Mittwoch, 31. August 2011

Zollitsch, Herodias, First Patchwork



Die Interviews unseres obersten deutschen Bischofs Zollitsch verdienen mit allem Recht das Prädikat "berüchtigt". Wenn ich mich zurückbesinne an vergangene Tage - demnächst zähle ich meinen 22.644ten incl Schalttage - fällt es mir schwer, mich an einen ähnlich hochgestellten Mann zu erinnern, der in vergleichbarer Weise die Fähigkeit besaß, in völliger Ahnungslosigkeit auch noch in Fettnäpfe zu tappen, die ihm keiner in den Weg gestellt hat.

Vielleicht Lübke? Nein, nicht direkt, der sprach zwar ein greuliches Englisch, hielt Reden, die von legendärer Bräsigkeit waren, aber Lübke wäre niemals auf die Idee gekommen, die Richtlinien der Partei der er angehörte, oder die Grundordnung des Landes, das er repräsentierte, in Frage zu stellen. Zollitsch - Verzeihung, es geht nicht anders - Geplapper ist lübkianisch, sein fataler Hang zum "Undogmatischen", ist ohne Parallele. Dabei steht ihm der revolutionäre Entwurf etwa so gut zu Gesicht, wie einer 73jährigen Matrone ein Lady-Gaga-Outfit.

Mich interessiert aber nun, an welchem Tag genau Zollitsch der "Zeit" dieses schröckliche Interview gegeben hat. Der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen sei eine Frage der Barmherzigkeit. Jesus hat es ja genau anders herum gesehen. Warum, fragt er seine Zuhörer, hat euch die Thora die Scheidung erlaubt? "Nur weil ihr so hartherzig seid" (Matthäus 19, 8).

Daß Zollitsch in diesem Zusammenhang unser "First Patchwork" erwähnt, haut dem Faß die Krone ins Gesicht. Der hach so katholische Bundespräsident hat ja schon in seiner Autobiographie ad coram publico verkündet, er habe vor seiner Eheschließung "nichts anbrennen lassen". Um drei Jahren nach Veröffentlichung seiner etwas verfrühten Autobiographie zu verdeutlichen, daß er auch nach seiner Ehescheidung nichts anbrennen läßt. Müssen wir einen Mann bedauern, der im Alter von mehr als vierzig Jahren seine Frau und Mutter seines Kindes verläßt, um eine 14 Jahre jüngere zu heiraten?

"Er ist für mich ein Katholik, der seinen Glauben lebt, und darunter leidet, wie die Situation ist". Nein, mir kommen nicht die Tränen, allenfalls die Tränen der Wut.

Ach ja, der Tag, an dem dies gesprochen wurde. Vielleicht war es ja der 29. August. Würde passen Warum hat Johannes der Täufer seinen Kopf verloren? Weil er das "First Patchwork" des jüdischen Staates kritisiert hatte. Die beiden allerhöchsten Ehebrecher Herodias und Herodes Antipas. Beide hatten ihre Ehepartner verstoßen.

Bettina Wulff als Herodias, übrigens auch mit Kind aus einer anderen "Beziehung", Christian Wulff als Tetrarch Herodes Antipas. Paßt leider nicht ganz. Weder hat der erboste Vater der ersten Ehefrau unseres Tetrarchen Herodes Wulff dem guten Christian aufs Haupt geschlagen, noch hat unser oberster Christ Zollitsch auch nur ein ganz ganz winzig kleines Wörtchen der Kritik am doppelten Ehebruch unseres ranghöchsten Ehepaares geäußert.

Na ja, irgendwie kann ich mir auch schlecht das abgeschlagene Haupt unseres obersten Bischofs auf einem Silbertablett vorstellen.

Daß Zollitsch die Grünen für eine Partei hält, bei der sich Christen "beheimatet" fühlen können, hat mich fast von meinem Designerschreibtischstuhl gehauen. Hat der Bischof die neuesten Zeitungen über die geplanten Anti-Papst-Demonstrationen gelesen, gehört, gesehen? Bei keiner fehlen die örtlichen grünen Parteigruppierungen, vor allem die Grüne Jugend. Seit an Seit mit dem "Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten", "pro familia", den Altatheisten der "Humanistischen Union", dem "Humanistischen Verband" und was in der linksschwulbilesbischatheistischhumanistischen Lack und Lederszene Rang und Namen hat.

Liest der Mann keine Zeitung? Hat der kein Radio? Keine Zeit zum Fernsehgucken? War dem Bistum der Internet-account zu teuer? Kann mich da mal jemand aus der Entourage des Bischofs aufklären? Oder besser noch, kann den Bischof mal jemand in den Umgang mit google einweisen?

Das Bild der Herodias mit dem faszinierenden Schlafzimmerblick ist von einem Maler meiner Lieblingsstilepoche, dem "akademischen Realismus", Hippolyte Delaroche gemalt worden. Es ist im Wallraf-Richartz-Museum in Köln zu besichtigen. Gar nicht so weit weg von Freiburg.

Montag, 29. August 2011

29. August. Beheading of St. John the Baptist


Caravaggio hat besonders häufig und besonders düster die Enthauptung des Heiligen Johannes des Täufers dargestellt, der wir heute gedenken.

