Freitag, 3. April 2009

De ore leonis, libera me, Domine

et a cornibus unicornium humilitatem meam. 

   Vor dem Rachen des Löwen errette mich, Herr, und meine Niedrigkeit vor dem Horn des Einhornes. Dies ist der Text des Responsoriums der Sext, des mittäglichen Stundengebetes in der Ordnung des vorkonziliaren Breviers für die Passionszeit.
   Diese Textstelle ist, oder besser war, nachdem die Vulgata wie auch die Lutherbibel von "modernen" Bibelübersetzungen abgelöst wurde, der letzte Zufluchtsort des Einhorns vor seinen Verächtern. Denn, so hören wir, das Einhorn war mit dem hebräischen Re´em des Urtextes (z.b. Psalm 22,21), das die griechische Septuaginta mit monoceros übersetzte, ja gar nicht gemeint. Moderne Übersetzungen übersetzen also mit "Auerochs" oder "wilder Stier".
   Was nun mit dem hebräischen Re´em gemeint war, weiß in Wirklichkeit keiner dieser modernen Übersetzer so ganz genau. Und ich habe da meine Zweifel, ob die Übersetzer des 20.igsten Jahrhunderts es wirklich so viel besser wissen können, als die legendären 70 Gelehrten, die die hebräische Bibel im 3. bis 2. Jahrhunderts vor Christi Geburt in die griechische Verkehrssprache der jüdischen Diaspora übersetzten. Eher wollten sie wohl deutlich machen, daß mit dem monoceros ein wildes, gefährliches Tier von gewaltiger Kraft gemeint ist, ein Tier wie der gewaltige, fliegende Ziegenbock, den der Prophet Daniel im 8 Kapitel beschreibt.
   Ich glaube an das Einhorn.

Darstellungen des Einhornes finden sich auf Tapisserien und Bildern, aber auch auf Altären des Mittelalters. Diese stammt aus dem 15. Jahrhundert 

2 Kommentare:

Stanislaus hat gesagt…

Was sagst Du denn zu "unserm" Einhorn?

http://politischunpolitisches.blogspot.com/2009/03/et-incarnatus-est.html

Johannes hat gesagt…

Zur Erfurter Einhornjagd? Ich würde mal darauf tippen, daß Martin Luther IHR - der Jungfrau - zu Ehren, aus dem Re´em keinen Auerochs gemacht hat. Einem Kenner vor Ort muß ich ja doch die Allegorie der Einhornjagd nicht erklären?