Dienstag, 31. August 2010

Katholiken sind doof


Na ja, nicht alle. Eigentlich die wenigsten. Eigentlich sind Katholiken undoofer als die meisten anderen. Aber wenn ich mal was zum allgemeinen Bildungsniveau in Glaubensfragen vor allem bei cradle-catholics meiner Altergruppe sagen dürfte?

Prädikat erschröcklich. Da höre ich von einem Doktoren der Physik und Chefredakteur einer Gemeindezeitung daß Luther der erste gewesen sein soll, der es "gewagt" habe, die Bibel entgegen dem Verbot der Kirche zu übersetzen und und diese Übersetzung drucken zu lassen. (Falsch, Luthers Bibel war die 14. in deutscher Sprache erschienene gedruckte Übersetzung der Bibel, ein kirchliches Übersetzungsverbot gab es nicht) und daß diese Bibel von  Gutenberg gedruckt wurde (noch falscher: Gutenberg besorgte den Druck der Vulgata zwischen 1452 und 1454 in Mainz, 70 Jahre vor dem Druck der Lutherschen Septemberbibel 1522). Usw. usf. Ich spreche nicht von lieben, leider etwas ungebildeten Menschen, sondern von solchen mit abgeschlossenem Hochschulstudium. Und Stories dieser Art kann ich dutzendfach berichten.

Nachdem ich nun diesen Artikel gelesen habe, wurde mir so einiges klar. Katholische Lutherfans kann ich ja schon mal gar nicht ab. Weil sie meistens nicht wissen wovon, und noch weniger über wen sie da reden.
Im Grunde müsste die katholische Kirche heute das tun, was ihr schon Martin Luther empfohlen hat. Der lag in allem genau richtig, da ist alles drinnen, um den Missbrauchsskandal zu verhindern. Die Kirche müsste den Zölibat aufheben, Priester sollten heiraten dürfen, Sexualität sollte nicht nur als Mittel der Fortpflanzung gelten.
Guten Morgen! Ich fände es sehr, sehr spannend mal dereinst heroben eine Podiumsdiskussion zwischen M.L. und Frau Käßmann zum Thema "Die Pille. Ein Geschenk des Himmels?" zu hören. Obwohl ich mir das Paradeis nicht als Ort für Podiumsdiskussionen vorstelle. Jedenfalls hat weder Luther noch die Kirche jemals behauptet, Sexualität gälte "nur als Mittel der Fortpflanzung". Allenfalls Frau Ranke-Heinemann hat mal behauptet, die Kirche behaupte, was Herr Hader behauptet, daß sie behaupte.

Wenn ich die folgenden Zeilen lese, wundere ich mich über derlei Quark nicht mehr:
Ich kenne die Kirche recht gut, ich war neun Jahre lang auf dem Klosterinternat Melk. Die Atmosphäre dort war in den siebziger Jahren eine sehr liberale. Wir haben im Religionsunterricht ständig Camus und Sartre gelesen, und der Zweifel an sich wurde auch in religiöser Hinsicht sehr hoch eingeschätzt: Wenn man stark zweifelt, setzt man sich zumindest intensiv auseinander.
Do legst di nieda. Die Herren katholischen Religionspädagogen beatmen ihre bedauernswerten Zöglinge mit den irren Machwerken der Hochatheisten Camus und Sartre. Gut, Sartres L´Etre et la Néant hab ich mir damals auch reingezogen. Aber ich war in den siebziger Jahren, bitte schön, Anarchist, die hingegen waren Katholiken, Da erwarte ich doch eher die Lektüre von sagen wir mal, Aurelius Augustinus, wenns schon etwas hochgestochener sein soll,  und nicht ausgerechnet Religionsunterricht anhand der verschwurbelten Machwerke der Herren Sartre und Camus.

Das Interview ist dann auch noch in dem protestantischen Kampfblatt "Chrismon" unserer hochverehrten Frawe Margot K. erschienen. So blöd muß man erst mal sein. Ist man aber wohl, wenn man den Glaubensverhinderungsunterricht an einer katholischen Eliteschule der 70iger Jahre durchlitten hat. Wie mir überhaupt scheint, daß der sicherste Weg zum Glaubensabfall der Besuch des katholischen Religionsunterrichts ist.

Die Lutherrose mag ich, so wenig ich auch von M.L. als Theologen halte.

9 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

vielleicht sollten wir Katholiken (und insbesondere wir cradle-catholics) mal einen IQ-Test machen lassen. Wer weiss, was dabei rauskäme... vielleicht dürfen wir uns dann auch nicht mehr vermehren...:))
(Den Einbürgerungstest würden vermutlich die wenigsten bestehen...)
Gabriele
PS: danke für den informativen Beitrag. Ich wusste zwar dass es ältere Übersetzungen gab, aber nix genaues. Wär vielleicht einen längeren Eintrag wert?