Gleichzeitig der Geburtstag meiner ersten, im Prinzip ganz entzückenden, aber ziemlich wilden Enkeltochter A. Die als Schwedin wenig deutsch spricht, aber einen Satz perfekt beherrscht: Großpapa du muuußt... . Ob es da eine gewissermaßen geistige Verbindung gibt?


Sonntag, 28. August 2011

28. August Sankt Augustinus


Dies ist kein Bild von Aurelius Augustinus, sondern, wie jeder Fußballfan auf den ersten Blick erkennt, ein Bild von Zinedine Zidane. Aber dennoch hat dieses Bild etwas mit dem Heiligen August von Hippo zu tun. Beide, Zinedine Zidane wie Aurelius Augustinus entstammten nämliche dem selben Volksstamm. Aurelius war berberischer Abstammung, der Name seiner Mutter läßt sich eindeutig auf die Berber zurückführen, die Urbevölkerung Nordafrikas westlich des Nil. (Damit ist der Vorname Monika wohl der einzige berberische Name, der auch unter Christen weit verbreitet ist.)

Die ältesten Bilder, die von Aurelius überliefert sind, bilden denn auch offenkundig einen Nordafrikaner ab.

In diesen Tagen, da Nordafrika in den Schlagzeilen ist, insbesondere Tunesien und Libyen, sollte man sich diesen Zusammenhang klarmachen. Tagaste und Hippo, Geburtsort und Wirkungsort Augustinus liegen auf dem Gebiet des heutigen Algerien.

Lehren, die zum Kern des modernen christlichen Glaubens gehören, wie die Lehre von der Erbsünde - die englische Bezeichnung original sin trifft den Kern dieser Lehre allerdings besser - die moderne katholische Auffassung vom Fegfeuer oder die Lehre vom Gerechten Krieg gehen damit auf einen berberischen Intellektuellen zurück.

Augustinus Lehre von der Gnade, der Dreifaltigkeit, dem Verhältnis von Staat und Kirche sind bahnbrechend, seine Confessiones gelten als die erste Autobiographie der europäischen Literaturgeschichte, und seine Reflexionen in den "Confessiones" über die Zeit, haben selbst noch die Denker der Neuen Physik, Einstein und Heisenberg beeinflußt. Das Zeit relativ ist, lesen wir zum ersten Mal in den beiden letzten Kapiteln der Confessiones.

Nicht nur ein Genie, ein Gigant. Aber auch ein Zeitgenosse und erbitterter Gegner der Vordenker der Geisteskrankheit unserer Zeit. Pelagius dürfen wir als den Vordenker der neuzeitlichen Antiautoritären verstehen, wie auch des grünroten Gutmenschentums. Wer an das Gute im Menschen glaubt, weist sich als treuer Anhänger eines Theologen aus dem vierten Jahrhundert aus.

Strafverteidiger wie Strafrichter hängen, wie ich aus beruflichen Gründen weis, in der Regel der augustinischen Lehre an.

Sind Berber Kopfmenschen? Wie man an Zinedine Zidane und Aurelius Augustinus nachvollziehen kann, ganz offensichtlich. Auch wenn Zinedines Kopfarbeit mehr der Sphäre des Sinnlich-Manifesten zuzuordnen ist.

Samstag, 27. August 2011

Preußisch-tenorisch-humorisch



 Max war auch auffer Hochzeit. Und für Max-Raabe-Fans hier noch der Überknüller "Klonen kann sich lohnen".

Preußisch-katholisch, nicht ultramontan


Das Bild hat nicht unbedingt mit der Hochzeit des preußischen Kronprinzen mit seiner durchlauchten Verlobten zu tun. Es ist das Bild der Urgroßmutter des Bräutigams. Und ich stelle es nur auf den Blog, weil es mal ein bißchen Glamour vermittelt. Mit Glamour hattens die Preußen bekanntermaßen nicht so. Und die heutige Hochzeit, zu der der Bräutigam Seine Königliche und Kaiserliche Hoheit Kronprinz Georg Friedrich von Preußen im Cut und Zylinder, seine Braut Ihro Durchlaucht Prinzessin Sophie zu Isenburg im Designerkleid und mit Schleppe aber ohne Schleier erschienen, war so recht bürgerlich-konform, sieht man von den ausgeprägt adeligen Nasen des Brautpaars ab.

Einzig der Auftritt des Schneiders, Wolfgang Joop, vermittelt ein bißchen ganz unpreußischen Glitter, aber daß Jopp den Anzug einem britischen Dandy abgekauft hat, sagt ja wohl alles.

Die Reaktion der deutschen Öffentlichkeit, inclusive der deutschen Veröffentlichkeit zeigt mir aber, daß zum modernen deutschen Nationalcharakter, wie ja auch zum modernen Charakter des katholischen Deutschen vor allem die Lust an der nur vermeintlichen Selbstkritik gehört. Denn ebenso wie der deutsche Durchschnittskatholik an der - nehmen wir ein Beispiel und sagen wir es in Achtundsechzigerisch - respressiven Sexualmoral der katholischen Kirche rumnörgelt, nölt der durchschnittliche Feuilletonjournaillist mit Vorliebe über die Preußen.

