Pünktlich zum Beginn der "Woche für das Leben", hat sich Gunter Sachs, Unternehmer, Künstler und - so liest man insbesondere in der internationalen Presse - Brigitte Bardot´s Third Husband - Ehemann und Vater dreier Kinder umgebracht. Genauer gesagt, erschossen, noch genauer gesagt mitttels eines Kopfschußes erschossen. Seiner Familie hat er einen Abschiedsbrief hinterlassen, in dem man lesen kann:
In den letzten Monaten habe ich durch die Lektüre einschlägiger Publikationen erkannt, an der ausweglosen Krankheit A. zu erkranken.
Ich stelle dies heute noch in keiner Weise durch ein Fehlen oder einen Rückgang meines logischen Denkens fest – jedoch an einer wachsenden Vergesslichkeit wie auch an der rapiden Verschlechterung meines Gedächtnisses und dem meiner Bildung entsprechenden Sprachschatzes. Dies führt schon jetzt zu gelegentlichen Verzögerungen in Konversationen.
Jene Bedrohung galt mir schon immer als einziges Kriterium, meinem Leben ein Ende zu setzen.
Ich habe mich großen Herausforderungen stets gestellt.
Der Verlust der geistigen Kontrolle über mein Leben wäre ein würdeloser Zustand, dem ich mich entschlossen habe, entschieden entgegenzutreten.Die Bild-Zeitung findet diesen Abschiedsbrief bewegend. Ich auch. Nur hat er mich wahrscheinlich anders bewegt, als den veranwortlichen Bild-Redakteur. Sachs hatte die Befürchtung - nicht die Gewißheit - an Alzheimer erkrankt zu sein. Dies hat schon genügt. Nicht mehr alles unter Kontrolle zu haben ist für ihn eine "große Herausforderung" der sich Gunter Sachs gestellt hat - mit einem "mannhaften" Kopfschuß.
Irgendwie archaisch, wie die bourgeoisen Pleitiers des 19. Jahrhunderts, die sich angesichts der Schande des Bankrotts angetan mit Bratenrock, Vatermörder und Plastron mit ihrer Offizierswaffe erschossen. Und irgendwie ganz schrecklich modern. Im Sinne des "New Moral Code", den ich auf diesem Blog schon häufiger thematisiert habe.
Erfülltes Leben, davon sind Christen überzeugt, hängt nicht davon ab, ob Menschen gesund oder krank oder behindert sind.Lesen wir hier. Eine Botschaft, die nicht ankommt, sicher auch deshalb, weil jeder weiß, daß die Unterzeichner dieses Aufrufs, die EKD und die DBK sich längst nicht mehr einig sind in der Frage des Schutzes des ungeborenen Lebens, in der Frage von Abtreibung, Embryonenschutz, PID, und ebensowenig in der Frage des assistierten Selbstmordes am Ende eines Lebens. Hat es die "Woche für das Leben" in irgendeiner Zeitung wenigstens auf die dritte Seite gebracht? Hat man irgendwo mehr als eine viertel Spalte lesen können? Was die "Kirche" zu sagen hat, ist nur noch ein Flüstern, nur noch ein "Nein, aber".
Hingegen wird der "mannhafte" Tod von Gunter Sachs fast schon - man lese bitte die größte Zeitung Deutschlands - als Heldentat bejubelt. "Wir haben Günters Entscheidung zu akzeptieren und zu respektieren" (Niki Lauda); "Das muß man respektieren. Da gehört viel Mut dazu und das passt zu ihm." (Udo Jürgens), "Aber trotz allem passt dieser Abgang zu seinem stets so konsequenten Lebensstil" (Eckart Witzigmann).
Die Botschaft des "Neuen Goldenen Zeitalters", die Botschaft des mannhaften, des mutigen, des respektablen "Freitodes" kommt lautstark daher, auf allen Titelseiten und weitestgehend ohne auch nur die leiseste Kritik.
Von Brigitte Bardot, heute, vielleicht ja auch schon immer, eine tiefgläubige Katholikin hört man nur, daß sie diese Nachricht sprachlos gemacht hat. Wie Frau und Kinder von Gunter Sachs den Selbstmord ihrers Mannes und Vaters verstanden haben, sagt uns die Presse nicht.
Mit diesem Wochenende ist das Golden Age des Mr. Archer wieder ein wenig näher gerückt.
Mr. Archer schlägt vor, im "Goldenen Zeitalter" Münzeinwurfmaschinen aufzustellen, in denen man sich selbst für einen Penny umbringen kann. In dieser Frage stehe ich denen, die sich selbst liberal und human nennen, absolut feindlich gegenüber. Selbstmord ist nicht nur eine Sünde, es ist die Sünde. Selbstmord ist das endgültige und absolute Übel, die Negation des bloßen Interesses an der Existenz; die Negation des heiligen Lehnseides auf das Leben. Der Mensch, der einen Menschen tötet, tötet einen Menschen. Der Mensch, der sich selbst umbringt, bringt alle Menschen um; soweit es ihn selbst angeht, löscht er die ganze Welt aus. Seine Handlung ist verdammenswerter (symbolisch gesehen) als jede Vergewaltigung und jeder Bombenanschlag. Denn sie zerstört alle Häuser, sie beleidigt alle Frauen. Der Dieb ist zufrieden mit Diamanten: der Selbstmörder ist es nicht: das ist das Verbrechen. Mit nichts kann man ihn bestechen, nicht einmal mit dem strahlenden Glanz der Steine der Himmlischen Stadt. Der Dieb macht den Dingen, die er stiehlt, ein Kompliment, wenn nicht dem Eigentümer seines Diebsguts. Aber der Selbstmörder beleidigt alles auf dieser Erde, indem er es nicht stiehlt. Er zerpflückt jede Blume, indem er sich weigert, ihr zuliebe weiterzuleben. Für keine Kreatur, auch nicht die kleinste, ist sein Tod etwas anderes anderes als eine Beleidigung. Wenn sich ein Mann an einem Baum erhängt, sollten die Blätter abfallen wegen dieses Ärgernisses, die Vögel sollten auffliegen vor Zorn: den jedes Blatt und jeder Vogel wurde persönlich beleidigt. Natürlich gibt es viele pathetische Entschuldigungen für diese Handlung. Wie es ja auch oft pathetische Rechtfertigungen für eine Vergewaltigung gibt, und fast immer für Dynamit. Aber soweit es um klare Ideen und den Sinn einer Handlung geht, findet sich mehr rationale und philosophische Wahrheit in der Beerdigung an einer Straßenkreuzung und dem Pflock, der durch den toten Körper getrieben wird, als in Mr. Archers automatischen Selbstmordmaschinen." (Gilbert Keith Chesterton)
1 Kommentar:
Herzlichen Dank!
Kommentar veröffentlichen