen lese ich in einem meiner katholischen Aboblätter obiges. Und in der "Vatikan" bekennt sich Mosebach zum Ultramontanismus des 19. Jahrhunderts. Der aber war nicht nur Ausdruck katholischen Selbstbewußtseins und Unabhängikeit, sondern auch Ausdruck der Realitätsferne des politischen Katholizismus des 19. Jahrhunderts.

Im Zeitalter der Nationalstaaten waren die Katholiken noch nicht einmal im 20. Jahrhundert angekommen. Ich besitze eine Ausgabe des Schott aus den dreißiger Jahren. Dort ist nach wie vor unter den großen Fürbitten eine Fürbitte für den Kaiser abgedruckt - den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Das bekanntlich schon im Jahre 1806 den Weg allen Irdischen gegangen war.

Manchmal stehe ich außerhalb meines eigenen Katholischseins. Und bin auf einmal wieder preußisch-hanseatisch. Und finde Katholen einfach doof.

Na ja, so doof auch wieder nicht. Der Spiegel unterbietet jedes denkbare Niveau noch immer mit Leichtigkeit.

Die Welt ist heute allerdings kaum zu toppen: 

"Der Sender übertrug am Samstag im Verbund mit dem SWR und dem Hessischen Rundfunk drei Stunden lang die Hochzeit des Chefs des Hauses Hohenzollern, Georg Friedrich Prinz von Preußen, mit Sophie Prinzessin von Isenburg. Warum? Weil Georg Friedrich heute unser aller Kaiser wäre, wenn nicht die Amis, Franzosen und Briten nach dem Ersten Weltkrieg darauf bestanden hätten, mit einer demokratischen Regierung zu verhandeln – und nicht mit dem Mann, der den Weltenbrand an vorderster Front entfacht hatte. Liebe Programmmacher, liebe Preußen-Profiteure aus Westdeutschland, ihr müsst jetzt tapfer sein: Die Monarchie wurde 1918 in Deutschland abgeschafft. Für seinen Ururgroßvater kann der Prinz von Preußen nichts. Aber wieso soll er nun plötzlich wieder was davon haben?"

Nun, die These von der deutschen Alleinschuld am Ersten Weltkrieg wird von seriösen Historikern nicht vertreten. Das Deutschland des Jahres 1918 war eine konstitutionelle Monarchie,  die letzten Wahlen hatten zu einer parlamentarischen Mehrheit der SPD und des katholischen Zentrums geführt. Eine demokratische Regierung hatte Deutschland im Jahre 1918. Ihr Kanzler war der liberale Aristokrat Max von Baden, seinem Kabinett gehörte unter anderem der Sozialdemokrat Scheidemann an. 


Der Artikelschreiber läßt übrigens eine Umfrage zu, ob sich die Leser wohl einen deutschen Kaiser wünschen. Die Mehrheit ist dafür. Find ich lustig. Vielleicht hat ja den Lesern auch nur imponiert, daß sich die nordischen konstitutionellen Monarchien Großbrittaniens, Dänemarks, Norwegens und Schwedens aus dem Euroschlamassel rausgehalten haben? Der Frage sollte man mal nachgehen.

Donnerstag, 25. August 2011

Norddeutscher Bund

     

Daß Männer und Frauen einfach nicht zusammen passen, wird in diesem Sketch schlüssig nachgewiesen. Ein absoluter Klassiker mit Vicco von Bülow und Evelyn Hamann in einer ihrer Starrollen. Der Norddeutsche Bund gewissermaßen in Aktion. Evelyn Hamman stammt aus Hammurch. Loriot aus Brandenburch.

Preußen und die Hanse formten im 19. Jahrhundert zunächst den Norddeutschen Bund, wurden mit der Reichsgründung dann die Kernländer des Deutschen Reiches. Die Farben Preußens - Schwarz/Weiß - und die Farben der Hanse - Rot/Weiß - verschmolzen zur schwarzweißroten Fahne des Norddeutschen Bundes, später Fahne des Deutschen Kaiserreichs.

Die Szene beweist, daß der Gipfel des Humors der Nicht-Humor ist. Die nordische Stiffness das Geheimnis des Absurden. Das Absurde das Geheimnis des Witzes.

Man kann diese Szene urkomisch finden oder einfach ganz normal. Nach 39 Jahren Ehe tendiere ich zu normal.

Im übrigen ein urchristliches Thema. Würden Männer und Frauen zueinander passen, bedürfte es keines Scheidungsverbots. (Siehe Matthäus 19, 10).) Das Geheimnis einer guten Ehe, so lehrt uns der große Moraltheologe Loriot, ist es, die Contenance zu wahren.

P.S. Selbst dann, wenn man die Nacht auf der Couch verbringen muß.


Mittwoch, 24. August 2011

Lustig? ...... Ach!



