Die Opfer der Deathparade von Duisburg haben Namen und Gesichter. Es sind vor allem junge Menschen, meist um die 20 Jahre, die ums Leben gekommen sind. Gestern fand die Trauerfeier in Duisburg statt unter Anwesenheit der Spitzenvertreter der politischen Klasse, die anschließend weitestgehend zur Tagesordnung überging. Guido Westerwelle, der wichtigste und einflußreichste Vertreter der Spaßgesellschaft in höchsten Regierungsämtern, reiste gleich ein paar Kilometer weiter, um an der Eröffnungsfeier der Gay Games in Köln teilzunehmen.
Zum Kotzen. Oder nicht? Nur die Springerpresse scheint sich ein bißchen darüber aufzuregen.
Die Sündenböcke sind gefunden, der eine - Veranstalter Rainer Schaller - wird um seine wirtschaftliche Existenz fürchten müssen, der andere - Oberbürgermeister Adolf Sauerland - wird sein Amt verlieren, für den Rest scheint es keinen Anlaß zum Nachdenken zu geben. Dabei ist es doch offenkundig so, daß niemand als der Spielverderber dastehen wollte, daß Sicherheitsbedenken bekannt waren, und in den Wind geschlagen wurden. Aber "man" wollte die Loveparade unbedingt haben. So sind sie eben, die Spielregeln der Spaßgesellschaft, wer sich ihr entgegenstellt, wird niedergewalzt.
Hatte Sauerland jemals eine Chance einfach "Nein" zu sagen? Sicher nicht. Politisch wäre ein Verbot der Parade für ihn das Aus gewesen. Ein Aufstand der "geilen Raver" hätte ihn hinweggefegt. Nun ist eben die Tatsache, daß er sie trotz Sicherheitsbedenken genehmigt hatte, das Aus.
Doch die Funktion des Sündenbocks ist es nun mal, daß der die Schuld des Volkes auf sich nimmt. Und symbolisch, beladen mit dieser Schuld, davongejagt wird.
Ich erinnere mich an einen Song meines meistgeliebten/meistgehassten Songwriters Bob Dylan "Who killed Davey Moore". Davey Moore war in den 60er Jahren bei einem Boxkampf buchstäblich totgeschlagen worden. Bob Dylan geht die Liste der Veranwortlichen durch, und vergißt dabei nicht das "Volk".
Who killed Davey Moore
Why an’ what’s the reason for?
“Not us,” says the angry crowd
Whose screams filled the arena loud
“It’s too bad he died that night
But we just like to see a fight
We didn’t mean for him t’ meet his death
We just meant to see some sweat
There ain’t nothing wrong in that
It wasn’t us that made him fall
No, you can’t blame us at all”
We just like to have a geile Party. Vielleicht schreibt da draußen ja mal einer ´nen Song?
In der Vielzahl von Robert Zimmermanns Gedichten findet sich auch ein netter Song zum Motto der Parade.
Love Is Just A Four-Letter Word
Das Bild ist von William Holmann Hunt "The Scapegoat"
4 Kommentare:
Danke! Mich kotzt das "Gescheinheilige" schon seit einer Woche an!
Konstatiere erfreut, dass du Courier hier also konsequent dann auch umgesetzt hattest:-)
Wenn Herr Sauerland "Nein" gesagt hätte, wäre er der Spielverderber gewesen und man würde ihm vorwerfen, die Gelegenheit der wirtschaftlichen Vorteile nicht gut genutzt zu haben.
Den Song gibt's schon. d&r
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