Freitag, 16. Juli 2010

... sie ist der Fehler

Nein, alle Bemühungen der Kirche um die Aufklärung der Mißbrauchsfälle, alle Erklärungen des Papstes, alle Ansprachen, alle rechtlichen Klarstellungen, die Verschärfung von Strafvorschriften, sie genügen nicht. Daniel Deckers erkennt in der heutigen FAZ zwar an, daß es Benedikt XVI selbst war, der als erster einen strikten organisatorisch-rechtlichen Rahmen für die Verfolgung von Mißbrauchsfällen geschaffen hat, bemerkt aber abfällig, daß all dies nichts tauge, solange die "habituellen und strukturellen" Ursachen nicht beseitigt seien.

Heribert Prantl (Süddeutsche), der der Bischofskonferenz die "geschlossene Auster" für ihre angebliche Geheimnistuerei in der Mißbrauchsdebatte verleiht (zur Erinnerung: es war der Leiter einer katholischen Schule der - wenn auch aus sinistren Beweggründen - die ersten Fälle ans Licht gebracht hat) läßt da alle Zurückhaltung fahren, und haut mal so richtig auf die Kacke:
"Pädophilie ist das Risiko einer zwangszölibatären und monosexuellen Kirche, der in 2000 Jahren zwar die Vertreibung der Frauen aus allen Machtpositionen, aber nicht die Entsexualisierung des Menschen gelingen konnte." (laut der Printausgabe der Tagespost von heute). 
Qualitätsjournalimus zeichnet offenkundig aus, daß er fähig ist, in einem einzigen Satz ein Maximum an Vorurteilen unterzubringen.
"Mit der Forderung nach Öffnung und Demokratisierung hat Papst Johannes Paul II. einst den Ostblock gesprengt. Dies Forderung liegt jetzt auf den Stufen des Petersdoms. Damals, im Ostblock, hieß das "Neue" Glasnost und Perestroika. Heute, in der katholischen Kirche, heißt es unter anderem Aufhebung des Pflichtzölibats und Frauen-Ordination"
Wow. Archipel Gulag und Stasi-Staat, Schießbefehl und Mauerbau, Stacheldraht und Reiseverbot gleich "Pflicht"-Zölibat und Verbot der Frauen-Ordination. 

Fassen wir kurz zusammen: die Kirche macht keine Fehler: sie ist der Fehler.

Die Illustration zu diesem post mag irritieren. Der Fotograf - Lewis Carroll alias Charles Lutwidge Dodgson - ist der mit Abstand beliebteste Kinderbuchautor des englischen Sprachraums. Wobei auch Erwachsene seine "Alice im Wunderland" einfach wundervoll finden dürfen. I do so. 

Dodgson war Diakon der anglikanischen High Church und lebte seinem Weihegelübde folgend, zölibatär. Alice Liddell, für die er seine Alice schrieb, war eine der Töchter seines Vorgesetzten, des Dekans von Christ Church, Oxford. Daß irgendeiner seiner Zeitgenossen in seiner Zuneigung für die Kinder seiner Kollegen etwas anderes sah als die Begeisterung eines begnadeten Lehrers und Pädagogen für seine Schüler, ist nicht bekannt. Nacktfotos von Kindern sah man als Symbol kindlicher Unschuld. 

Es war dem 20. Jahrhundert vorbehalten, in seine Texte und Fotographien pädophile Neigungen hineinzugeheimnissen, die - selbstverständlich - ihre Ursache in seinem gelebten Zölibat haben mußten. Und da ihm nicht wirklich pädophile Neigungen nachgewiesen werden konnten, machte ihn seine Biographen - wohlgemerkt ausschließlich die des 20. Jahrhunderts - eben zu einem verkappten Pädophilen.
"We cannot know to what extent sexual urges lay behind Charles's preference for drawing and photographing children in the nude. He contended the preference was entirely aesthetic. But given his emotional attachment to children as well as his aesthetic appreciation of their forms, his assertion that his interest was strictly artistic is naïve. He probably felt more than he dared acknowledge, even to himself."
Behauptet der Biograph Morton Cohen. Wobei  die latenten paädophilen Neigungen Ihre Ursache in seiner zölibatären Lebensweise haben mußten, so daß seine "sexual energies sought unconventional outlets." Auch wenn die Theorie, daß das Zölibat pädophile Neigungen hervorbringt, in etwa so gut begründet ist, wie die Theorie, daß Onanie zum Rückenschwund füjhrt, so ist sie bei freudianinisierenden Autoren wie süddeutschen Journalisten doch ungemein verbreitet.

11 Kommentare:

Jacopone hat gesagt…

Gegen diese vulgärfreudianischen Denkschemata helden weder Argumente noch Logik. Sie sind absolut fakten- und vernunftresistent, durch keinen noch so begründeten Einwand zu erschüttern. Was im 19, Jahrhundert der Ntaionalismus und im 20. Kommunismus und Faschismus waren, das sind heute Feminismus und Psychoanalyse.

Yon hat gesagt…

Monosexuell? Bittewas?

Anonym hat gesagt…

Der Prantl wird die Katholische Kirche so lange bekämpfen, bis in Deutschland das Kalifat ausgerufen wird.

Der Herr Alipius hat gesagt…

Bäh! Ist ja widerlich! Was für bescheuklappte Betonköpe! Und ich Naivling hoffe auch noch, die MSM seien so lern- und änderungsfähig, wie die Kirche...

@ Arminius: Mir graust's auch immer mehr in diese Richtung.

Johannes hat gesagt…

@ Arminius. Kalifat? Prantlifat!

LUZ VITORIOSA DE OXALÁ hat gesagt…

WELCOME TO BLOG - www.virgemdeguadalupe.blogspot.com

LUZ VITORIOSA DE OXALÁ hat gesagt…

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jolie hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
jolie hat gesagt…

FAZ?
deckers?
sind sie etwa rückfällig geworden?
:-)

Johannes hat gesagt…

Nö. Knobele noch immer an meinem Kündigungsschreiben. Weil so einfach nur kündigen, krieg ich nicht über mich. Heute gibt es wieder einen Deckers-Kommentar auf Seite 1. UNERTRÄGLICH. Dies mal ist Johannes Paul II an allem schuld. Im Innern des Blattes schreiben immer häufiger Feministinnen der völlig durchgedrehten Sorte, denen selbst Mrs. Schroder noch zu wenig radikal ist. Was ist mit der Zeitung eigentlich los?

jolie hat gesagt…

der leitartikel von deckers ist doch garnicht so schlechtr. dass der episkopat intellektuell ausgezehrt ist und dass eine priesterlose kirche sich selbst ad absurdum führt, ist doch wahr. nur die idiotischen schlussfolgerungen sind in etwa genau jene, die der mainstream-katholizismus seit jahrezhenten daraus zieht...