Ich hab jeden Streifen von Loriot gesehen. Zugegeben, manchmal bricht mir der kalte Angstschweiß aus. Herr Müller Lüdenscheid, der Counterpart von Dr. Klöbner zum Beispiel, erinnert mich ungemein an meinen Onkel H., Berufssoldat, preußischer WII Offizier. Und die Ehefrau aus dem Frühstücksei-Sketch erinnert mich an die eisigen Damen, die sich um den Geburtstagstisch meines geliebten Großvaters versammelten.

Preußisch, nordisch, ultraeisecool, von einer Stiffness, die selbst einen britischen Tory noch exaltiert aussehen läßt.

Preußen sind nicht lustig im eigentlichen Sinn, in dem Sinn, in dem eine Karnevalsgesellschaft lustig sein kann. In preußisch-nordischen Landen ist Fasching eine völlig unbekannte Form südlich-katholischer Lustbarkeit. Trotzdem lacht sich jeder über die Sketche des Berufsoffiziers und WeltkriegII-Oberstleutnant, Träger des Eisernen Kreuzes Erster Klasse, Krautjunker Vicco von Bülow schief. Loriot ist wahrscheinlich der einzige Mensch auf der Welt, der sowohl mit dem Eisernen Kreuz Erster Klasse und mit dem Karl-Valentin-Orden ausgezeichnet wurde.

Die hohe Kunst des preußischen Humors beruht auf der Perfektion der höflich korrekten unerschütterlichen Stiffness. Offenkundig erheitert es Menschen, wenn sich zwei wildfremde Herren, die sich absurderweise in der selben Badewanne befinden, gleichwohl mit ihren Titeln anreden, und über die Temperatur des Badewassers verhandeln, als ginge es um den Friedensvertrag zweier kriegführender Nationen.

Die Menschen, die Loriot darstellt, werden in den aktuellen Ergüssen des Feuilletons locker als  Spießer denunziert. Doch bei Dr. Klöbner und Herrn Müller-Lüdenscheid handelt es sich um Menschen, die auch in einer einer völlig aberwitzigen Situation nicht die ehernen Regeln der Courtoisie vergessen. Wahre Helden des Alltags. Sie bewahren Haltung und Stil.

Manchmal beschleicht mich der Gedanke, ob der preußische Edelmann von Bülow mit seinen Sketchen nicht vielmehr die Zuschauer zu Witzfiguren machen wollte. Sie finden das lustig? .... Ach.

Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen, gehört zu den Kernsätzen des Loriotschen Schaffens. Loriot selbst war seit 1951 glücklich verheiratet. Um eine christliche Ehe zu führen, braucht es offenkundig sehr viel Humor.

Der Karikaturist der preußischen Korrektheit Loriot und der Protagonist der hanseatischen Eisecoolness Helmut Schmidt sind einfach ein geniales Paar. Wer einen Hanseaten zum Lachen bringt, hat seinen Karl-Valentin-Orden redlich verdient. Beide sind übrigens Meister der Kunstpause.

Montag, 22. August 2011

Fast hätt´ichs vergessen: nada te turbe.



Die Gelegenheit auf den neuen Blog einer virgo consecrata hinzuweisen, und auf eine Botschaft, die ich fast vergessen hatte. La paciencia todo lo alcanza. Geduld erreicht alles.

Freitag, 19. August 2011

Sabberwocky and the pope


1.500.000 junge Menschen werden zum Weltjugendtag in Spanien erwartet. 5.000 nicht mehr ganz so junge demonstrieren dagegen. Wenn ich die Qualitätszeitung aufschlage, die ich abonniert habe, mit dem heutigen Bericht über den Weltjugendtag, wird da auf Seite Eins über die Demonstration der 5.000 berichtet, auf den Seiten Zwei und Drei - immerhin - über die Begegnung der 1.500.000 mit dem Papst. Ich lese die Tabloid-Version, die ist immer noch ein bißchen schlechter als das klassische Format.

Garniert wird der Artikel auf Seite Eins mit dem Bild zweier junger Schwuler mit Dreitagebart, die sich - Papamobil im Hintergrund - so richtig ausgiebig besabbern. Die schwule Szene in Spanier hat nämlich anläßlich des Papstbesuches zu einem Kiss-In aufgerufen.

Anderen Menschen beim Austausch von schleimigen und klebrigen Körperflüssigkeiten zuzusehen turnt mich nicht nur überhaupt nicht an, sondern verursacht bei mir Brechreiz. Ganz unabhängig von der vielzitierten sexuellen Orientierung. Bei den in der modernen Filmkunst unvermeidlichen Knutsch und Vögelszene drück ich den Fast-Forward-Knopf. Ebenso beim Auftritt des unvermeidlichen Quotenschwulen notabene der unvermeidlichen Quotenlesbe.

Könnte mir gut vorstellen, daß sagen wir mal 85 Pro Zent der Betrachter dieses Titelbildes sich gleich anschließend den Finger in den Hals gesteckt haben, um mal wieder so richtig ausgiebig zu kotzen.

