Die Interviews unseres obersten deutschen Bischofs Zollitsch verdienen mit allem Recht das Prädikat "berüchtigt". Wenn ich mich zurückbesinne an vergangene Tage - demnächst zähle ich meinen 22.644ten incl Schalttage - fällt es mir schwer, mich an einen ähnlich hochgestellten Mann zu erinnern, der in vergleichbarer Weise die Fähigkeit besaß, in völliger Ahnungslosigkeit auch noch in Fettnäpfe zu tappen, die ihm keiner in den Weg gestellt hat.
Vielleicht Lübke? Nein, nicht direkt, der sprach zwar ein greuliches Englisch, hielt Reden, die von legendärer Bräsigkeit waren, aber Lübke wäre niemals auf die Idee gekommen, die Richtlinien der Partei der er angehörte, oder die Grundordnung des Landes, das er repräsentierte, in Frage zu stellen. Zollitsch - Verzeihung, es geht nicht anders - Geplapper ist lübkianisch, sein fataler Hang zum "Undogmatischen", ist ohne Parallele. Dabei steht ihm der revolutionäre Entwurf etwa so gut zu Gesicht, wie einer 73jährigen Matrone ein Lady-Gaga-Outfit.
Mich interessiert aber nun, an welchem Tag genau Zollitsch der "Zeit" dieses schröckliche Interview gegeben hat. Der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen sei eine Frage der Barmherzigkeit. Jesus hat es ja genau anders herum gesehen. Warum, fragt er seine Zuhörer, hat euch die Thora die Scheidung erlaubt? "Nur weil ihr so hartherzig seid" (Matthäus 19, 8).
Daß Zollitsch in diesem Zusammenhang unser "First Patchwork" erwähnt, haut dem Faß die Krone ins Gesicht. Der hach so katholische Bundespräsident hat ja schon in seiner Autobiographie ad coram publico verkündet, er habe vor seiner Eheschließung "nichts anbrennen lassen". Um drei Jahren nach Veröffentlichung seiner etwas verfrühten Autobiographie zu verdeutlichen, daß er auch nach seiner Ehescheidung nichts anbrennen läßt. Müssen wir einen Mann bedauern, der im Alter von mehr als vierzig Jahren seine Frau und Mutter seines Kindes verläßt, um eine 14 Jahre jüngere zu heiraten?
"Er ist für mich ein Katholik, der seinen Glauben lebt, und darunter leidet, wie die Situation ist". Nein, mir kommen nicht die Tränen, allenfalls die Tränen der Wut.
Ach ja, der Tag, an dem dies gesprochen wurde. Vielleicht war es ja der 29. August. Würde passen Warum hat Johannes der Täufer seinen Kopf verloren? Weil er das "First Patchwork" des jüdischen Staates kritisiert hatte. Die beiden allerhöchsten Ehebrecher Herodias und Herodes Antipas. Beide hatten ihre Ehepartner verstoßen.
Bettina Wulff als Herodias, übrigens auch mit Kind aus einer anderen "Beziehung", Christian Wulff als Tetrarch Herodes Antipas. Paßt leider nicht ganz. Weder hat der erboste Vater der ersten Ehefrau unseres Tetrarchen Herodes Wulff dem guten Christian aufs Haupt geschlagen, noch hat unser oberster Christ Zollitsch auch nur ein ganz ganz winzig kleines Wörtchen der Kritik am doppelten Ehebruch unseres ranghöchsten Ehepaares geäußert.
Na ja, irgendwie kann ich mir auch schlecht das abgeschlagene Haupt unseres obersten Bischofs auf einem Silbertablett vorstellen.
Daß Zollitsch die Grünen für eine Partei hält, bei der sich Christen "beheimatet" fühlen können, hat mich fast von meinem Designerschreibtischstuhl gehauen. Hat der Bischof die neuesten Zeitungen über die geplanten Anti-Papst-Demonstrationen gelesen, gehört, gesehen? Bei keiner fehlen die örtlichen grünen Parteigruppierungen, vor allem die Grüne Jugend. Seit an Seit mit dem "Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten", "pro familia", den Altatheisten der "Humanistischen Union", dem "Humanistischen Verband" und was in der linksschwulbilesbischatheistischhumanistischen Lack und Lederszene Rang und Namen hat.
Liest der Mann keine Zeitung? Hat der kein Radio? Keine Zeit zum Fernsehgucken? War dem Bistum der Internet-account zu teuer? Kann mich da mal jemand aus der Entourage des Bischofs aufklären? Oder besser noch, kann den Bischof mal jemand in den Umgang mit google einweisen?
Das Bild der Herodias mit dem faszinierenden Schlafzimmerblick ist von einem Maler meiner Lieblingsstilepoche, dem "akademischen Realismus", Hippolyte Delaroche gemalt worden. Es ist im Wallraf-Richartz-Museum in Köln zu besichtigen. Gar nicht so weit weg von Freiburg.