So wie die katholische Kirche an allem schuld ist, vom Hunger in der Dritten Welt (wg. des Verbots der Pille) über den deutschen Nationalsozialismus (wg. Pius XII) bis zur Aidskatastrophe (wg. Kondome), so ist für das durchschnittsdeutsche Feuilletonnörgeli der Preuße schlechthin an allem schuld, schlichtweg an allem, was in der deutschen Geschichte des vorigen und vorvorigen Jahrhunderts so alles schiefgelaufen ist.

Ich sehe davon ab, hier links zu setzen, denn bis jetzt habe ich kein Beispiel gefunden, wo ein Schreiber mal wenigstens ein bißchen sein erlauchtes Haupt aus dem journaillistischen Schlammbambes erhebt. Auch die katholische Presse setzt sich nicht von der muhenden und mähenden Meute ab.
Heute wird Rainer Maria Woelki in seine neues Amt als Erzbischof von Berlin eingeführt. Im Fernsehen kann man das leider nicht verfolgen. RBB übeträgt lieber eine preußische Prinzenhochzeit.
Schreibt Markus Reder heute in der "Tagespost". Ich habe ja mal ein bißchen als Freizeitjounaillist herumgepusselt. Eins hab ich gelernt. Das wichtigste an der Nachricht ist ihre Relevanz. Je seltener eine Ereignis, desto größer seine Relevanz. Wie häufig ereignete sich im letzten Jahrhundert die Hochzeit eines Kronprinzen des ehemaligen deutschen Kaiserhauses? Und wie häufig ereignete sich die Amtseinführung eines deutschen Bischofs? Ersteres ereignete sich noch weniger häufig als eine in Deutschland beobachtbare totale Sonnenfinsternis, gerade dreimal.

Fünfhundert Jahre lang hat das Haus Hohenzollern die Geschichte der Mark Brandenburg geprägt. Und nun sollte der zuständige Regionalsender darüber nicht berichten dürfen?

Die katholische Selbstbezogenheit und eine gewisse Unfähigkeit zur Realpolitik haben die Katastrophe des preußisch-deutschen Kulturkampfes mit verursacht. Nicht erkannt zu haben, daß nicht die preußischen Könige, sondern die liberale Mehrheit des preußischen und später deutschen Parlaments die treibende Kraft hinter dem Kulturkampf war, war letztlich eine der Ursachen der deutschen Katastrophe. Wo das preußische Königshaus wirklich stand, hätte man am heutigen Ereignis gut nachvollziehen können.

Die Potsdamer Friedenskirche gehört zu den meist gelungenen und kunstvollen Bauten, die Friedrich Wilhelm IV, der Vater des ersten deutschen Kaisers, errichten ließ. Ihr wichtigster Schmuck ist ein altes venezianische Mosaik aus dem 13. Jahrhundert, sie ist nach dem Vorbild einer italienischen Kirche gestaltet, die Anlage orientiert sich am Vorbild historischer Klosterbauten. Der Altar wird überwölbt durch ein Ziborium mit vier kostbaren Säulen aus sibirischem Jaspis, ein Geschenk des russischen Zaren Alexander des I. Ein einzigartiges "ökumenisches" Kunstwerk also.

Auf dem Gelände finden sich die Gräber von Friedrich Wilhelm IV und seiner Ehefrau Elisabeth von Bayern. Der protestantische König war mit einer katholischen Prinzessin verheiratet. Und beendete auch aus persönlichem Interesse den ersten preußischen Kulturkampf, der ja schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann. Auch Kronprinz Georg Friedrich heiratete heute eine Katholikin. An der ökumenischen Hochzeit waren neben einem protestantischen Pfarrer, der für gewöhnlich in Jerusalem wirkt, auch der Altabt des Zisterzienserklosters Heiligenkreuz Gregor Henckel von Donnersmarck.

Heute heiratete ein Nachfahr des preußischen Königs, der einst auch für Katholiken Religionsfreiheit in seinem Land garantierte, in dem jeder nach seiner facon selig werden durfte. Der mit eigenen Mitteln für die Katholiken seiner Hauptstadt eine Kathedrale errichten ließ, in einer Zeit, in der die meisten Länder Nordeuropas noch weit von echter Religionsfreiheit entfernt waren.

Hätte doch einen Bericht wert sein können.

Aber stattdessen lese ich in einem meiner katholischen Aboblätter obiges. Und in der "Vatikan" bekennt sich Mosebach zum Ultramontanismus des 19. Jahrhunderts. Der aber war nicht nur Ausdruck katholischen Selbstbewußtseins und Unabhängikeit, sondern auch Ausdruck der Realitätsferne des politischen Katholizismus des 19. Jahrhunderts.

Im Zeitalter der Nationalstaaten waren die Katholiken noch nicht einmal im 20. Jahrhundert angekommen. Ich besitze eine Ausgabe des Schott aus den dreißiger Jahren. Dort ist nach wie vor unter den großen Fürbitten eine Fürbitte für den Kaiser abgedruckt - den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Das bekanntlich schon im Jahre 1806 den Weg allen Irdischen gegangen war.

