Oui mon générale, Lesebefehl erfüllt. Und ich möchte auch gerne was über die virgines consecratae schreiben. Vor allem eine, die meine liebste virgo consecrata war: die Frollein. Den Titel werden jüngere wahrscheinlich kaum kennen, aber für einen Schüler der 50er, der die Volksschule besuchte (heute heißt das so schrecklich lahmarschig: Grundschule) war es selbstverständlich, die Lehrerin, die uns unterrichtete war eine Frollein. Und sie konnte sehr böse werden, wenn man sie mit "Frau" ansprach,
Erst später entdeckte eine sogenannte Frauenbewegung, daß die Anrede "Fräulein" (nun, Frollein ist eigentlich ein ganz anderer Titel) frauendiskriminierend sei, denn es gäbe ja schließlich kein männliches Pendant, das "Herrlein". Das hätte man ja schaffen können, wie das scheußliche, grammatikalisch einfach irre Binnen-I, statt das Frollein abzuschaffen. Aber die Abschaffung des Frollein hatte einen ganz bestimmten Grund. Es ging darum, eine Lebensform zu vernichten, in der Tat und im Wort: die zölibatär lebende Frau, die stolz darauf ist, ein Frollein zu sein.
Tatsächlich waren noch in den fünziger Jahren viele der vor allem an Volksschulen unterrichtenden Frauen, Frauen, die sich selbst zur Einhaltung des Zölibats verpflichtet hatten, oder gesetzlich noch bis in die fünfziger Jahre zum Zölibat verpflichtet waren. Seit 1880 galt das Lehrerinnenzölibat als gesetzliche Norm, abgeschafft wurde es - gegen das Votum der Lehrerinnenverbände - durch die Weimarer Verfassung, um kurz darauf durch einfaches Gesetz wieder eingeführt zu werden. Selbst bis in die fünziger Jahre galt in einzelnen Bundesländern noch das Lehrerinnenzölibat. Eine Lehrerin, die heiratete, verlor ihren Job. Frauendiskriminierend?
Nun als Kinder hörten wird das Getuschel, daß diese Lehrerinnen ja sowieso welche waren, die "keinen abgekriegt hatten", oder die ihre Männer im Krieg verloren hatten, keine Stolzen, die sich für diese Lebensform selbstbewußt entschieden hatten, sondern die Verliererinnen im Geschlechterkampf, die sich dann eben, statt ihrer "eigentlichen Bestimmung" als Frau und Mutter - heutigenfalls als Karrierefrau - für die Arbeit als Lehrerin oder Diakonissin entschieden.
Aber so war es nicht. Diese Frauen hatten sich aus eigenem freien Willen entschieden, so zu leben, wie sie lebten. Über Diakonissinen, über "Phoebe einsame Schwestern" habe ich ja schon geschrieben, und über die stolze und selbstbewußte Selbstbehauptung moderner Diakonissinnen.
Was für Diakonissen galt - die evangelischen Schwestern der katholischen Nonnenorden - galt aber auch für Lehrerinnen. Sie wollten so leben, wie sie lebten. Sie waren der festen Überzeugung, daß eine gute Lehrerin sich ihrem Beruf - ihren Kindern - ganz und ungeteilt widmen sollten.
„Die Lehrerin - wie wir sie gewünscht und erzogen haben - soll sich mit ganzer Kraft ihrem Beruf widmen. Sie soll ausscheiden aus dem Beruf, wenn sie erkennt, daß sie in die Ehe eintreten und einen anderen hochwertigen Beruf ergreifen soll. Sie soll, solange sie in der Schule steht, ungeteilt sein. Und sie soll aus diesem Erleben heraus die Fähigkeit haben, den Lehrberuf auch als Lebensberuf zu sehen, sich ihm für immer zu weihen, und sie kann das um so mehr, wenn sie in der katholischen Kirche steht, die ihr in der Lehre von der gottgeweihten Jungfräulichkeit einen herrlichen Fingerzeig, ja eine Verklärung für diese Ganzheitsaufgabe des Berufes gibt. Es ist eine soziale Tat unseres Vereins, wenn er von seinen Mitgliedern erwartet, daß gerade sie, die Volkserzieherinnen, nicht Ehe und Schuldienst miteinander verbinden. Sie sollen vorleben, was sie als soziale Entwicklung erwarten: die Wiedergewinnung der Frau ungeteilt für Familie… Unser Ideal ist die Verbindung christlicher Jungfräulichkeit mit dem Lehrerinnenideal. Die ist in einer Zeit, wo ein heiliger Radikalismus dem Radikalismus der Gottlosen gegenübergestellt werden muß, so zeitgemäß wie je“
So Maria Johanna Schmitz, Vorsitzende der Vereins katholischer deutscher Lehrerinnen von 1916 bis 1953. Der heilige Radikalismus muß dem Radikalismus der Gottlosen gegenübergestellt werden. Genau deshalb bekämpfen sie das Zölibat. Weil sie genau das ahnen, daß es kaum ein wirksameres, kaum ein mächtigeres, kaum ein eindrucksvolleres Signal des heiligen Radikalismus gibt, als das Zölibat.
