Samstag, 17. Juli 2010

Presse, Politik, Kulturkampf 1872/2010

"Der Prozeß der Medialisierung veränderte nicht nur die Produktion und Diffusion, sondern auch die Rezeption antiklerikaler Medien. Spezielle Rubriken und beiläufige Meldungen informierten die Leser zu Hause, im Café oder Club über geistliche Verfehlungen in aller Welt. Um die Macht solcher täglichen "Information" zu illustrieren, zeigte der "Kladderadatsch" 1872, "weshalb die Geistlichkeit am Rhein und in Schlesien den Bauer" das Lesen liberaler Zeitungen verbot: weil deren Spalten voll waren mit Berichten über "Verbrechen der Geistlichkeit gegen die Sittlichkeit". Aus solche Skandalchroniken berief sich Virchow 1873, als er das verfassungswidrige staatliche "Kulturexamen" mit dem Argument verteidigte, daß es in Priesterseminaren ständig zu unsittlichen Handlungen komme:" (Manuel Borutta, Antikatholizismus)
"wie sich diese Verhältnis sittlich macht, darüber haben die Gerichtsverhandlungen der letzten Jahre leider nur allzu häufig Aufschlüsse geliefert. (Oho! im Centrum) Ja meine Herren, ist ihnen das noch nicht häufig genug? Ich muß sagen, ich bin schon entsetzt darüber, daß es so häufig geschieht. Zuerst habe ich es auch für solitäre Erscheinungen gehalten, aber wenn sich das von Jahr zu Jahr in steigendem Maße wiederholt, in dem Maße, als die öffentliche Aufmerksamkeit sich diesen Dingen zuwendet, so muß man sich sagen, das kann doch unmöglich eine sittliche Form sein, wenn immer wieder Lehrer an diesen Schulen genöthigt sind, sich bei Nacht und Nebel aufzumachen und aus dem Lande zu wandern, um sich den Verfolgungen zu entziehen, dann, meine Herren, werden sie zugestehen müssen, diese Knaben-Seminare dienen häufig anderen Zwecken, als dem Zweck einer eigentlich religiösen Erziehung. (Oho! Pfui! Rufe: In einzelnen Fällen!) Es sind einzelne Fälle vorgekommen, aber diese Fälle liegen in der Natur dieser Organisation." (Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Preußischen Landtags, Haus der Abgeordneten vom 17.1.1783)
Ersetze den linksliberalen Einpeitscher des Kulturkampfes Rudolf Virchow durch die linksliberale Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger, ersetze die "Allgemeine Zeitung", die "Gartenlaube", den "Kladderadatsch" durch Frankfurter Allgemeine, Süddeutsche Zeitung, Augsburger Allgemeine, Spiegel und Titanic und Du siehst, daß sich weder in der Sache, noch in der Polemik, noch in den Parteiungen, die sich hier bilden in den letzten 138 Jahren etwas geändert hat. Auch daß sich linksliberale Katholiken wie Deckers, Prantl und Co. an der vordersten Front des neuen Kulturkampfes finden, ist nichts Neues. Die wildesten Einpeitscher des Kulturkampfes waren Liberalkatholiken vor allem des deutschkatholischen und altkatholischen Spektrums. Die altkatholischen Abgeordneten Eduard Windthorst und Wilhelm Petri hatten sich vor allem das Verbot der katholischen Orden auf die Fahnen geschrieben. Sie übertrafen den linksliberalen Katholikenfresser Virchow noch in der Radikalität ihrer Forderungen und der Maßlosigkeit ihrer Polemik. Sie konnten gegen den Protestanten Virchow ja noch ins Feld führen, daß sie doch noch besser wüßten, wovon die Rede ist.

Die Hure Babylon, die Urmutter der "Frau Welt" gezeichnet von einem meiner Lieblingsmaler William Blake. Fiel mir ein, als ich auf einem amerikanischen katholischen Webseite etwas von der "World Press" las.  Kann man ja auch so lesen, als FrauWeltPresse.

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