Samstag, 20. November 2010

Sozi und Reli


Der Soz im Allgemeinen und die Religion finden so einfach nicht zusammen. Und wer da meint, die SPD sei doch seit sehr langer Zeit eine zumindest weltanschaulich neutrale Partei. sollte sich vergegenwärtigen, daß das im Kern marxistische Heidelberger Programm noch bis 1959 in Kraft blieb. Es hat - etwa im Bildungsbereich - eine stramm antireligiöse Ausrichtung.

Den Kern des organisierten deutschen Atheismus bildeten Sozialdemokraten. Der "Verein für Feuerbestattung", neben dem "Freidenkerbund" sozusagen die Keimzelle des organisierten deutschen Atheismus wurde 1905 von 12 deutschen Sozialdemokraten gegründet. Was vielleicht erklärt, warum sich der Soz mit der Religion heute noch immer ein bißchen schwer tut.

Als sich die SPD in ihrem Godesberger Programm zur "Zusammenarbeit mit dem Kirchen" im Sinne einer "freien Partnerschaft" bekennen wollte, entging der Parteivorstand nur knapp einer Abstimmungsniederlage. Der Einfluß der "Freidenker" war immer noch stark. Daß viele der die Partei prägenden Personen zumindest aus traditionell atheistischen Familien stammten, ist bekannt. Nach II. Weltkrieg und Drittem Reich änderte sich das, und Grund dafür ist nicht etwa nur der in Godesberg in Satzungsform gegossene strukturelle Opportunismus einer Volkspartei.
Nein, bei mir sind Bindungen an Gott nie gewesen. Ich bin ja als "Heide" aufgewachsen und habe mich erst taufen lassen, als wir kirchlich heiraten wollten. Aus zwei Gründen übrigens: Mein Mann und ich waren uns einig darüber, daß man den Kirchen, wenn der Krieg zu Ende wäre, den Rücken stärken sollte. Wir hielten die Priester und Pastoren für die Einzigen, die nach dem - auch geistigen - Ruin möglicherweise die Menschen ein bißchen an die Hand nehmen könnten. Der zweite Grund: Die Nazis fingen 1941/42 an, alles, was überhaupt nur nach Kirche roch, schlechtzumachen. Da hat sich bei mir der Widerspruchsgeist geregt, auch wenn ich selbst ganz unchristlich erzogen worden bin. Ein Mensch, der einen Kopf hat, mit dem er sich manchmal die Welt betrachte, muß ja auf die Idee kommen, daß es oberhalb von uns kleinen Menschen und unserer kleinen Erde Gesetze gibt, Ordnungsgesetze, die das ganze Weltall zusammenhalten.
Das sind sicher keine Sätze, die vor der christlichen Orthodoxie bestehen können. Aber es ist das Zeugnis eines Menschen, der, wo ihm der Glaube doch nicht geschenkt wurde, sich doch zumindest als Christ zu leben bemüht.

Loki Schmidt hat das geschrieben, die grande dame der deutschen Sozialdemokratie. Und umso zwergenhafter erscheinen die neuen Kulturkämpfer, die sich in der neuen deutschen Sozialdemokratie breit machen.

Bild: Die Traditionsfahne der SPD offenbart ihre Einbindung in die revolutionäre Tradition

1 Kommentar:

Tiberius hat gesagt…

Das war sehr interessant! Danke!