Manchmal stehe ich außerhalb meines eigenen Katholischseins. Und bin auf einmal wieder preußisch-hanseatisch. Und finde Katholen einfach doof.

Na ja, so doof auch wieder nicht. Der Spiegel unterbietet jedes denkbare Niveau noch immer mit Leichtigkeit.

Die Welt ist heute allerdings kaum zu toppen: 

"Der Sender übertrug am Samstag im Verbund mit dem SWR und dem Hessischen Rundfunk drei Stunden lang die Hochzeit des Chefs des Hauses Hohenzollern, Georg Friedrich Prinz von Preußen, mit Sophie Prinzessin von Isenburg. Warum? Weil Georg Friedrich heute unser aller Kaiser wäre, wenn nicht die Amis, Franzosen und Briten nach dem Ersten Weltkrieg darauf bestanden hätten, mit einer demokratischen Regierung zu verhandeln – und nicht mit dem Mann, der den Weltenbrand an vorderster Front entfacht hatte. Liebe Programmmacher, liebe Preußen-Profiteure aus Westdeutschland, ihr müsst jetzt tapfer sein: Die Monarchie wurde 1918 in Deutschland abgeschafft. Für seinen Ururgroßvater kann der Prinz von Preußen nichts. Aber wieso soll er nun plötzlich wieder was davon haben?"

Nun, die These von der deutschen Alleinschuld am Ersten Weltkrieg wird von seriösen Historikern nicht vertreten. Das Deutschland des Jahres 1918 war eine konstitutionelle Monarchie,  die letzten Wahlen hatten zu einer parlamentarischen Mehrheit der SPD und des katholischen Zentrums geführt. Eine demokratische Regierung hatte Deutschland im Jahre 1918. Ihr Kanzler war der liberale Aristokrat Max von Baden, seinem Kabinett gehörte unter anderem der Sozialdemokrat Scheidemann an. 


Der Artikelschreiber läßt übrigens eine Umfrage zu, ob sich die Leser wohl einen deutschen Kaiser wünschen. Die Mehrheit ist dafür. Find ich lustig. Vielleicht hat ja den Lesern auch nur imponiert, daß sich die nordischen konstitutionellen Monarchien Großbrittaniens, Dänemarks, Norwegens und Schwedens aus dem Euroschlamassel rausgehalten haben? Der Frage sollte man mal nachgehen.

Donnerstag, 25. August 2011

Norddeutscher Bund

     

Daß Männer und Frauen einfach nicht zusammen passen, wird in diesem Sketch schlüssig nachgewiesen. Ein absoluter Klassiker mit Vicco von Bülow und Evelyn Hamann in einer ihrer Starrollen. Der Norddeutsche Bund gewissermaßen in Aktion. Evelyn Hamman stammt aus Hammurch. Loriot aus Brandenburch.

Preußen und die Hanse formten im 19. Jahrhundert zunächst den Norddeutschen Bund, wurden mit der Reichsgründung dann die Kernländer des Deutschen Reiches. Die Farben Preußens - Schwarz/Weiß - und die Farben der Hanse - Rot/Weiß - verschmolzen zur schwarzweißroten Fahne des Norddeutschen Bundes, später Fahne des Deutschen Kaiserreichs.

Die Szene beweist, daß der Gipfel des Humors der Nicht-Humor ist. Die nordische Stiffness das Geheimnis des Absurden. Das Absurde das Geheimnis des Witzes.

Man kann diese Szene urkomisch finden oder einfach ganz normal. Nach 39 Jahren Ehe tendiere ich zu normal.

Im übrigen ein urchristliches Thema. Würden Männer und Frauen zueinander passen, bedürfte es keines Scheidungsverbots. (Siehe Matthäus 19, 10).) Das Geheimnis einer guten Ehe, so lehrt uns der große Moraltheologe Loriot, ist es, die Contenance zu wahren.

P.S. Selbst dann, wenn man die Nacht auf der Couch verbringen muß.


Mittwoch, 24. August 2011

Lustig? ...... Ach!



Ich hab jeden Streifen von Loriot gesehen. Zugegeben, manchmal bricht mir der kalte Angstschweiß aus. Herr Müller Lüdenscheid, der Counterpart von Dr. Klöbner zum Beispiel, erinnert mich ungemein an meinen Onkel H., Berufssoldat, preußischer WII Offizier. Und die Ehefrau aus dem Frühstücksei-Sketch erinnert mich an die eisigen Damen, die sich um den Geburtstagstisch meines geliebten Großvaters versammelten.

Preußisch, nordisch, ultraeisecool, von einer Stiffness, die selbst einen britischen Tory noch exaltiert aussehen läßt.

Preußen sind nicht lustig im eigentlichen Sinn, in dem Sinn, in dem eine Karnevalsgesellschaft lustig sein kann. In preußisch-nordischen Landen ist Fasching eine völlig unbekannte Form südlich-katholischer Lustbarkeit. Trotzdem lacht sich jeder über die Sketche des Berufsoffiziers und WeltkriegII-Oberstleutnant, Träger des Eisernen Kreuzes Erster Klasse, Krautjunker Vicco von Bülow schief. Loriot ist wahrscheinlich der einzige Mensch auf der Welt, der sowohl mit dem Eisernen Kreuz Erster Klasse und mit dem Karl-Valentin-Orden ausgezeichnet wurde.

