Samstag, 21. Februar 2009

Mord, Modernismus und das goldene Zeitalter

   Hans Küng hat uns ja vor wenigen Wochen gemeinsam mit den üblichen Verdächtigen mit einem flammenden Aufruf gegen den Papst, und gegen den "Antimodernismus"  - also für den Modernismus - erfreut. Heute veröffentlicht er, angesichts des Siechtums seines engen Freundes Walter Jens, ein ebenso flammendes Plädoyer für den assistierten Selbstmord und erinnert daran, was er und Walter Jens vor einigen Jahren in einem gemeinsamen Buch forderten.
„Die Poesie, deren Wesen es ist, in Gleichnis und Bild eine ars vivendi zu lehren, sollte entschiedener als bisher die Partei jener ergreifen, die jenes fünfte Recht der Kranken und Sterbenden ins Blickfeld rücken, das Recht, nicht leiden zu müssen, sondern in Frieden und Würde sterben zu können. Millionen von Menschen könnten, wie Hans Küng und ich, gelassener ihrer Arbeit nachgehen, wenn sie wüssten, dass ihnen eines Tages ein Arzt zur Seite stünde: kein Spezialist, sondern ein Hausarzt wie Dr. Max Schur es war, einer der bewundernswertesten Männer dieses Jahrhunderts, der nicht zögerte, seinem Patienten Sigmund Freud die tödliche Morphium-Dosis zu geben ...“
   Der Artikel ist mit Sicherheit einer der selbst-entlarvendsten Beiträge des Gelehrten Küng und bedarf keines weiteren Kommentars. Jedenfalls endet der Artikel mit dem Aufruf, hinfort doch nicht mehr das böse Wort "Selbstmord" zu gebrauchen und sich doch bitte nicht mehr so extensiv über die Todesmaschinen eines gewissen Juristen aufzuregen. Nur selten hat man die Gelegenheit, den Zusammenhang zwischen Küngs fadenscheiniger Theologie und der passenden fadenscheinigen Ethik zu beobachten.
   Angesichts der Debatte erscheint Chestertons flammendes Pladoyer gegen den - horribile dictu - Selbstmord und die Automaten eines gewissen William Archer beklemmend prophetisch. Das goldene Zeitalter, vor dem sich Chesterton so gefürchtet hat, hat begonnen.
Mr. William Archer suggested that in the golden age there would be penny-in-the-slot machines, by which a man could kill himself for a penny. In all this I found myself utterly hostile to many who called themselves liberal and humane. Not only is suicide a sin, it is the sin. It is the ultimate and absolute evil, the refusal to take an interest in existence; the refusal to take the oath of loyalty to life. The man who kills a man, kills a man. The man who kills himself, kills all men; as far as he is concerned he wipes out the world. His act is worse (symbolically considered) than any rape or dynamite outrage. For it destroys all buildings: it insults all women. The thief is satisfied with diamonds; but the suicide is not: that is his crime. He cannot be bribed, even by the blazing stones of the Celestial City. The thief compliments the things he steals, if not the owner of them. But the suicide insults everything on earth by not stealing it. He defiles every flower by refusing to live for its sake. There is not a tiny creature in the cosmos at whom his death is not a sneer. When a man hangs himself on a tree, the leaves might fall off in anger and the birds fly away in fury: for each has received a personal affront. Of course there may be pathetic emotional excuses for the act. There often are for rape, and there almost always are for dynamite. But if it comes to clear ideas and the intelligent meaning of things, then there is much more rational and philosophic truth in the burial at the cross-roads and the stake driven through the body, than in Mr. Archer's suicidal automatic machines.
Gilbert Keith Chesterton, Orthodoxy

1 Kommentar:

Thomas hat gesagt…

Ach der Küng mal wieder. Habe lange nichts über ihn lesen müssen. Wird der überhaupt noch irgendwo ernst genommen?

Nebenbei: Die Lehre von Weltzeitaltern deckt sich mit dem Entropiesatz der Physik und der weist unerbittlich in eine Richtung: auf die unwiderrufliche Zunahme der Unordnung. Folglich begann die Menschheit ihr Dasein im Goldenen Zeitalter und wird im Eisernen beenden. Einige behaupten nun, genau da wären wir angekommen.