In der Gänze ein sehr hübsch anschauliches Beispiel dafür, daß der deutsche Journaillismus eigentlich voll schräg drauf ist. Da sind offenbar nicht nur die politischen, sondern auch die ästhetischen Maßstäbe völlig aus dem Lot. Wieviel Prozent der Leser fanden dieses Titelbild wohl so richtig schlecht? To say the least. Oder wollte da ein catholic-Guerilla-Fotojournalist zeigen, wie man diese Art der Demos finden soll?

Zum Kotzen nämlich.

Wer diesen Blog kennt, weiß ja, daß ich als Ex-Sex-Pol-Ober-Aktivist Härten gewohnt bin. Pornos fand ich mal waaaaaahnsinnig emanzipatorisch.

Hat sich gelegt. Nix ist unerotischer als der klassische Rammel-Bammel-Porno. Nix turnt mich mehr ab als die alljährliche Softporno-CSD-Parade. Aber die mittelalten Typen, die Zeitungen mit Müll volltexten den wahrscheinlich keine Sau liest, oder mit Fotos garnieren, die keiner sehen will, sind offenbar heute da angekommen, wo ich als pubertierender Sexpolaktivist mit Sweet-Seventeen angefangen habe. Wenn man als Pickelschlacks keine abkriegt, kommt man manchmal auf komische Ideen. Vielleicht auch auf die Idee, andere pickelige Schlackse vollzusabbern.

War ne harte Zeit. Hat mich mindestens eine Zillion Tuben Clearasil gekostet, um diese harten Zeiten endlich hinter mir zu lassen. Aber in der Zeit hab ich auch eine Menge geistiges Clearasil verpasst bekommen.Das fehlt offenbar den meisten Journaillisten, die ja, wie man weiß, meistens keine abgekriegt haben. Sondern in ihrem unfreiwilligen Zölibat offenkundig auf genau so schräge Ideen kommen wie oben zitierter Pickelschlacks.

Sabberwocky auf Seite Eins. Währggs.

Wie man liest, haben die jungen Menschen, die in Reichweite dieser besonders aggressiven Sorte von politisch korrekten Idioten geraten sind, mit gemeinsamen Gebeten reagiert. Könnt ich nicht. An der Sorte geistigem Clearasil gebricht es mir leider. Mir fällt da eher ganz spontan mein Lieblingsgedicht vom Sabberwock, äh Jabberwock ein. Geschrieben von einem zölibatär lebenden anglikanischen Diakon, dem geliebten Lewis Carroll.


Jabberwocky

 'Twas brillig, and the slithy toves 
Did gyre and gimble in the wabe; 
All mimsy were the borogoves, 
And the mome raths outgrabe. 

 "Beware the Jabberwock, my son! 
The jaws that bite, the claws that catch! 
Beware the Jubjub bird, and shun 
The frumious Bandersnatch!" 

 He took his vorpal sword in hand: 
Long time the manxome foe he sought-- 
So rested he by the Tumtum tree, 
And stood awhile in thought. 

 And as in uffish thought he stood, 
The Jabberwock, with eyes of flame, 
Came whiffling through the tulgey wood, 
And burbled as it came! 

One, two! One, two! and through and through 
The vorpal blade went snicker-snack! 
He left it dead, and with its head 
He went galumphing back. "

And hast thou slain the Jabberwock? 
Come to my arms, my beamish boy! 
O frabjous day! Callooh! Callay!" 
He chortled in his joy. 

 'Twas brillig, and the slithy toves 
Did gyre and gimble in the wabe; 
All mimsy were the borogoves, 
And the mome raths outgrabe. 

 Ein christliches Thema, so to say, die Tötung des Drachen durch den tapferen Kämpfer, der die Unschuld verteidigt. Bei einem christlichen Diakon kann man wohl davon ausgehen, daß er bei diesem Gedicht an St. Georg oder den St. Michael, Archangel, gedacht hat. Mehr über den Jabberwocky hier

Samstag, 13. August 2011

Catholic rock?

      

War Kirchenmusik nicht schon immer Pop? Es kann eigentlich nicht anders sein, wenn man sich anhört, wie Steve Winwood die Hammond B3, die ja eigentlich für die Kirchenmusik konzipiert war, in seine Kompositionen einbaut.

Ein youtube-Leser hat da offenbar ähnliche Assoziationen
The organ tone in this tune is the most raunchy, nasty, filthiest thing I have heard from a black and white video. It's absoultely perfect! It sounds like young Stevie Winwood ran away from catholic school, but before he did, he stole the organ from the church that the Benevolent Holy Sisters raised money to buy.
Keine Ahnung, ob Stevie wirklich an eine Schule der Benevolent Holy Sisters gegangen ist. Jedenfalls könnte der Text von "Higher love" von Epheser 5, 21 ff. inspiriert sein.