Die hohe Kunst des preußischen Humors beruht auf der Perfektion der höflich korrekten unerschütterlichen Stiffness. Offenkundig erheitert es Menschen, wenn sich zwei wildfremde Herren, die sich absurderweise in der selben Badewanne befinden, gleichwohl mit ihren Titeln anreden, und über die Temperatur des Badewassers verhandeln, als ginge es um den Friedensvertrag zweier kriegführender Nationen.

Die Menschen, die Loriot darstellt, werden in den aktuellen Ergüssen des Feuilletons locker als  Spießer denunziert. Doch bei Dr. Klöbner und Herrn Müller-Lüdenscheid handelt es sich um Menschen, die auch in einer einer völlig aberwitzigen Situation nicht die ehernen Regeln der Courtoisie vergessen. Wahre Helden des Alltags. Sie bewahren Haltung und Stil.

Manchmal beschleicht mich der Gedanke, ob der preußische Edelmann von Bülow mit seinen Sketchen nicht vielmehr die Zuschauer zu Witzfiguren machen wollte. Sie finden das lustig? .... Ach.

Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen, gehört zu den Kernsätzen des Loriotschen Schaffens. Loriot selbst war seit 1951 glücklich verheiratet. Um eine christliche Ehe zu führen, braucht es offenkundig sehr viel Humor.

Der Karikaturist der preußischen Korrektheit Loriot und der Protagonist der hanseatischen Eisecoolness Helmut Schmidt sind einfach ein geniales Paar. Wer einen Hanseaten zum Lachen bringt, hat seinen Karl-Valentin-Orden redlich verdient. Beide sind übrigens Meister der Kunstpause.

Montag, 22. August 2011

Fast hätt´ichs vergessen: nada te turbe.



Die Gelegenheit auf den neuen Blog einer virgo consecrata hinzuweisen, und auf eine Botschaft, die ich fast vergessen hatte. La paciencia todo lo alcanza. Geduld erreicht alles.

Freitag, 19. August 2011

Sabberwocky and the pope


1.500.000 junge Menschen werden zum Weltjugendtag in Spanien erwartet. 5.000 nicht mehr ganz so junge demonstrieren dagegen. Wenn ich die Qualitätszeitung aufschlage, die ich abonniert habe, mit dem heutigen Bericht über den Weltjugendtag, wird da auf Seite Eins über die Demonstration der 5.000 berichtet, auf den Seiten Zwei und Drei - immerhin - über die Begegnung der 1.500.000 mit dem Papst. Ich lese die Tabloid-Version, die ist immer noch ein bißchen schlechter als das klassische Format.

Garniert wird der Artikel auf Seite Eins mit dem Bild zweier junger Schwuler mit Dreitagebart, die sich - Papamobil im Hintergrund - so richtig ausgiebig besabbern. Die schwule Szene in Spanier hat nämlich anläßlich des Papstbesuches zu einem Kiss-In aufgerufen.

Anderen Menschen beim Austausch von schleimigen und klebrigen Körperflüssigkeiten zuzusehen turnt mich nicht nur überhaupt nicht an, sondern verursacht bei mir Brechreiz. Ganz unabhängig von der vielzitierten sexuellen Orientierung. Bei den in der modernen Filmkunst unvermeidlichen Knutsch und Vögelszene drück ich den Fast-Forward-Knopf. Ebenso beim Auftritt des unvermeidlichen Quotenschwulen notabene der unvermeidlichen Quotenlesbe.

Könnte mir gut vorstellen, daß sagen wir mal 85 Pro Zent der Betrachter dieses Titelbildes sich gleich anschließend den Finger in den Hals gesteckt haben, um mal wieder so richtig ausgiebig zu kotzen.

In der Gänze ein sehr hübsch anschauliches Beispiel dafür, daß der deutsche Journaillismus eigentlich voll schräg drauf ist. Da sind offenbar nicht nur die politischen, sondern auch die ästhetischen Maßstäbe völlig aus dem Lot. Wieviel Prozent der Leser fanden dieses Titelbild wohl so richtig schlecht? To say the least. Oder wollte da ein catholic-Guerilla-Fotojournalist zeigen, wie man diese Art der Demos finden soll?

Zum Kotzen nämlich.

Wer diesen Blog kennt, weiß ja, daß ich als Ex-Sex-Pol-Ober-Aktivist Härten gewohnt bin. Pornos fand ich mal waaaaaahnsinnig emanzipatorisch.

Hat sich gelegt. Nix ist unerotischer als der klassische Rammel-Bammel-Porno. Nix turnt mich mehr ab als die alljährliche Softporno-CSD-Parade. Aber die mittelalten Typen, die Zeitungen mit Müll volltexten den wahrscheinlich keine Sau liest, oder mit Fotos garnieren, die keiner sehen will, sind offenbar heute da angekommen, wo ich als pubertierender Sexpolaktivist mit Sweet-Seventeen angefangen habe. Wenn man als Pickelschlacks keine abkriegt, kommt man manchmal auf komische Ideen. Vielleicht auch auf die Idee, andere pickelige Schlackse vollzusabbern.