Später begegnete mir dann noch ein anderer Zolibatär und Pädagoge, der die Reformdiskussion der 60er Jahre nicht nur in Italien prägte, wie kein anderer: Don Lorenzo Milani, Priester und Lehrer der Dorfschule von Barbiana. Das wundervolle Buch seiner Schüler, darüber, wie Schule sein sollte, las ich vor jetzt mehr als 40 Jahren, es erschien im Rotbuch-Verlag und wurde hier als revolutionäres Werk rezipiert. Daß die Schüler von Barbiana ganz selbstverständlich das Zölibat für Lehrer forderten, überlasen wir damals ganz einfach. Ein schwerer Fehler.
Maria und Lorenzo hätten sich wahrscheinlich sehr gut verstanden. Und wir hatten nicht wirklich verstanden, was der Heilige Radikale Don Lorenzo Milani wirklich wollte.
Ich frage mich, warum ich bei meinen Schulfotos eigentlich immer ganz vorne links sitze. Ich habe da einen Verdacht.
7 Kommentare:
Gab es nicht als Pendant zu "Fräulein" "Junger Mann"?
Was denn für einen Verdacht? *neugierigsei*
"Ich frage mich, warum ich bei meinen Schulfotos eigentlich immer ganz vorne links sitze. Ich habe da einen Verdacht."
Weil das, was für den Betrachter des Photos links erscheint, in Wirklichkeit rechts war? ;-)
P.S.: Meine Oma sprach "Frollein" immer so aus: "Froll'n"
@Ulrich, das ist so wie mit der hebräischen alma, die der Küng immer als Beweis dafür heranzieht, daß damit keine Jungfrau gemeint war, sondern eine junge Frau. Nein, junger Mann ist kein Pendant zu Fräulein. Fräulein ist eine unverheiratete Frau, was angeblich beweist, daß sich Frauen über Männer definieren, aber nicht umgekehrt, Männer über Frauen. Deshalb ist die Anrede Fräulein aus dem Sprachgebrauch verschwunden. Ebenso wie Schapel, Haube und Kopftuch. Wäre ein interessantes Thema.
@Alipius Für die Sitzordnung gibt es eigentlich nur einen ganz einfachen Grund. Ich wollte mich in der Schule eigentlich am liebsten immer ganz klein machen, und während die anderen selbstbewußt ihren Platz in der Mitte einnahmen, habe ich mich lieber ganz hinten oder ganz am Rand aufgehalten. Heutzutage hätten sie mich wahrscheinlich mit Prozac vollgestopft und die Jungs in der Mitte mit Ritalin. Die prominentesten Plätze waren einfach schon besetzt, also landete ich ganz vorne am Rand.
Nur ein paar lose Gedanken: Ich kenne auch noch ein Follein. Frollein Bosse, sie hat mit meiner Mom beim Amt gearbeitet, also nix mit geweiht oder so. Aber sie bestand auf ihr Frollein, weil sie nämlich der Meinung war, damit jedem klar zu machen, dass ihren leitenden Posten und ihren Titel eben nicht dadurch bekommen hatte, dass sie was "Höheres" geheiratet hatte. Sie kam aus einer Zeit wo man auch Frau Dr. oder Frau Ing. sein konnte, wenn man einen solchen heiratete. Was wohl in der Tat wohl weniger schwierig ist, wie sich durch ein Hochschulstudium zu kämpfen und/oder eine Doktorarbeit zu schreiben. Allerdings war sie schon zu Mutters Zeiten ein Dinosaurier. Wie allen jungen Frauen im Amt wurde meine Mutter auch nach der Heirat gekündigt. Eine verheiratete Frau oder gar eine Mutter, die weiterhin ihres Amtes waltete, das gab es nicht. Wenn man es dennoch nötig hatte zu arbeiten, dann landete man als Arbeiterin in einer Leichtlohngruppe. Allerdings verzichtete sie darauf sich ihren Vorsorgeanspruch auszahlen zu lassen. Eine sehr kluge Entscheidung. Irgendwie hatte sie wohl schon geahnt, dass Husband No 1, nicht wirklich so ans Haus gebunden war und das Arbeiten nicht erfunden hatte und sie über Kurz oder Lang wieder Selbstversorgerin sein würde. Nachdem die Anstellungsbedingungen im öffentlichen Dienst geändert waren, wurde sie gerne wieder in Dienst gestellt, da sie ja eh noch Vorsorgeansprüche hatte.
