Sonntag, 17. April 2011

Sepp meets Fritz


Ob unser Papst wohl als Kind von seinen Eltern so gerufen wurde, wie man in Bayern einen Jungen mit dem Taufnamen Joseph anspricht? Mit Sepp nämlich. Eltern brauchen das. Vor allem bei Jungen. Der kürzest mögliche Kammandoton ist unbedingt und existentiell notwendig. Meist im Verbund mit einem Kurzsatz in der grammatischen Form des Imperativ, in etwa eine Umschreibung von "Würdest Du bitte die Güte haben, deine Schwester nicht an den Zöpfen zu ziehen?" Oder so. 

Und wehret den Knaben und lehret die Mädchen.

Zweisilbige Namen sind da untauglich. Also wird der in meiner Herkunftsregion sehr beliebte Name Johann(es) meist zu Hans - wegen des Zischlautes am Schluß nur mäßig tauglich - noch häufiger zu Jan verkürzt. Absolut tauglich für den Kasernenhofdiskant einer zornigen Frau Mutter. Die liebende Ehefrau kann den Namen dann ja zu dem wieder etwas weicheren Hans umwandeln.

In WestNorddeutschland ist indessen der Name Friedrich häufiger gebräuchlich. Wegen der noch immer nur mäßig erfolgreichen Christianisierung dominieren die altgermanischen Namen. Soweit männliche Kleinkinder nicht Kevin getauft werden, aber das ist ja bekanntlich kein Name, sondern eine Diagnose. Bekanntlich verkürzt sich der Name Friedrich in seiner muttertauglichen Variante zu Fritz.

Sepp also, in seinem jetzigen SoSein der Heilige Vater, Papst Benedikt XVI, begegnet am 22. September Fritz. In concreto wird der Heilige Vater am 22. September vor dem preußischen Schloß 

Charlottenburg
eine Heilige Messe zelebrieren.

Errichtet wurde Schloß Charlottenburg von dem vormaligen Kurfürsten Friedrich (Fritz) III., dem späteren ersten König Preußens - und somit gleichzeitig Friedrich (Fritz) der I. Zur Ehre seiner Frau Sophie Charlotte von Hannover nannte der König das um 1700 noch recht überschaubare Schlößchen Charlottenburg.


Das Schloß sah dann noch eine ganze Reihe von mit "Fritz" benamsten preußischen Königen, bis sich dann im 19. Jahrhundert, nach einer Übergangsphase der mit Friedrich Wilhelm benannten Königen, der Name Wilhelm durchsetzte.

Charlottenburg war allerdings selten die Hauptresidenz der preußischen Könige, Friedrich Wilhelm der I. Sohn des Erbauers, ließ das Schloß im wesentlichen leerstehen, der "Alte Fritz" bevorzugte seine bescheidenere Sommerresidenz Sanssouci, und die Lieblingsresidenz der "Preußischen Madonna" Luise von Mecklenburg-Strelitz und ihres Mannes Friedrich Wilhelm III. war das Herrenhaus Paretz, eher eine etwas größere ländliche Villa, als ein Schloß.

Denkbar, daß die barocken Dimensionen, die das Schloß später annahm, doch der preußischen Botschaft von Sparsamkeit und Zurückhaltung widersprachen.


Der pompöse Endausbau des Schlosses war ein Werk Friedrich Wilhelms II., kein besonders beliebter König, dem das Volk (man bedenke, daß sich die Könige Preußens unvorsichtigerweise in der Nähe Berlins niederließen) den wenig schmeichelhaften Spitznamen "Der dicke Lüderjahn" verpaßte. Insbesondere seine Mätressenwirtschaft entsprach eher nicht dem im Volk erwünschten "preußischen Stil".

Halten wir also fest, daß dieses Schloß im wesentlichen das Schloß von Fritz ist, vor dem Sepp - der Heilige Vater, Papst Benedikt XVI - am 22. September eine Heilige Messe zelebrieren wird. Preußisch und katholisch paßt also doch besser zusammen, als man so denken sollte. Oder nicht?

Auf diesem Bild sieht Friedrich II. - der Alte Fritz - doch freundlicher aus, als auf den bekannteren Bildern, die ihn als grimmigen Grummelgreis darstellen, der nur seine Hunde liebte, aber nicht - zum Beispiel - seine bedauernswerte Ehefrau. Es ist gleichzeitig das einzige Porträt, für das Friedrich II. persönlich Modell gesessen hat. 1763 entstand das Bild, Fritz war damals 41 Jahre alt. Vielleicht vermittelt es ja ein etwas freundlicheres Bild des Königs, in dessen Reich "jeder nach seiner façon selig" werden durfte, der die Folter abschaffte, und die Kartoffel einführte, der ein begabter Komponist und Musiker, Literat und Philosoph war. Und ein Staatsmann, der erste Diener des Staates. Und, was einen Juristen natürlich am meisten rührt, der Initiator des Grundgesetzes des preußischen Rechtsstaates, des Preußischen Allgemeinen Landrechts. Am 17. August 1991 wurde Friedrich endlich, seinem letzten Willen entsprechend, vor seinem Lieblingsschloß beerdigt. Man ehrt den "Alten Fritz" für gewöhnlich damit, daß man eine Kartoffel auf sein Grab legt.


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