Think about it, there must be higher love
Down in the heart or hidden in the stars above
Without it, life is wasted time
Look inside your heart, I'll look inside mine


Freitag, 12. August 2011

Mahalia Jackson and Hammond B3: Most holy music



In den 60iger Jahren spielte ich in einer kleinen R+B Gruppe. Unser Leadsänger und Organist war der totale Steve Winwood - und damit auch der totale Hammond B3-Fan. Eine Hammond B3 zu besitzen, und auf ihr spielen zu dürfen, war unser Traum. Unsere Traummaschine war allerdings unerschwinglich, die B3 war und ist auch heute richtig teuer, vor allem die "echte" elektromechanische, die seit 1974 nicht mehr hergestellt wird. Aber dieser Traum hatte eine spirituelle Dimension.

Unsere musikalische Herkunft war das christliche Gospel, das wir in den Zeiten, als wir noch die "Hausband" des örtlichen CVJM waren, so "schwarz" sangen und spielten, wie es nur irgend ging.

Elsa hat mich an meine Verehrung für dieses Instrument, das gewissermaßen das Instrument des Gospel war, erinnert. Und an meine Verehrung für die Sängerin des Gospel, Mahalia Jackson. Die B3, bzw. die technisch identische C3 war als elektromechanischer Ersatz für eine echte Pfeifenorgel und für kleine Kirchengemeinden konzipiert, die sich keine große Orgel leisten konnten. So fand sie vor allem Verbreitung in den meist ärmeren und kleineren "schwarzen" Gemeinden. Ihr Klang harmonierte in einer Weise mit dem Gesang des Gospel, als sei dieses Instrument nur für diese Form der heiligen Musik geschaffen worden.

Für mich ist Mahalias Gesang, nur begleitet von diesem seltsamen und heute altertümlichen Instrument, das etwa so selten und teuer geworden ist, wie ein AA-Bandoneon, most holy music. .

Sonntag, 7. August 2011

Wer die Alte Messe hört, der frißt auch kleine Kinder


Kann man sich eigentlich eine unchristlichere Tat vorstellen, als die Ermordung dutzender Kinder und Jugendlicher? War die Tötung eines Kindes nicht aus Sicht christlicher wie im übrigen auch islamischer Tradition nicht die denkbar verachtenswerteste Untat? Unterschieden sich die Christen der Antike von ihrer Umgebung nicht dadurch, daß sie Kindern das Lebensrecht zusprachen? Heißt es nicht im Diognet-Brief
Sie heiraten wie alle und zeugen Kinder, jedoch setzen sie die Neugeborenen nicht aus.
Daß sich der Massenmörder Breivik im Ernst auf das Christentum berufen kann, nimmt eigentlich keiner an, der noch alle Tassen im Schrank hat. Was nun nicht heißt, daß man den Massenmord des christlich kostümierten Freimaurers Breivik nicht für so manche nützlichen Zwecke einsetzen kann. Auch die Memorandistin Saskia Wendel konnt es sich offenbar nicht verkneifen, bei Gelegenheit den katholischen Traditionalisten, und ein bißchen auch dem Papst eine reinzuzwiebeln. Das fängt ganz harmlos an:
DIE ZEIT: Wie sieht Breiviks ideale Kirche aus? 
Wendel: Er fordert nicht nur eine Revitalisierung des Christentums, sondern auch eine konservative Revolution der katholischen Kirche. Er will die Öffnungen, die das Zweite Vatikanum in den sechziger Jahren vollzogen hat, rückgängig machen und den alten Exklusivismus ins Recht setzen. Extra ecclesiam nulla salus: Die katholische Kirche ist die einzig wahre Kirche. Er kritisiert ihr Bekenntnis zur Religionsfreiheit und die Öffnung zum Islam. 
DIE ZEIT: Damit steht er aber nicht allein. 
Wendel: Nein, das sind klassische Topoi des katholischen Traditionalismus. Breivik hat zutiefst antimoderne Einstellungen etwa zur Abtreibung, zur Empfängnisverhütung, zur Geschlechtergerechtigkeit. Deshalb polemisiert er auch gegen Frauenordination und gegen die Anerkennung von Homosexualität durch die Kirche. Er lobt den Reichtum der Liturgie und die apostolische Sukzession, setzt die Autorität des katholischen Lehramtes gegen beliebige Deutungen der Schrift und betont die Unfehlbarkeit des Papstes.
Das Verbot der Abtreibung, wie auch der künstlichem Empfängnisverhütung, die Ablehnung der Homoehe wie auch der Frauenordination sind also "Topoi des katholischen Traditionalismus". Das war uns nun als Kenner der Position der Memofreis nicht wirklich neu. Aber das war ja noch nicht alles:
Konservative Katholiken, die viele von Breiviks Ansichten teilen, sind deshalb noch keine Fundamentalisten. Aber es gibt durchaus eine fließende Grenze. Mit Furcht vor Freiheit und Pluralität fängt es an, und wenn dann noch ein überzogenes Sendungsbewusstsein ins Spiel kommt, wenn das staatliche Gewaltmonopol nicht mehr anerkannt wird, wenn aus religiösen Überzeugungen direkt politische Forderungen abgeleitet werden – dann wird die Grenze zum Fundamentalismus überschritten. Bei bestimmten traditionalistischen Gruppierungen in der katholischen Kirche gibt es womöglich auch antidemokratische Einstellungen. Sollte hier ein Gewaltpotenzial entstehen, muss der Staat seine Schutzfunktion erfüllen. Das sind dann keine rein innerkirchlichen Angelegenheiten mehr.
Die Gründung der KAF, der Katholischen Armee Fraktion steht also unmittelbar bevor. Und es gibt eine fließende Grenze zum "christlichen"Terrorismus. Kenn ich. Als politisierender Student lebte ich mal ganz nahe an einer fließenden Grenze (zur RAF). Und sah eines Tages in die Mündung einer  HK MP5.

