Mittwoch, 19. Mai 2010

Phoebes einsame Schwestern

Gestern fand die örtliche ACK-Versammlung im kleinen Büro der Elisabeth-Gemeinschaft statt. Für mich Anlaß, meine Kenntnisse über eine im 19. und 20. Jahrhundert einst starke und die diakonische Arbeit der Evangelischen prägende Bewegung zu vertiefen: Die Diakonissen. "Unsere" Diakonissen, die des Elisabethen-Stiftes in Darmstadt, gehören oder besser gesagt gehörten dem Kaiserswerther Verband an. Sie berufen sich auf die erste Diakonisse, die Heilige Phoebe, und führen Ihre Geschichte auf Theodor Fliedner und seine beiden Ehefrauen Caroline und Friederike Fliedner zurück. Und auf Florence Nightingale, die sicher berühmtesteKrankenschwester des 19. Jahrhunderte, die mit den Fliedners in Verbindung stand.

Wer sich allerdings auf der offiziellen Seite des Kaiserswerther Verbandes auch nur darüber informieren will, nach welchen Grundsätzen, und in welcher Lebensform die Diakonissen lebten, muß lange suchen und wird nichts finden. Daß das Wort Diakonisse keinen Beruf bezeichnet, sondern einen Lebenstil, erfährt man nur von der jüngeren, ehemals viel kleineren Konkurrenz: Diakonissen lebten ehelos.
Unsere Ehelosigkeit weist in besonderer Weise voraus auf das kommende Reich Gottes. Da wird der Mensch weder heiraten noch sich heiraten lassen, denn die Gemeinschaft mit Gott wird ihn ganz erfüllen. Unser freiwilliger Entschluß zur Ehelosigkeit ist Ausdruck unserer Liebe zu Gott. Er läßt unser Leben nicht verkümmern, sondern ermöglicht es, unsere Liebeskraft in der Hinwendung vor allem zu ungeborgenen, ungeliebten, angefochtenen und kranken Menschen zu entfalten. Darüber hinaus erfahren wir unsere Ehelosigkeit als eine besondere Möglichkeit, Jesus Christus mit unserem ganzen Leben zur Verfügung zu stehen.
Ja, da blüht so manches im Verborgenen, über das unsere protestantischen Bürder und Schwestern allenfalls im hämischen Ton herziehen. Auf der semioffiziellen Seite "evangelisch.de" findet sich z.B. der gesammelte Unfug, der über das Zölibat von offizieller evangelischer Seite verzapft wird.
Der Zölibat ist das Problem, als dessen Lösung er sich ausgibt. Er bringt viele soziale Nachteile mit sich: einen deutlichen Mangel an Priesteramtskandidaten und eingeschränkte Auswahlmöglichkeiten; eine Überrepräsentation homosexueller Geistlicher; die Neurotisierung jener Priester und ihrer geheimen Familien, die trotz Verbot die Liebe entdecken und ihr versteckt nachgehen. Problematisch auch: die wachsende Zahl zugewanderter Geistlicher, die vor den Augen der Gemeinde mit der deutschen Sprache ringen
Nett, unsere evangelischen "Geschwister", gelle? Vor allem der Hinweis auf die "Überrepräsentierung homosexueller Geistlicher", der eigentlich eher zum unterirdischen Niveau der Pornokratenpostille "Stern" gehört. Wer meint, Käßmanns fauxpas sei ein einmalige Ausrutscher, der kennt die Mischpoche nicht, der ich anzugehören die Unehre glücklicherweise nicht mehr habe.

Daß in diesem ihnen eigentlich feindlichen Klima die ehelos lebenden Diakonissen auf Dauer nicht existieren konnten, liegt auf der Hand. Vor dem Krieg lebten und arbeiteten mehr als 400 Diakonissen im Stift. Keine ist mehr im Dienst, nur noch 15 Diakonissen im Ruhestand leben in Darmstadt.

Die Erosion geistlichen Lebens ist keine Besonderheit der katholischen Kirche. Nur was bei Katholikens langsam schleicht, das verlief bei den Evangelischen im scharfen Galopp. Die katholischen Orden sind schwächer geworden, sehr viel schwächer. Die evangelischen Orden - ihr stärkster Zweig waren die Diakonissen - haben praktisch aufgehört zu existieren.

Ach ja, eine der beiden älteren Damen war beim ÖKT. Besonders berührt hätten sie die armen "mit Priestern verheirateten Frauen". Da wußte ich nicht, was ich da noch sagen sollte, und hab mich besser den Rest des Abends ausgeschwiegen.

1 Kommentar:

Eugenie Roth hat gesagt…

Alse ... ich bedauere sie auch, die armen Frauen, die einen nun laisierten katholischen Priester geheiratet haben. In der Haut dieser Frau möchte ich auch nicht stecken. Eine solche kenne ich persönlich ... Besser, die beiden hätten sich nie kennen gelernt. Die Ehe ist inzwischen übrigens wieder auseinander ... Furchtbare Geschichte ...