Wer als Ausländer in Malmö eine katholische Messe besucht, wird - so ging es uns - vielleicht eine besonders "moderne", besonders "protestantische" katholische Messe erwarten. Denn die tägliche Erfahrung im angeblichen deutschen Mutterland der Reformation ist doch, daß man im schon längst nicht mehr mehrheitlich protestantischen Deutschland besonders eifrig dem "modernen" protestantischen Vorbild nacheifert.
Nun ist ja Schweden mit Sicherheit das protestantischste Land Europas. Gesetzlich garantierte Religionsfreiheit gibt es - kaum zu glauben - in Schweden erst seit 1951. Und erst 1999 (!) wurde die lutherische Staatskirche der bis dahin der schwedische König als nicht nur politisches, sondern auch geistliches Oberhaupt vorstand, als Staatskirche aufgelöst.
Mitte des 20igsten Jahrhunderts bekannten sich in einem fast ausschließlich protestantischen Land ganze 6 Promille der Bevölkerung zum katholischen Glauben. Der katholische Bevölkerungsteil hat sich vor allem aufgrund der massiven Einwanderung katholischer Vietnamesen, Philippinos und Polen um das dreifache erhöht, doch auch ein Bevölkerunganteil von fast zwei Prozent ist immer noch eine sehr kleine Diaspora.
Doch die schwedische katholische Kirche ist stolz und selbstbewußt. Sie lebt in einem Land das zumindest katholischem Brauchtum gegenüber (Luciafest!) stets offen geblieben ist. Sie steht einer protestantischen Kirche gegenüber, die in ihrem strengen Lutheranertum in manchem konservativer ist als die katholische Kirche selbst.
Und die katholische Kirche Schwedens ist jung. Dreimal mehr Kinder werden getauft, als Verstorbene zu Grabe getragen werden. Die Kirche ist geprägt durch die großen Familien junger Emigranten. Der Klerus setzt sich mehrheitlich aus Ordenspriestern zusammen - ein europäisches Unikum. Und dieser Klerus verkleidet sich in der Öffentlichkeit nicht in Holzfällerhemden und Bluejeans. Die Ordenspriester - wie der Bischof selbst, der dem Orden der Carmeliten angehört - tragen außerhalb der Messe selbstverständlich ihren Habit, die Weltpriester ihre Soutane.
In der Regel wird die Messe hier streng nach den Vorgaben des Römischen Meßbuchs zelebriert, die großen Gebete werden in latein gesprochen, einen anderen Meßkanon als den in Deutschland als vorkonziliar verpönten römischen Meßkanon habe ich hier noch nicht gehört. Die Handkommunion ist üblich, doch in den Kirchen kann jeder, der dies wünscht, auf einer Kommunionbank Platz nehmen.
Auch das Pontifikalamt des schwedischen Bischofs, dem ich am 1. Januar beiwohnte, folgt dem römischen Meßbuch. Mit großer Selbstverständlichkeit werden die Teile der Messe zelebriert, die die deutschen Reformpfarrer demonstrativ ignorieren. Die Gemeinde beginnt mit dem gemeinsamen Schuldbekenntnis, sie singt das Kyrie in griechisch, gefolgt von dem lateinischen Gloria, das Große Glaubenskenntnis singt die Gemeinde im Wechselgesang mit dem Kantor in latein. Der Bischof orientiert sich am römischen Meßkanon und die Eucharistiefeier zelebriert er nicht vor dem Volxaltar "ad populum" sondern zum Hochaltar gewandt "ad orientem".
Es bleibt in diesem Fall auch gar nichts anderes übrig, denn einen Volxaltar gibt es in dieser Kirche nicht. Die Pontifikalmesse der schwedischen Bischofs findet nämlich - im sonst so ökumenebesoffenen Deutschland undenkbar - in der protestantischen
St. Petri Kirche statt, einer wunderschönen hochgotischen Kirche, mit dem - so sagen es die Kunsthistoriker - größten und bedeutendsten Renaissance-Hochaltar Schwedens. Und daß die Kommunion mal wieder im Stehen ausgeteilt wird, statt an den in jeder lutherischen Kirche vorhandenen Kommunionbänken ist dann auch nicht so schlimm.