Und dann dieser "Jargon der Eigentlichkeit".  Da gibt es "womöglich auch" antidemokratische Einstellungen. Warum so zögerlich? Sagen wir es doch rund heraus, Zeit ist Sesterz. Wenn aus religiösen Überzeugungen politische Forderungen abgeleitet werden, dann ist da schon Fundamentalismus. Das gilt dann für die gesamte katholische Kirche, die Abtreibung als Verbrechen ansieht, die Homoehe ablehnt, die künstliche Befruchtung als widernatürlich ansieht, Euthanasie und vorgeburtliche Selektion ablehnt und und und.

Vor allem der Plural "Gruppierungen" macht mich neugierig. Da wüßte ich doch gerne mehr. Wer sind sie, die "Gruppierungen", gegen die "uns" der Staat schützen muß? Daß die Piusbruderschaft dazu gehört, kann man aus diesem Interview ohne Mühe herauslesen. Da sind sich Interviewer und Interviewte offenkundig gänzlich einig. Aber wer noch? Die Petrusbruderschaft? Die Lebenschützer? Die Anhänger der Alten Messe? Gregorianische Scholen? Die Unterzeichner der Petition "Pro Ecclesia"? Die Mitglieder von "Pro Sancta Ecclesia? Die Leser des Vatican Magazin? Matthias Matussek? Martin Mosebach? Das Priesternetzwerk? Die Blogozese? Auf alle paßt der Steckbrief, den die "Zeit" und die Frau Theologin entwickelt haben. Auch auf den Papst. Auch wenn der großzügigerweise noch nicht zum Bewohner der fließenden Grenze gemacht wird.

Khmer mauve - Der Juchtenkäfer als Objekt der Anbetung


Den Nachgeborenen muß man das wohl erklären. In den 70igern trugen die französischen Grünen, die Verts, damals noch radikaler misantrophisch als heute "Khmer verts". Sie wollten, so unterstellte man den Grünen damals keineswegs zu unrecht, wie die Khmer Rouge das Land deindustrialisieren und eine primitive, autoritär strukturierte Ökodiktatur errichten. Die Assoziation mit dem Massenmord der Roten Khmer war gewollt.

Eine Beschimpfung, die die "Verts" locker nahmen. Waren sie doch selbst zu nicht unerheblichen Teilen wenige Jahre zuvor noch "bei den Maos" und damit Anhänger eben dieser Khmer Rouge. Auch diesseits des Rheins sah es ja nicht besser aus. Schickte die Partei, der der heutige grüne Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg Anfang der 70iger Jahre noch angehörte,  der KBW, nicht noch 1979 nach dem Sturz des massenmörderischen Pol-Pot-Regimes Solidaritätsadressen an das von den kommunistischen Massenmördern der Khmer rouge repräsentierte "Demokratische Kampuchea", zu einem Zeitpunkt also, zu dem der mörderische Charakter des Regimes jedem Zeitungsleser bekannt sein mußte?

Was aber machte die mörderische Radikalität dieses Regimes eigentlich aus? Es war, so sehe ich das als ehemaliger "Mao" und langjähriges Mitglied der Deutschen "Verts", die diesseitsorientierte Erhebung einer politischen Vision zu einer Quasireligion. Der politische Chiliasmus, der das Paradies auf Erden errichten will, und stets im Massenmord endet.

Christen sollten gegen die religiöse Überhöhung der Politik gefeit sein. Machen sie aus jeder alltagspolitischen Entscheidung eine von Glauben oder Nichtglauben, sollten sie sich fragen, woran sie wirklich glauben. Begründetes Mißtrauen ist stets dann angebracht, wenn Mitchristen politische Entscheidungen wirklich jeder, vor allem alltagspolitischer Art direkt aus ihrem "Glauben" begründen wollen. Allen voran Heiner Geißler, auch so ein BaWü-Aktivist, der ja immer genau weiß, was Jesus Christus heute sagen würde. Und daß Jesus Christus, genau so wie Heiner Geißler, auch für die Finanztransaktionssteuer wäre.