War ne harte Zeit. Hat mich mindestens eine Zillion Tuben Clearasil gekostet, um diese harten Zeiten endlich hinter mir zu lassen. Aber in der Zeit hab ich auch eine Menge geistiges Clearasil verpasst bekommen.Das fehlt offenbar den meisten Journaillisten, die ja, wie man weiß, meistens keine abgekriegt haben. Sondern in ihrem unfreiwilligen Zölibat offenkundig auf genau so schräge Ideen kommen wie oben zitierter Pickelschlacks.

Sabberwocky auf Seite Eins. Währggs.

Wie man liest, haben die jungen Menschen, die in Reichweite dieser besonders aggressiven Sorte von politisch korrekten Idioten geraten sind, mit gemeinsamen Gebeten reagiert. Könnt ich nicht. An der Sorte geistigem Clearasil gebricht es mir leider. Mir fällt da eher ganz spontan mein Lieblingsgedicht vom Sabberwock, äh Jabberwock ein. Geschrieben von einem zölibatär lebenden anglikanischen Diakon, dem geliebten Lewis Carroll.


Jabberwocky

 'Twas brillig, and the slithy toves 
Did gyre and gimble in the wabe; 
All mimsy were the borogoves, 
And the mome raths outgrabe. 

 "Beware the Jabberwock, my son! 
The jaws that bite, the claws that catch! 
Beware the Jubjub bird, and shun 
The frumious Bandersnatch!" 

 He took his vorpal sword in hand: 
Long time the manxome foe he sought-- 
So rested he by the Tumtum tree, 
And stood awhile in thought. 

 And as in uffish thought he stood, 
The Jabberwock, with eyes of flame, 
Came whiffling through the tulgey wood, 
And burbled as it came! 

One, two! One, two! and through and through 
The vorpal blade went snicker-snack! 
He left it dead, and with its head 
He went galumphing back. "

And hast thou slain the Jabberwock? 
Come to my arms, my beamish boy! 
O frabjous day! Callooh! Callay!" 
He chortled in his joy. 

 'Twas brillig, and the slithy toves 
Did gyre and gimble in the wabe; 
All mimsy were the borogoves, 
And the mome raths outgrabe. 

 Ein christliches Thema, so to say, die Tötung des Drachen durch den tapferen Kämpfer, der die Unschuld verteidigt. Bei einem christlichen Diakon kann man wohl davon ausgehen, daß er bei diesem Gedicht an St. Georg oder den St. Michael, Archangel, gedacht hat. Mehr über den Jabberwocky hier

Samstag, 13. August 2011

Catholic rock?

      

War Kirchenmusik nicht schon immer Pop? Es kann eigentlich nicht anders sein, wenn man sich anhört, wie Steve Winwood die Hammond B3, die ja eigentlich für die Kirchenmusik konzipiert war, in seine Kompositionen einbaut.

Ein youtube-Leser hat da offenbar ähnliche Assoziationen
The organ tone in this tune is the most raunchy, nasty, filthiest thing I have heard from a black and white video. It's absoultely perfect! It sounds like young Stevie Winwood ran away from catholic school, but before he did, he stole the organ from the church that the Benevolent Holy Sisters raised money to buy.
Keine Ahnung, ob Stevie wirklich an eine Schule der Benevolent Holy Sisters gegangen ist. Jedenfalls könnte der Text von "Higher love" von Epheser 5, 21 ff. inspiriert sein.

Think about it, there must be higher love
Down in the heart or hidden in the stars above
Without it, life is wasted time
Look inside your heart, I'll look inside mine


Freitag, 12. August 2011

Mahalia Jackson and Hammond B3: Most holy music



In den 60iger Jahren spielte ich in einer kleinen R+B Gruppe. Unser Leadsänger und Organist war der totale Steve Winwood - und damit auch der totale Hammond B3-Fan. Eine Hammond B3 zu besitzen, und auf ihr spielen zu dürfen, war unser Traum. Unsere Traummaschine war allerdings unerschwinglich, die B3 war und ist auch heute richtig teuer, vor allem die "echte" elektromechanische, die seit 1974 nicht mehr hergestellt wird. Aber dieser Traum hatte eine spirituelle Dimension.

Unsere musikalische Herkunft war das christliche Gospel, das wir in den Zeiten, als wir noch die "Hausband" des örtlichen CVJM waren, so "schwarz" sangen und spielten, wie es nur irgend ging.

Elsa hat mich an meine Verehrung für dieses Instrument, das gewissermaßen das Instrument des Gospel war, erinnert. Und an meine Verehrung für die Sängerin des Gospel, Mahalia Jackson. Die B3, bzw. die technisch identische C3 war als elektromechanischer Ersatz für eine echte Pfeifenorgel und für kleine Kirchengemeinden konzipiert, die sich keine große Orgel leisten konnten. So fand sie vor allem Verbreitung in den meist ärmeren und kleineren "schwarzen" Gemeinden. Ihr Klang harmonierte in einer Weise mit dem Gesang des Gospel, als sei dieses Instrument nur für diese Form der heiligen Musik geschaffen worden.

