Samstag, 14. März 2009

Sicut enim fulgur exit ab oriente ...

   
Denn gleichwie ein Blitz ausgeht vom Aufgang und scheint bis zum Niedergang, also wird auch sein die Zukunft des Menschensohnes.(Mt 24,27)
   Vom Aufgang, ab oriente, vom Osten her wird der Menschensohn kommen. So steht es im Matthäusevangelium, doch die Idee, daß der Herr vom Osten kommen wird, ist älter. Sie findet sich bereits in den Prophetenbüchern des Alten Testaments, unter anderem, aber nicht nur bei dem Propheten Ezechiel, der im Babylonischen Exil lebte (ab 598 a.D.).
   In einer seiner kraftvollen und farbenreichen Visionen sah Ezechiel den Neuen Tempel. Kapitel um Kapitel befaßt sich Ezechiel mit dem Bau dieses Tempel, präzise, bis in die Maßangaben hinein. Und in diesen Tempel wird der Herr kommen. (Ez. 43, 1 f.)
1.Und er führte mich wieder zum Tor gegen Morgen.
2. Und siehe, die Herrlichkeit des Gottes Israels kam von Morgen und brauste, wie ein großes Wasser braust; und es ward sehr licht auf der Erde von seiner Herrlichkeit.
3. Und es war eben wie das Gesicht, das ich sah, da ich kam, daß die Stadt sollte zerstört werden, und wie das Gesicht, das ich gesehen hatte am Wasser Chebar. Da fiel ich nieder auf mein Angesicht.
4. Und die Herrlichkeit des HERRN kam hinein zum Hause durchs Tor gegen Morgen.
Dieses Tor wird zukünftig heilig und unberührbar sein. (Ez. 44, 1 f.)
1. Und er führte mich wiederum zu dem äußern Tor des Heiligtums gegen Morgen; es war aber verschlossen.
2. Und der HERR sprach zu mir: Dies Tor soll zugeschlossen bleiben und nicht aufgetan werden, und soll niemand dadurchgehen; denn der HERR, der Gott Israels, ist dadurch eingegangen, darum soll es zugeschlossen bleiben.
  Es gibt kaum einen Text, der in einem solchen Maß nicht nur den (Neu-)Bau des jüdischen Tempels, sondern auch Kirchenbau und Liturgie der Christen bis in unsere Zeit beeinflußt hat. Die frühesten Kirchen orientierten sich im wahrsten Sinn des Wortes am Bauplan des zukünftigen Tempels Ezechiels. Die frühesten Kirchen waren fast ausnahmslos gewestet, das Heilige Osttor blieb bei Gottesdiensten geöffnet, um das Licht eindringen zu lassen. Später, schon in byzantinischer Zeit, schloß man dieses Tor, nun lag im Osten die Apsis und der Altar. Was blieb, war die Vorstellung, die sich in Kirchenbau und Liturgie ausdrückte, daß der Herr "sicut fulgur ab oriente" kommen würde, im Osten standen die Hochaltäre, nach Osten richteten sich die Gebete, ad orientem zelebrierten die Priester die Messe, erhoben sie die Hostien, erhoben sie die Kelche.
   Tausende von Jahren blieb das also. Dann muß irgendein Blitz eingeschlagen sein, nicht der obenerwähnte, sondern ein anderer, und er muß die Hirne der katholischen Liturgieprofessoren getroffen haben.

1 Kommentar:

Katholik hat gesagt…

Klasse, genau so muss es gewesen sein! Und noch die Nachkommen der ersten und bis zur dritten Generation werden darunter zu leiden haben.
Ich bin im Studium sehr von meinem Liturgieprofessor und durch die Lektüre von Klaus Gamber u. J.Ratzinger geprägt. Heute bedeutet mir auch die forma extraordinaria sehr viel.
Leider ist völlig verloren gegangen - in der Feier der Liturgie und auch im Kirchbau - dass die Liturgie "heilig" ist, Teilhabe an der Liturgie des Himmels.
Noch heute - oder gerade heute, weil manche vielleicht die letzte Chance noch nutzen wollen - werden in meinem Bistum viele Kirchen verwüstet. Was nach den Umbauten der 70er noch blieb, wird endgültig "konziliarisiert". Da wird der Altar in die Mitte gerückt, damit wir alle darum sitzen und Mahl halten können, dass Taufbecken steht im Mittelgang, weil so der Wegcharakter der Taufe unterstrichen wird und blabla...
HERR, hilf!