Aber der Geißlerismus ist durchaus steigerungsfähig, zum Beispiel so:
1. S21 ist ein Projekt menschlicher Überheblichkeit 
Das Gebot, Gottes Schöpfung zu bebauen und zu bewahren (1.Mose 2,15), schließt menschliche Selbstherrlichkeit aus. Darauf weist die biblische Tradition in vielfältiger Weise hin, beginnend mit der Überlieferung vom Turmbau zu Babel (1.Mose 11). 
Für S21 muss ein gigantischer Aufwand an Tunnelbauten und Maßnahmen zum Schutz von Mineral- und Grundwasser betrieben werden, ohne dass dem ein entsprechender zusätzlicher Nutzen gegenüber stünde. 
Wir setzen uns dafür ein, daß technologischer Fortschritt nicht als Selbstzweck gilt. Komplexe, beim Bau und im Betrieb störanfällige, risikobehaftete Technologien ohne nennenswerten Nutzen lehnen wir ab.
Aus 1.Mose 2,15 und 1. Mose 11 folgt also zwingend, logisch und unmittelbar, daß wir die Tieferlegung des Stuttgarter Bahnhofs ablehnen müssen. Ersetze Stuttgart 21 durch "Eisenbahn", verlege die Auseinandersetzung vom 19. ins 21. Jahrhundert und du weißt, wes Geistes die Theologeriche und Theologeusen sind, die diesen Unsinn verzapfen.

Ich habe ja mal nachgesehen, ob unter den Unterzeichnern etwa katholische Memorandisten zu finden sind und bin nicht fündig geworden. Irgendwie beruhigend, daß die Selbstsäkularisierung der LilaPausenKirche noch weit fortgeschrittener ist als die des modernistischen Flügels der Deutschen Katholiken.

Eher beunruhigend, daß es nach den Khmer Rouge, den Khmer Verts nun auch noch noch die Khmer Mauve gibt.

Was es mit dem Juchtenkäfer auf sich hat, läßt sich hier nachlesen.

Mittwoch, 13. Juli 2011

Alipius in Allerhöchstform


Der ultimate Beitrag u.a. aber nicht nur zum Dialogprozeß. Zwerchfellerschütterndst. Unbedingt ansehen.

Dienstag, 12. Juli 2011

Ecclesia sedens



"Die Regisseure des Gesprächsforums hatten die Teilnehmer an 39 runden Tischen mit je acht Stühlen platziert" So schreibt die "Welt" am Montag.

Ganz abgesehen davon, daß ich stets die Krise kriege, wenn ich Schlechtschreib wie "platziert" lese, die Ergebnisse des Dialogprozesses bestätigen die These daß nicht nur die Form der Funktion, sondern auch die Funktion der Form folgt. Bei Elsa läßt sich nachlesen, was aus diesen 39 Stuhlkreisen an Inhaltlichem hervorgebracht wurde - 37 Thesen. Es sind, wenn man vom üblichen nichtssagenden Theospeak absieht, die üblichen Forderungen der sogenannten Reformbewegung. Diese 37 Thesen, das ist wirklich alles, was die Elite des deutschen Gremienkatholizismus zu Stande bringen kann.

Sind das unsere 300 Besten? Die unter Millionen deutscher Katholiken erlesene Elite des deutschen Katholizismus? Wenn es so ist, dann wird es Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wer in unserer deutschen Abteilung der Weltkirche was aus welchem Grunde "wird". Wie sich Zentralkommitees rekrutieren habe ich als studierter Jurist in mühseliger Kleinarbeit rekonstruiert. Die Satzungen sagen mir, daß es der wird, der denen dies schon sind, jedenfalls nicht in die Suppe spucken wird. Alles weitere besorgt der Zeitgeist, der jeglicher Demokratur ja schließlich wesensgemäß ist. Da versammeln sich demnach nicht die Katholischen, sondern die vom antirömischen Affekt seit jeher Infizierten.

Es besteht also kein Anlaß, sich zu wundern. Vielmehr besteht Anlaß, eine Marschkapelle zu gründen. Diese sollte bei der nächsten Versammlung mit Pauken, Trommeln und Trompeten den Versammlungssaal umrunden und ad infinitum folgendes, von den Verirrungen der 70iger Jahre bereinigtes Marschlied  aufspielen (Vielen Dank für den Text und die Idee, Superpelliceum):

Ein Haus voll Glorie schauet
weit über alle Land,
aus ew'gem Stein erbauet
von Gottes Meisterhand.

Gott! Wir loben dich.
Gott! Wir preisen dich.
O laß im Hause dein
uns all geborgen sein!

Gar herrlich ist's bekränzet
mit starker Türme Wehr,
und oben hoch erglänzet
des Kreuzes Zeichen hehr.

Gott! Wir loben dich.
Gott! Wir preisen dich.
O laß im Hause dein
uns all geborgen sein!

Wohl tobet um die Mauern
der Sturm in wilder Wut;
das Haus wird's überdauern,
auf festem Grund es ruht.

Gott! Wir loben dich.
Gott! Wir preisen dich.
O laß im Hause dein
uns all geborgen sein!

Ob auch der Feind ihm dräue,
Ansturm der Hölle Macht:
Des Heilands Lieb und Treue
auf seinen Zinnen wacht.

Gott! Wir loben dich.
Gott! Wir preisen dich.
O laß im Hause dein
uns all geborgen sein!