Viele von ihren damaligen Kolleginnen ließen sich auszahlen mit dem Ergebnis, dass ihnen jetzt zehn oder mehr Jahre in der Rente fehlen. Sicher ist es schön sich vorzustellen, dass frau sich ganz ihrer Arbeit widmet und ihren Beruf auch als Berufung sieht oder sich ganz auf die Rolle der Mutter einlässt. Allerdings - Willkommen im Hier und Jetzt - habe ich eins von der Generation meiner Eltern gelernt, wer sich - und wenn es nur versorgungstechnisch ist - auf einen Mann verlässt, der ist hinterher nicht nur häufig verlassen, sondern auch noch arm dran. Ich habe eine Arbeitskollegin, die hat drei Kinder unter drei und sie geht ganztags arbeiten. Das tut sie nicht, weil sie so eine Rabenmutter ist, sondern weil Kindererziehung erst eine lohnenswerte Sache ist, wenn sie von Mitarbeitern einer Kita geleistet wird. Kita- und Krippenplätze werden zusätzlich zum Kindergeld mit mehr als 1000 Euro bezuschusst, wenn sie als Mutter die Kinder selber betreuen würde, dann bekäme sie genau Null Euro und würde zusätzlich noch Rentenjahre verlieren. Wir Frauen gucken uns unsere Mütter und Omas an und wissen, dass ganz Muttersein Sozialharakiri ist. Im Englischen sagt man "Follow your dreams and get broke!" Das selbe könnte man vom Ideal der Familie sagen.
Sozialharakiri? Nein war es nicht. Das bis in die siebziger Jahre geltende Eherecht sicherte Frauen gegen "böswilliges Verlassen" durch den Ehemann weit besser ab, als die unter unserer feministischen Justizministerin Zypries verabschiedete Neuregelung, die nun wohl endgültig das ist, was das bis in die 70er Jahre geltende Eherecht nicht war; eine Aufforderung an untreue Ehemänner, Frau und Kind am besten in den 40ern zu verlassen,um eine neue Familie zu gründen. In diesem Fall, vor allem, wenn aus der neuen Familie z.B. eines Bundespräsidenten Wulff ein weiteres Kind hervorgeht, verliert "die Alte" jeden Unterhaltsanspruch. Ich habe mich da vor einigr Zeit mit einem alten OLG-Richter unterhalten, der sich fast verzweifelt fragte, warum Frau Zypries alles kaputt macht, was die Gerichte in Jahrzehnten als Schutzmechanismen vor allem für Mütter entwickelt haben. Geschiedene Frauen haben auch dann keinerlei Rechte mehr, wenn sie Jahre die gemeinsamen Kinder großgezogen haben. Dies war in den fünzigr Jahren anders.
Sieh Dir die Statisken an, bei doppelt so viel Eheschließungen hatten wir vor 50 Jahren nur ein fünftel der heutigen Scheidungen. Scheidung war damals vor allem für Männer eine teure Sache. Heute gibts das zum Dumpingpreis zu lasten der Frauen. Es findet ein juristischer Vernichtungsfeldzug gegen Ehe und Familie statt und der gleichmacherische Feminismus bleibt Sstumm, weil es den Damen, die eh nicht verheiratet sind, und sich Kinder lieber sparen völlig wurst ist, wie es ihren Geschlechtsgenossinnen geht, die so blöd waren, eine Familie gründen zu wollen. Ich hab bis vor kurzem mit zwei feministischen Scheidungsanwältinnen zusammengearbeitet. Du wirst nirgendwo mehr Frauenverachtung finden, als in solchen Kreisen.
Wir haben auch eine Tante, die ein Frollein ist - eine echte Volksschul-Lehrerin, wie man sie sich so vorstellt. Sie ist allerdings - wie viele in ihrem Alter auch - unfreiwillig Fräulein geblieben, denn in den 1950er Jahren gab es einfach sehr viel mehr Frauen als Männer.
Kommentar veröffentlichen