Samstag, 21. März 2009

Danke, Wanke! oder: Warum der Erzengel Michael arbeitslos geworden ist


   Der Amoklauf von Winnenden, der ja nach wie vor keine wirklich rationale Erklärung findet (auch um Frauenfeindlichkeit ging es wohl nicht, gelle Frau Schwarzer?), läßt so manchen über das Böse, ja sogar über den Bösen nachdenken. Auch Daniel Deckers, der in Blogozesenkreisen ja so beliebte deutschkatholische Redakteur der mittlerweile so stramm deutschkatholischen  (Deckers, Fischer, Bahners) FAZ denkt. Heute in einem Interview gemeinsam mit Bischof Wanke. Das Ergebnis wollen wir gleich vorwegnehmen: Nein, den Bösen gibt es eigentlich so irgendwie doch gar nicht:
D.D.: Gibt es nur "das Böse" oder auch "den Bösen"?
Wanke: Wenn eine Freiheitstat am Anfang des Bösen steht, wird verständlich, dass im christlichen Glauben "das Böse" immer auch eine personale Dimension hat. Doch ist die Rede von der Personalität des Bösen, etwa als Satan oder Teufel, nicht mit menschlichem Person-Sein gleichzusetzen. Wo es nur noch reine Verneinung gibt, kann es an sich keine Personalität, keine Kommunikation geben. Für mich ist das Böse so etwas wie ein "schwarzes Loch", das alles in sich verschlingt, aber keinen Lichtstrahl aus sich herauslässt.
  Inspirierend. Aber könnte es sein, daß Bischof Wanke sich vielleicht eher an dem Spielfilm "Das Fünfte Element" (wo Weltenretter Bruce Willis so eine Art Schwarzes Loch bekämpft) als an Bibel, Heiliger Tradition und Katechismus orientiert hat? Der KKK hat jedenfalls keine Zweifel an der Existenz des diabolus:
Hinter der Entscheidung unserer Stammeltern zum Ungehorsam steht eine verführerische widergöttliche Stimme [Vgl. Gen 3,1-5.], die sie aus Neid in den Tod fallen läßt [Vgl. weish 2,24]. Die Schrift und die Überlieferung der Kirche erblicken in diesem Wesen einen gefallenen Engel, der Satan oder Teufel genannt wird [Vgl. Joh 8,44; Offb 12,9.]. Die Kirche lehrt, daß er zuerst ein von Gott erschaffener guter Engel war. ,,Die Teufel und die anderen Dämonen wurden zwar von Gott ihrer Natur nach gut geschaffen, sie wurden aber selbst durch sich böse" (4. K. im Lateran 1215: DS 800). (Rdn. 391)
   Also kein apersonales Schwarzes Loch, sondern eine konkrete Persönlichkeit. Aber hören wir weiter:
D.D.: Das "Vater unser", das von Jesus überlieferte Grundgebet der Christenheit, endet mit der Bitte um Erlösung "von dem Bösen". Warum?
Wanke: Weil Jesus - wie der Evangelist Johannes bemerkte - "wusste, was im Menschen ist". In jedem Menschen, auch dem heiligsten, steckt eine Potenz der Verneinung, eine Möglichkeit, sich dem Leben zu verweigern.
   Flutsch! Da ist die Theologenseife doch wieder den Händen des Interviewers entglitten. Also noch immer kein Teufel, sondern des Menschen Innerstes. Das Interview  geht in diesem Stil munter immer weiter. Da wird bischöflich psychologisiert, daß der Pudding wackelt, den Deckers ja so gerne an die Wand nageln würde.
   Nach diesem Interview ist mir nun sonnenklar, warum die Neue Liturgie den Erzengel Michael arbeitslos gemacht hat. Warum wir unsere Sünden nun nicht mehr dem "beato Michaeli Archangelo" bekennen, und nicht mehr der Fürbitte des "beatum Michaelem Archangelum" bedürfen, warum es kein Michaelsfest mehr gibt, sondern nur noch ein Erzengelfest, warum die Gebete an den Michael aus der katholischen Liturgie verschwunden sind. Wo kein Teufel, da brauchts ja auch den Erzengel Michael nicht mehr.
   Oder hat Wanke vielleicht nur die Schlagzeile "Bischof Wanke sieht in Winnenden den Teufel am Werk!" gefürchtet? ( Und glaubt in Wirklichkeit doch an den, wie es in der deutschen Sprache so schön heißt, "Leibhaftigen")

Die beeindruckende Statue des Erzengels steht vor der St. Michaeliskirche in Hammurch (Hamburg für Landratten) und stammt aus Zeiten, wo sogar noch Protestanten an den Leibhaftigen glaubten. So lange war das gar nicht her, 1908 hat August Vogel das Portal von St. Michaelis neu gestaltet. 

3 Kommentare:

Gregor hat gesagt…

Daß mittlerweile schon Bischöfe die Existenz des bösen Feindes - ja, man muß wohl sagen: - leugnen, ist in der Tat erschütternd. Allerdings bin ich mir nicht so sicher, ob die Frage zum Vaterunser da mit dazugehört: Ich dachte immer, da geht es tatsächlich mehr um "das" Schlimme, weshalb die ältere deutsche Fassung auch betete "erlöse uns von dem Übel". Und in der hl. Messe fährt der Priester nach dem "sed libera nos a malo" im Embolismus fort: "libera nos ... ab omnibus malis".

Johannes hat gesagt…

die griechische Urfassung wird meist mit "dem Bösen" (tou ponärou) übersetzt, im Englischen "evil one", es geht also um eine Person. Übel ist klassisch lutherisch. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, daß eher "der Böse" gemeint ist. Das Böse wird im NT vorwiegend personalisiert.

Gregor hat gesagt…

Hm, da ich mich nie weiter mit der Frage beschäftigt habe, kann ich nicht wirklich widersprechen. Aber mal so rein philologisch kann doch "τοῦ πονηροῦ" genauso gut der Genetiv von "τὸ πονηρόν" wie von "ὁ πονηρός" sein, oder übersehe ich da etwas (mein Griechisch ist schon eine Weile her)? Und es mag sein, daß "Übel" klassisch lutherisch ist, aber alle meine vorkonziliaren Schotts, genauso wie meine Gebetbücher mit oberhirtlicher Druckerlaubnis aus dem 19. Jahrhundert übersetzen so. Wie gesagt, ich will mich gar nicht darauf versteifen, weil ich davon zu wenig Ahnung habe, aber interessant finde ich es.