Dem Sohne steht zu Seite
die reinste der Jungfraun;
um sie drängt sich zum Streite
die Kriegsschar voll Vertraun.

Gott! Wir loben dich.
Gott! Wir preisen dich.
O laß im Hause dein
uns all geborgen sein!

Viel tausend schon vergossen
mit heil'ger Lust ihr Blut;
die Reihn stehn fest geschlossen
in hohem Glaubensmut.

Gott! Wir loben dich.
Gott! Wir preisen dich.
O laß im Hause dein
uns all geborgen sein!

Auf eilen liebentzündet
auch wir zum heil'gen Streit;
der Herr, der's Haus gegründet,
uns ew'gen Sieg verleiht.

Gott! Wir loben dich.
Gott! Wir preisen dich.
O laß im Hause dein
uns all geborgen sein!

Aktion Jericho. Wird Zeit, daß wir der Ecclesia sedens den Marsch blasen. Ich spiele wahlweise Kesselpauke oder Snaredrum.

Die Kapelle braucht ein bißchen, bis sie endlich loslegt, also Geduld. Die Kapelle steht in der Tradtion des Husarenregiments Alexander II. von Rußland (Erstes Westfälisches, was auch die Musikauswahl erklärt). Der Text bestätigt, daß es Zeit wird, das Gotteslob endlich einzustampfen. Das, nachdem es in den letzten Jahren im Sinne der inclusive language gendermäßig durchgearbeitet worden ist, sowieso in GöttInnenlob umbenannt werden sollte.
Der katholischen Tradition zufolge und seit dem Konzil von Florenz 1439 kennen wir die Ecclesia militans, die Ecclesia triumphans und die Ecclesia penitens. Mit der Ecclesia sedens haben wir also nichts zu tun.

Sonntag, 10. Juli 2011

PID, die Neue Heimsuchung


Bevor sich jemand wundert, warum ich einen Beitrag über das PräimpG des ehemaligen evangelischen Pfarrers Peter Hintze u.a. mit einer Darstellung der "Visitatio Mariae" illustriere, ein kleines Rechenexempel. Von dem Evangelisten Lukas wissen wir, daß Maria wenige Tage nach der Verkündigung ihre Verwandte Elizabeth besuchte, die zu diesem Zeitpunkt mit Johannes dem Täufer im 6. Monat schwanger war. Diese wenigen Tagen berechnet die lateinische Kirche nicht, die Feier der Visitatio als Abschluß der Oktav von Fronleichnam ist ein symbolischer Termin. Die Ostkirche allerdings geht davon aus, daß zwischen Verkündigung und Heimsuchung 5 Tage lagen. Jesus Christus, wahrer Mensch, befand sich zu diesem Zeitpunkt morphologisch gesehen im Zustand des Wandels von einer Zygote zu einer Blastozyste, kurz vor der Nidation in die Gebärmutter der seligen Jungfrau Maria.

Eine strafrechtlich gesehen wesentliche Etappe, denn die Verhinderung der Nidation, der Einnistung der Blastozyste in die Gebärmutter, ist seit 1974 keine Straftat mehr, was die Pille, die Mini-Pille, die Spirale und die Pille danach legal macht. Abtreibung ist gesetzlich - allerdings erst seit den Tagen der glorious sexual revolution - als Abtreibung eines Embryos nach der Nidation definiert. Davor ist der menschliche Embryo selbst nach Auffassung unserer Verfassungsgerichts kein menschliches Wesen, dem das Grundrecht auf Leben zukommt.

Die Bibel definiert menschliches Leben offenkundig anders. Jesus Christus ist von Anfang seiner Menschwerdung an wahrer Mensch, und am Hochfest der Heimsuchung feiern wir nicht den Jesus blastozystus, sondern den Herrn. Auf vielen Ikonen, aber auch auf Bildern westlicher Künstler, zeichnen die Ikonenschreiber und Maler Jesus Christus, den Herrn, aufrecht stehend den knienden Johannes den Täufer segnend.

Fünf Tage alt waren auch die Embryonen an denen der Arzt Matthias Bloechle eine Blastozytenbiopsie durchführte, um jeweils festzustellen, ob diese Blastozysten Chromosomenanomalien aufwiesen. An insgesamt neun Embryonen nahm er diese Operation vor, 3 Embryonen durften leben, 5 Embryonen mußten sterben, von der Lebendgeburt eines Kindes wird nur einmal berichtet. Der BGH hielt diese Praxis für legal. Bloechle erstattete nach seiner "Pioniertat" Selbstanzeige. Das weitere Prozedere ist bekannt.

