Samstag, 22. Januar 2011

Ströme von Blut


Anläßlich des Jahrestags der Hinrichtung des Königs Louis XVI hatte ich schon im vergangenen Jahr einen kurzen Eintrag verfasst. Am 21. Januar 1793 fiel auf dem Place de la Révolution, das Fallbeil der Guillotine, um den Kopf des letzten heiligen Königs der Franzosen abzuschlagen. Nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal fiel das Beil. 1119 Personen wurde in nur 2 1/2 Jahren auf diesem Platz geköpft, zuletzt der, der am lautesten den Kopf des Königs verlangte hatte, Robespierre. Place de la Concorde nannten die später nicht mehr so revolutionären Revolutionäre den Platz. Eine aparte Idee. Masenmordplatz, oder Schlachtplatz oder Place du Sang wäre wohl angemessener gewesen. Noch später schmückte man den Platz mit einem klassischen Freimaurersymbol, einem (echten) Obelisken. War nicht der Obelisk ein freimaurerisches Symbol und der Erfinder der Guillotine ein Mitglied der berühmten Loge der Neuf Sœurs? Wie passend also. Mit der Concorde - der Einigkeit - ist es in Frankreich also nicht weit her, die Vergangenheit ist noch immer nicht vergangen.

Lang scheints her zu sein. Doch ausgerechnet am 21. Januar wurde ich darauf gestoßen, daß diese Vergangenheit uns näher ist, als es scheint. Am Freitag sang unsere Schola anläßlich des Requiem eines verdienstvollen Gemeindemitglieds, der sich vor allem um die Pflege der Kirchenmusik verdient gemacht hat. Dr. W. hat sich unter anderem dafür eingesetzt, daß die Barockorgel unserer Kirche (das Gebäude selbst stammt aus den fünziger Jahren) in ihren Ursprungszustand zurückversetzt wurde. 1793 wurde die Orgel gebaut, dem Jahr der Ermordung des Königs.

Mein letztjähriger Eintrag wäre noch etwas zu ergänzen. Der "Professor", der auf dem Römerberg am 3. April 1968 den revolutionären Massen (und damit auch mir) predigte, und gelegentlich die Ermordung Ludwigs des XVIten mit der strukturellen Gewalt des Ancien Regime zu legitimieren versuchte, war gar kein Professor, sondern Dr. Oskar Negt, Assistent bei Prof. Dr. Habermas. Einer meiner Seminarzettel - es ging da um eine historisch-soziologisch-kritische Würdigung des Bauernkrieges 1525 - trägt seine Unterschrift. Damals hing ich noch an den Lippen dieses bramarbasierenden Linksintellektuellen. Ein Schreibtischtäter. Gleichwohl ein vielbejubelter Vertreter der "guten" 68er. Wes Geistes Kind Herr Negt ist, kann man unter anderem in diesem Aufsatz nachlesen, da bedauert er, daß die Deutschen keine Marsellaise haben, sondern nur das lasche Deutschlandlied.

Der Mann wollte Blut sehen. und bedauerte noch 1976, daß sich die Deutschen gegen eine Blutorgie à la francaise und für die Reformer vom Stein, von Hardenberg, von Humboldt entschieden.

Aux armes, citoyens,
Formez vos bataillons,
Marchons, marchons!
Qu’un sang impur
Abreuve nos sillons!

(Das unreine Blut (gemeint ist das mischblütige der Adeligen) tränke die Furchen unserer Äcker.)

Zu seiner Unehre muß man sagen, daß es ihm dann auch wieder nicht recht war, als die Rote Armee Fraktion wieder das sang impur (diesmal das des Klassenfeindes) fließen ließ.

Der Herr dient unter anderem dem staatseignen Goetheinstitut als Kronzeuge für die gewagte These, daß eigentlich erst 68 die Republik so richtig demokratisiert habe. Und wer anders denkt, vor allem aber, wer es wagt, anders zu denken, als er 68 gedacht hat, ist, so lese ich auf den Seiten einer staatsoffziösen Institution - ja wirklich - geisteskrank. Ein Konvertit, igitt, wie es in Negts Aufsatz heißt, den er 1995 verzapft hat. Ein Opportunist, ist der, der es sich leistet, den Zeitungeist der blutrünstigen 68er in Frage zu stellen, vor allem dann, wenn er doch selber 68ff. sich an der "Waffen für den Vietcong" - Sammlung  beteiligt hat. Hab ich, ganz recht. Und eine Plakette mit dem Konterfei des Massenmörders Mao-Tse-Tung hab ich mir auch angeheftet.

Jo. Die wahren Freigeister malochen nicht für Umme als freelancer, sondern als BAT-Anarchos und Beamtenheimstätten-Revoluzzer mit Pensionsberechtigung und Anspruch auf Leistung der ZVK beim Goethe-Institut oder gleich ganz bei Vater Staat, der ihnen ein warmes warmes Plätzchen bereitet hat.

Das Denkmal für den ermordeten König und seine nach einem skandalösen Schauprozeß hingerichtet Königin steht in der Kirche Saint Denis. Der König und seine Königin haben dort ihr Grab, wirklich beerdigt sind sie dort aber nicht. Ihre Körper warf man in ein Massengrab, um alle Spuren zu beseitigen, bedeckte man die Leichem mit Löschkalk.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ähm, vielleicht hab ich es auch nur falsch verstanden, aber Louis XVI war ein Heiliger?! Wie - wer - wo?

Johannes hat gesagt…

Nö. Ein heiliger König. Und kein Heiliger. Die Betonung liegt also auf dem Adjektiv, nicht dem Substantiv. Es gab allerdings tatsächlich Initiativen, Louis heilig zu sprechen. Rom lehnte ab, weil im Vordergrund der Hinrichtung politische Motive standen. Im Hintergrund standen, wie selbst Camus erkannte, aber auch religiöse Motive.