Freitag, 18. März 2011

Schland, Nabel der Welt


Am Donnerstag fahre ich wieder einmal, wie so oft, stundenlang mit dem Auto durch Schland. Vier Stunden hin, Verhandlung, vier Stunden zurück. Unterwegs höre ich Radio, ich suche nach Nachrichten über Japan, über Libyen. Immer wieder werden die neuesten Informationen angekündigt, doch statt über die Katastrophe, die das japanische Volk mit dem schwersten Erdbeben seit Jahrhunderten, dem gewaltigsten Tsunami seit Menschengedenken getroffen hat berichten die Sender ausschließlich über die wieder aufbrechende Atomdebatte in Deutschland. Nicht die Tausende von Todesopfern des Erdbebens, die Hunderttausende von Obdachlosen, sondern Biblis A, Neckarwestheim 1 beherrschen die Nachrichten. 

Nach deutscher Auffassung - so ein Kommentator - sei die eigentliche Ursache der Katastrophe der "Supergau" im AKW Fukushima, dieser habe dann ein Erdbeben ausgelöst, was wiederum zu einem gewaltigen Tsunami geführt habe. So oder ähnlich muß sich das nach deutscher Auffassung in Japan abgespielt haben. Daß Schland der Katastrophe in Japan mit einer Menschenkette von Neckarwestheim bis Stuttgart 21 gedenkt, daß das eine Pietätlosigkeit sondergleichen, die egozentrische Nabelschau in Reinstform ist, fällt keinem auf. Niemand spricht in Schland mehr von dem unvorstellbaren Unglück, daß Japan getroffen hat, der Blick fokussiert sich auf den eigenen Nabel, und das Nabelthema schlechthin, die furchtbar gefährlichen Atomkraftwerke in Deutschland, von denen man ja gewiss sagen kann, daß ihnen weder ein Erdbeben der Stärke 9 noch ein Tsunami mit mehr als 20 Meter hohen Wellen droht.

Daß die deutschen Atomreaktoren dem Seelenleben des Deutschen nachgeformt sind, daß die Sicherheitssysteme, die in aller Welt zweifach redundant, in Deutschland aber vierfach redundant ausgebaut sind, daß wir also in der Tat die sichersten - und teuersten - AKWs der Welt haben will ja keiner wissen. Die German Angst regiert. Und sie wird uns wohl auch bald ganz real regieren. Denn die Grünen haben keine Sekunde gezögert, um nach einer Gedenksekunde nebst verlogener Betroffenheitsformel blitzartig in den Wahlkampf einzusteigen. Nein die Grünen waren keine Sekunde bei den Opfern, sie waren ganz bei sich, am Ende ihres verlogenen Kondolenzposts rufen sie unverzüglich zur Anti-Atom-Mahnwache auf.

Ganz bei sich war die deutsche Politik auch in Sachen Libyen. Während Gaddafi sein eigenes Volk bombardiert und die demonstrierenden Jungen von seinen Söldnern niederkartätschen lässt, macht sich unser Außenminister, ehemals Vorkämpfer der deutschen Spaßgesellschaft, vor allem Gedanken darüber, daß die deutsche Armee sich im Fall eines Eingreifens nur keine Blechschäden am heiligs Blechle holt. Urplötzlich ökopazifistisch durchgrünt bis ins innerste Mark vertritt Westerwelle die These von der Wirksamkeit eines lahmen Embargos gegen ein völlig skrupelloses, ja irres Regime, die man sonst nur von Altgrünen und den ehemals ach so proletarisch-militanten AltSEDlern hört. Während die libysche Opposition um ihr Leben bettelt, und um den Einsatz von Waffen gegen einen ebenso irren wie blutdurstigen Diktator, marschieren in Schland die Bedenkenträger gleich in Divisionsstärke auf, parteiübergreifend.

Nun hat sich selbst Obama, von der eher isolationistischen amerikanischen Linken ins Amt gebracht, von Sarkozy und Cameron überzeugen lassen, daß ein Sieg Ghaddafis die ganze arabische Welt destabiliseren würde, was ebendiese arabische Welt ja denn auch - erstmals in der Geschichte - deutlich gemacht hat. Daß selbst Rußland und China sich einer Aktion gegen einen der letzten kommunistischen Diktatoren dieser Welt nicht entgegenstellt, läßt nun den geistigen Zustand in Schland deutlich werden. Schland steht auf der Weltbühne, alle Spots auf den Hauptdarsteller. Dies ist das Land des ewigen Lamentos, der hohlen Betroffenheitskultur, der Ignoranz, der Mitleidlosigkeit, der Mutlosigkeit, der Ichbezogenheit, der ewigen Nabelschau. 

Dem Kenner, oder besser der Kennerin, wird das Bild bekannt sein. Es handelt sich um die Darstellung des Nabel-Chakras. Paßt doch zu diesem geistlich und seelisch völlig entkernten Land weitaus besser als der mutige Adler, den die Gründer unserer Republik schon ikonographisch zur Fetten Henne verunstaltet haben. Und es paßt zu seiner wahren Religion, einer esoterisch aufgehübschten Egozentrik, spirituelle Autoerotik hat unser Heiliger Vater einmal in einer stillen Stunde, wo keiner so richtig hingehört hat - es hat allerdings einer eifrig mitgeschrieben -, die neobuddhistischen und neohinduistischen Strömungen Europas genannt. Westerwelle und  Merkel muß man sich wohl als Neobuddhisten vorstellen.

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