Für mich ist Mahalias Gesang, nur begleitet von diesem seltsamen und heute altertümlichen Instrument, das etwa so selten und teuer geworden ist, wie ein AA-Bandoneon, most holy music. .

Sonntag, 7. August 2011

Wer die Alte Messe hört, der frißt auch kleine Kinder


Kann man sich eigentlich eine unchristlichere Tat vorstellen, als die Ermordung dutzender Kinder und Jugendlicher? War die Tötung eines Kindes nicht aus Sicht christlicher wie im übrigen auch islamischer Tradition nicht die denkbar verachtenswerteste Untat? Unterschieden sich die Christen der Antike von ihrer Umgebung nicht dadurch, daß sie Kindern das Lebensrecht zusprachen? Heißt es nicht im Diognet-Brief
Sie heiraten wie alle und zeugen Kinder, jedoch setzen sie die Neugeborenen nicht aus.
Daß sich der Massenmörder Breivik im Ernst auf das Christentum berufen kann, nimmt eigentlich keiner an, der noch alle Tassen im Schrank hat. Was nun nicht heißt, daß man den Massenmord des christlich kostümierten Freimaurers Breivik nicht für so manche nützlichen Zwecke einsetzen kann. Auch die Memorandistin Saskia Wendel konnt es sich offenbar nicht verkneifen, bei Gelegenheit den katholischen Traditionalisten, und ein bißchen auch dem Papst eine reinzuzwiebeln. Das fängt ganz harmlos an:
DIE ZEIT: Wie sieht Breiviks ideale Kirche aus? 
Wendel: Er fordert nicht nur eine Revitalisierung des Christentums, sondern auch eine konservative Revolution der katholischen Kirche. Er will die Öffnungen, die das Zweite Vatikanum in den sechziger Jahren vollzogen hat, rückgängig machen und den alten Exklusivismus ins Recht setzen. Extra ecclesiam nulla salus: Die katholische Kirche ist die einzig wahre Kirche. Er kritisiert ihr Bekenntnis zur Religionsfreiheit und die Öffnung zum Islam. 
DIE ZEIT: Damit steht er aber nicht allein. 
Wendel: Nein, das sind klassische Topoi des katholischen Traditionalismus. Breivik hat zutiefst antimoderne Einstellungen etwa zur Abtreibung, zur Empfängnisverhütung, zur Geschlechtergerechtigkeit. Deshalb polemisiert er auch gegen Frauenordination und gegen die Anerkennung von Homosexualität durch die Kirche. Er lobt den Reichtum der Liturgie und die apostolische Sukzession, setzt die Autorität des katholischen Lehramtes gegen beliebige Deutungen der Schrift und betont die Unfehlbarkeit des Papstes.
Das Verbot der Abtreibung, wie auch der künstlichem Empfängnisverhütung, die Ablehnung der Homoehe wie auch der Frauenordination sind also "Topoi des katholischen Traditionalismus". Das war uns nun als Kenner der Position der Memofreis nicht wirklich neu. Aber das war ja noch nicht alles:
Konservative Katholiken, die viele von Breiviks Ansichten teilen, sind deshalb noch keine Fundamentalisten. Aber es gibt durchaus eine fließende Grenze. Mit Furcht vor Freiheit und Pluralität fängt es an, und wenn dann noch ein überzogenes Sendungsbewusstsein ins Spiel kommt, wenn das staatliche Gewaltmonopol nicht mehr anerkannt wird, wenn aus religiösen Überzeugungen direkt politische Forderungen abgeleitet werden – dann wird die Grenze zum Fundamentalismus überschritten. Bei bestimmten traditionalistischen Gruppierungen in der katholischen Kirche gibt es womöglich auch antidemokratische Einstellungen. Sollte hier ein Gewaltpotenzial entstehen, muss der Staat seine Schutzfunktion erfüllen. Das sind dann keine rein innerkirchlichen Angelegenheiten mehr.
Die Gründung der KAF, der Katholischen Armee Fraktion steht also unmittelbar bevor. Und es gibt eine fließende Grenze zum "christlichen"Terrorismus. Kenn ich. Als politisierender Student lebte ich mal ganz nahe an einer fließenden Grenze (zur RAF). Und sah eines Tages in die Mündung einer  HK MP5.

Und dann dieser "Jargon der Eigentlichkeit".  Da gibt es "womöglich auch" antidemokratische Einstellungen. Warum so zögerlich? Sagen wir es doch rund heraus, Zeit ist Sesterz. Wenn aus religiösen Überzeugungen politische Forderungen abgeleitet werden, dann ist da schon Fundamentalismus. Das gilt dann für die gesamte katholische Kirche, die Abtreibung als Verbrechen ansieht, die Homoehe ablehnt, die künstliche Befruchtung als widernatürlich ansieht, Euthanasie und vorgeburtliche Selektion ablehnt und und und.