Das PräimpG ist Peter Hintzes Gesetz. Hintze ist der spiritus rector dieses Verfahrens. Wahrscheinlich nicht obwohl, sondern vielmehr gerade weil Hintze der Partei mit dem großen C angehört. Nicht obwohl, sondern gerade weil Hintze von Beruf, und vielleicht sogar einmal von Berufung evangelischer Pastor war. Auch unserer Herr Bloechle ist nach eigenem Bekenntnis gläubiger lutheranischer Christ. Und wie Ex-Pfarrer Hintze seinen Gesetzesentwurf mit der christlichen Nächstenliebe begründet, so begründet der Sohn eines evangelischen Pastors und bekennender Lutheraner Bloechle seine Haltung mit der "Gewissensfreiheit", beruft sich auf Kant und Martin Luther. Daß Bloechle auch noch ein Forum bei "evangelisch.de" bekommt, ist ja schon interessant und gibt Hubers Begriff von der Kirche der Freiheit ein ganz eignes Gschmäckle, notabene einen hautgout, um es in klarem Deutsch zu sagen.

Wie viele Parlamentarier, die für die Legalisierung der PID stimmten, haben ihr Gewissen wohl damit beruhigt, daß doch wohl nicht sittlich verwerflich sein kann, was von einem protestantischen Pastoren und einem evangelischen Pfarrerssohn gutgeheißen wird, ja gar noch als Akt der Nächstenliebe und als Ausdruck der Gewissensfreiheit anzusehen ist? Die Redebeiträge der meisten Parlamentarier, die sich zu diesem Thema geäußert haben, kann man übrigens hier sehen und hören. Auch Hintzes Beitrag, der von der Nächstenliebe handelt. Was sich auch sehr gut beobachten läßt, sind die leeren Abgeordneten-Sitze der Abgeordneten die offenbar Wichtigeres zu tun hatten, als dieser angeblichen "Sternstunde" des Parlaments beizuwohnen.

Daß nun Hintzes Entwurf noch viel weiter geht, als der BGH und Bloechle - bei Bloechle ging es um Embryonen, die nicht lebensfähig waren - soll nicht unerwähnt bleiben. Ich empfehle den Beitrag des Abgeordneten Henke, übrigens Vorsitzender des Marburger Bundes, der Vereinigung der deutschen Klinikärzte. Der Arzt Henke sorgt sich, wie viele andere Ärzte, ob nicht die PID bei der In-Vitro-Fertilisation durch die Legalisierung der PID zum Standardverfahren werden könnte. Ob nicht das Screening auf praktisch alle Arten der Behinderung ausgedehnt werden könnte.

Ob es eine Rolle spielt, daß Hintze Protestant, Henke Katholik ist? Wenn man sich die Zahlen ansieht, durchaus. Von 111 katholischen CDU-Abgeordneten, die sich an der Abstimmung beteiligt haben, haben 92 gegen und 19 für die Zulassung der PID gestimmt. von den 79 protestantischen Abgeordneten 39 für Hintze und 40 dagegen. Daß der Hugenottensproß De Maizière gegen Hintze stimmen mußte, kann man schon bei Max Weber nachlesen.

Ursula von der Leyen, die sich in der Debatte für Hintzes Entwurf einsetzt, hat sich kurz davor für die erneute Bezuschußung der IVF durch die Krankenkassen eingesetzt. Nachdem alle anderen Maßnahmen zur Vermehrung der Geburten wohl nichts gefruchtet haben. Damit hätte wir dann eine im wahrsten Sinne höllische Mischung. Die Übernahme der Kosten der IVF durch die Krankenkassen hat die Zahlen im Jahre 2007 auf mehr als 30.000 steigen lassen. Die IVF ist eine Tortur. Warum diese Tortur auf sich nehmen, wenn man nicht gleichzeitig die Garantie auf ein gesundes Kind hat? Dafür gibt es nach der Legalisierung der PID keinen Grund. Also wird die PID zum Standardverfahren bei jeder IVF werden. Der Widerstand der Ethikkommissionen - wenn sie überhaupt Widerstand leisten - wird schnell abgeräumt werden. Die Klientel ist klagefreudig.  Die Justiz ist willig.

Dann rechnen wir zum Schluß noch einmal. Die Baby-take-home-rate, das Zahlenverhältnis zwischen den eingesetzten befruchteten Eizellen und den Lebendgeburten beträgt 1:32. Nur jede vierte Frau wird nach der Kombination IVF plus PID schwanger. Um eine größere Zahl auszuwählender Embryonen zu haben, werden nach internationalen Standards 8 bis 12 Embryonen bei jedem Versuch befruchtet. Da müßte man in Deutschland allerdings das Emryonenschutzgesetz noch ändern. Wird kommen, jede Wette, die Dämme sind nun endgültig gebrochen.

Die Todesrate liegt damit bei 30.000 mal (mindestens) 8 minus 7500 (Geburten) im worst case scenario. Das bedeutet mehr als 200.000 tote oder "überflüssige" Embryonen. In der Bundestagsdebatte sprach man von wenigen hundert Fällen. Hab ich mich etwa verrechnet? Zählt man die 200.000 "diskreten" Abtreibungen durch Pille, Spirale etc. dazu und die mehr als 100.000 "offiziellen" Abtreibungen, werden dann bald mehr als eine halbe Million ungeborene Kinder per anno sterben müssen. War da nicht von "Nächstenliebe" und "Gewissen" die Rede?