Anonym hat gesagt…

da hamma's

http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-08/sarrazin-spd-eugenik?page=1

ich verweise auf den 3. Absatz. Passt eigentlich besser zum letzten Eintrag, aber da ich grade so schön über die Vermehrung de Katholiken räsoniert hab...:)
Gabriele

Elsa hat gesagt…

>>Allenfalls Frau Ranke-Heinemann hat mal behauptet, die Kirche behaupte, was Herr Hader behauptet, daß sie behaupte.<<

Und das hält sich hartnäckig. Ich habe neulich auf einer Grillparty einer Exkatholikin, die vor Jahren protestantisch geworden war, den Zahn diesbezüglich mal gezogen. Und viele andere mehr, die Frau Uta oder Konsorten zu verantworten hat. Das Ergebnis war ein spontanes: Wenn das so ist, dann werde ich wieder katholisch!
Laudetur Jesus Christus, oder? Herr, schenke mir noch viele solcher Grillparties, ich quatsche mir gerne den Mund fusslig für dein Reich! (Bei gutem Essen und Trinken)

Anonym hat gesagt…

was hat den Frau R-H gesagt, dass etc Herr Hader (wer ist das) gesagt hat...?

Johannes hat gesagt…

@Anonym. In "Eunuchen für das Himmelreich" entwickelt Frau Uta Ranke-Heinemann die Theorie einer grundsätzlichen Sexualfeindschaft der Kirche, die vor allem in der augustinischen Erbsündenlehre begründet sei. Frau Ranke-Heinemann (miß)versteht die im übrigen von allen Konfessionen geteilte Lehre, daß wir in eine seit der Erbsünde Adams zerbrochene Beziehung zu Gott hineingeboren werden als Lehre von der Kontamination durch die Sünde im Wege des Geschlechtsverkehrs. Damit wird Sexualität selbst zur Quelle der Erbsünde, Sex bleibt gewissermaßen nur ausnahmsweise erlaubt zur Zeugung von Kindern. Daß dieskeine zutreffende Interpretation der Lehre Augustinus ist, zeigt sich unter anderem daran, daß Augustinus wohl der erste wahr, der von der Sündlosigkeit Mariens vom Zeitpunkt ihrer Zeugung an überzeugt war. Wie überhaupt das Dogma von der unbefleckten Empfängnis Mariens die Behauptung einer grundsätzlichen Sexualfeindlichkeit der Kirche widerlegt. Feiern wir am 8. Dezember nicht etwa eine Liebesnacht? Das viele cradle-catholics dies ganz anders verstehen, nämlich in dem Sinne, das Sexualität schon als Befleckung verstanden wird, weiß ich. Umso absurder scheint mir diese Auffassung, den es geht ja bei der Unbefleckten Empfängnis gerade nicht um eine sexlose Zeugung, sondern eben um eine Empfängnis ohne die Befleckung durch die Sünde. Sexualität ist also im Umkehrschluß als solche fleckenlos.

Laurentius Rhenanius hat gesagt…

Lieber Johannes, herzlichen Dank für diese Zeilen. An Tagen wie heute frage ich manchmal ganz ernsthaft, wie ich es all die Jahre ohne die Blogozese ausgehalten habe!
Ich poste zum Thema in nächster Zeit ein Bonmots von diversen Grillparties.

Stanislaus hat gesagt…

@Elsa: Die Grillparty war doch sicherlich an einem Freitag, oder? ;-)

@Johannes(MA): Genialer Beitrag! Jetzt nach Fulda kann ich mir so richtig vorstellen, wie das klingt, wenn Du den vorlesen würdest.

Teresa hat gesagt…

Also das Gespräch auf der Grillparty hätte ich gerne gehört. Gut gemacht Elsa! Wahrscheinlich hatte die Ex-Katholin keine Chance.Sie muss aber gar nicht erst wieder katholisch zu werden. Einmal katholisch getauft, immer katholisch. Austritt und Wiedereintritt sind davon nochmal zu unterscheiden. Vielleicht kann der Blog-Hausherr aus (Kirchen-)rechtlicher Sicht etwas dazu sagen?

Yon hat gesagt…

Wenn die Meinungsäußerung mit "ich war an einer katholischen Schule", "ich hatte x Jahre katholischen Religionsunterricht" oder auch mit "ich war Messdiener" eingeleitet wird, weiß ich in der Regel schon, dass nichts Substantielles dabei rumkommt.
Ich muss das wissen, ich hab diese Einleitung mehrere Jahre selbst praktiziert. =)