Vor allem der Plural "Gruppierungen" macht mich neugierig. Da wüßte ich doch gerne mehr. Wer sind sie, die "Gruppierungen", gegen die "uns" der Staat schützen muß? Daß die Piusbruderschaft dazu gehört, kann man aus diesem Interview ohne Mühe herauslesen. Da sind sich Interviewer und Interviewte offenkundig gänzlich einig. Aber wer noch? Die Petrusbruderschaft? Die Lebenschützer? Die Anhänger der Alten Messe? Gregorianische Scholen? Die Unterzeichner der Petition "Pro Ecclesia"? Die Mitglieder von "Pro Sancta Ecclesia? Die Leser des Vatican Magazin? Matthias Matussek? Martin Mosebach? Das Priesternetzwerk? Die Blogozese? Auf alle paßt der Steckbrief, den die "Zeit" und die Frau Theologin entwickelt haben. Auch auf den Papst. Auch wenn der großzügigerweise noch nicht zum Bewohner der fließenden Grenze gemacht wird.

Khmer mauve - Der Juchtenkäfer als Objekt der Anbetung


Den Nachgeborenen muß man das wohl erklären. In den 70igern trugen die französischen Grünen, die Verts, damals noch radikaler misantrophisch als heute "Khmer verts". Sie wollten, so unterstellte man den Grünen damals keineswegs zu unrecht, wie die Khmer Rouge das Land deindustrialisieren und eine primitive, autoritär strukturierte Ökodiktatur errichten. Die Assoziation mit dem Massenmord der Roten Khmer war gewollt.

Eine Beschimpfung, die die "Verts" locker nahmen. Waren sie doch selbst zu nicht unerheblichen Teilen wenige Jahre zuvor noch "bei den Maos" und damit Anhänger eben dieser Khmer Rouge. Auch diesseits des Rheins sah es ja nicht besser aus. Schickte die Partei, der der heutige grüne Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg Anfang der 70iger Jahre noch angehörte,  der KBW, nicht noch 1979 nach dem Sturz des massenmörderischen Pol-Pot-Regimes Solidaritätsadressen an das von den kommunistischen Massenmördern der Khmer rouge repräsentierte "Demokratische Kampuchea", zu einem Zeitpunkt also, zu dem der mörderische Charakter des Regimes jedem Zeitungsleser bekannt sein mußte?

Was aber machte die mörderische Radikalität dieses Regimes eigentlich aus? Es war, so sehe ich das als ehemaliger "Mao" und langjähriges Mitglied der Deutschen "Verts", die diesseitsorientierte Erhebung einer politischen Vision zu einer Quasireligion. Der politische Chiliasmus, der das Paradies auf Erden errichten will, und stets im Massenmord endet.

Christen sollten gegen die religiöse Überhöhung der Politik gefeit sein. Machen sie aus jeder alltagspolitischen Entscheidung eine von Glauben oder Nichtglauben, sollten sie sich fragen, woran sie wirklich glauben. Begründetes Mißtrauen ist stets dann angebracht, wenn Mitchristen politische Entscheidungen wirklich jeder, vor allem alltagspolitischer Art direkt aus ihrem "Glauben" begründen wollen. Allen voran Heiner Geißler, auch so ein BaWü-Aktivist, der ja immer genau weiß, was Jesus Christus heute sagen würde. Und daß Jesus Christus, genau so wie Heiner Geißler, auch für die Finanztransaktionssteuer wäre.

Aber der Geißlerismus ist durchaus steigerungsfähig, zum Beispiel so:
1. S21 ist ein Projekt menschlicher Überheblichkeit 
Das Gebot, Gottes Schöpfung zu bebauen und zu bewahren (1.Mose 2,15), schließt menschliche Selbstherrlichkeit aus. Darauf weist die biblische Tradition in vielfältiger Weise hin, beginnend mit der Überlieferung vom Turmbau zu Babel (1.Mose 11). 
Für S21 muss ein gigantischer Aufwand an Tunnelbauten und Maßnahmen zum Schutz von Mineral- und Grundwasser betrieben werden, ohne dass dem ein entsprechender zusätzlicher Nutzen gegenüber stünde. 
Wir setzen uns dafür ein, daß technologischer Fortschritt nicht als Selbstzweck gilt. Komplexe, beim Bau und im Betrieb störanfällige, risikobehaftete Technologien ohne nennenswerten Nutzen lehnen wir ab.
Aus 1.Mose 2,15 und 1. Mose 11 folgt also zwingend, logisch und unmittelbar, daß wir die Tieferlegung des Stuttgarter Bahnhofs ablehnen müssen. Ersetze Stuttgart 21 durch "Eisenbahn", verlege die Auseinandersetzung vom 19. ins 21. Jahrhundert und du weißt, wes Geistes die Theologeriche und Theologeusen sind, die diesen Unsinn verzapfen.

Ich habe ja mal nachgesehen, ob unter den Unterzeichnern etwa katholische Memorandisten zu finden sind und bin nicht fündig geworden. Irgendwie beruhigend, daß die Selbstsäkularisierung der LilaPausenKirche noch weit fortgeschrittener ist als die des modernistischen Flügels der Deutschen Katholiken.

Eher beunruhigend, daß es nach den Khmer Rouge, den Khmer Verts nun auch noch noch die Khmer Mauve gibt.

Was es mit dem Juchtenkäfer auf sich hat, läßt sich hier nachlesen.