Montag, 6. Dezember 2010

Stecken und Stab


Ich weiß nicht, wann ich den Knecht Ruprecht aus den Augen verloren habe. Jedenfalls war er, als ich selbst noch ein kleines Kind war, noch da. Der Typ war echt zum Fürchten. Und ich bin mir ziemlich sicher, daß ich mich ein bißchen gefürchtet habe. Auch wenn ein Indianer ja eigentlich völlig furchtlos ist. 

Ganz supergruslig fand ich damals jedenfalls, daß er damit drohte, die bösen Kinder - und das waren fast immer die Jungs - in den Sack zu stecken. Dann hat er doch am Schluß kein Kind in den Sack gesteckt, es gab nur ein Standpauke, und am Schluß hat uns Nikolaus, der seinen Knecht ja immer im Griff hatte, doch was geschenkt. Ich lebte damals im Rheinland, in einer eigentlich mehrheitlich protestantischen Stadt mit katholischen Sitten, wie es im Rheinland halt so ist.

Es stellt sich nun die Frage, ob man ihm - dem Schwarzen, der im Alpenraum auch noch mit zwei Bockshörnern rumläuft - wirklich nachtrauern muß. Als papsttreuer Kirchenbürger neige ich mittlerweile  zur Ansicht, daß er uns wirklich fehlt. 

Benedikt XVI hat in jüngerer Vergangenheit immer wieder auf die fatalen Folgen einer alles verstehenden, alles verzeihenden "Liebeskirche" hingewiesen.
... seit der Mitte der 60er Jahre wurde (das kirchliche Strafrecht) einfach nicht mehr angewandt. Es herrscht das Bewußtsein die Kirche dürfe nicht Rechtskirche, sonder müsse Liebeskirche sein; sie dürfe nicht strafen. So war das Bewußtsein dafür, daß Strafe ein Akte der Liebe sein kann, erloschen. Damals kam es auch bei ganz guten Leuten zu einer merkwürdigen Verdunkelung des Denkens.
Heute müssen wir wieder neu erlernen, daß die Liebe zu dem Sünder und die Liebe zu dem Geschädigten dadurch im rechten Ausgleich stehen, daß ich den Sünder in der Form bestrafe, die möglich und die angemessene ist. Insofern gab es in der Vergangenheit eine Bewußtseinsveränderungh, durch die eine Verdunkelung des Rechts und der Notwendigkeit von Strafe eingetreten ist - letztendlich auch eine Verengung des Begriffs von Liebe, die eben nicht nur Nettigkeit und Artigkeit ist, sondern die in der Wahrheit ist. Und zur Wahrheit gehört auch, daß ich denjenigen strafen muß, der gegen die wirkliche Liebe gesündigt hat.(Licht der Welt,  42, f.)
Mitte der 60iger Jahre verschwand auch Ruprecht. Ausgemerzt durch die antiautoritäre Welle, die zuallererst die Kindergärten erfaßte. An die Stelle des teils belohnenden, teils strafenden Paaares trat dieser dickbäuchige, rotnasige Suffkopf, dessen ikonographische Gestalt letztlich von einer Firma gestaltet wurde, die koffeinhaltige Zuckerplörre verkauft.

Mittlerweile hat die Welle offenbar auch die katholische Welt erfasst. Nett, artig, lieb, politisch korrekt, selbstverständlich inclusivelanguageschraubsprechend, multikultimäßig und radikal durchgegendert, so scheint sich die katholisch sich nennende Jungschar den zeitgeistgemäßen krampusfreien Nikolausauftritt vorzustellen.

Da wächst in mir das echte Bedürfnis nach einem krachledernen Auftritt eines grimmigen, bocksgehörnten  Ruprecht (im gesamten deutschsprachigen Raum), Ascheklas, Bullerklas, Klas Bur (Westfalen, Norddeutschland), Zwarter Piet, Pietermann, Swarte Piet (Niederlande), Pulterklas (Diethmarschen) Ruklas, Rupsack (Mecklenburg) Hans Muff (= der muffige Hans), Heiliger Mann, Düvel, Zink Muff, Zink Knatsch (Niederrhein), Belzebub, Pelzebock (Eifel und Mosel), Pelzebub (Baden), Pelznickel (Pfalz und Saar), Butz (Schwaben), Rumpelklas (Allgäu), Schmutzli, Düsseli (Schweiz), Semper, Klaubauf (Bayern), Krampus (Österreich), Schiachtperchten (Salzburger Land), Partl, Bartl (Kärnten, Steiermark), Leutfresser (Ostalpen), Père Fouttard (Frankreich), Hans Trapp (Pfalz), Biggesel, Böser Klaus, Einspeiber, Gangerln, Kläuse, Klosen, Busebrecht, Buzebercht, Kehraus, Klausmänneken, Klausenpicker, Klombsack, Spitzbartl, schwarz Käsperchen, Rollebuwe, Battenmänner, Bullkater, Dollochs, Erbsbär, Spitzbartel, Buttmandeln, Treichler  Geißelchlöpfer usw. (Professor Dr. Manfred Becker-Hubertis Aufzählung ist wie meist nahezu vollständig)

Das Bild stammt von einem Blog über das Village Life in Kreis Saarburg Germany.

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