Montag, 5. Oktober 2009

Am Anfang der Schöpfung: Ardi und der Gentleman

   Also von Ardi gibt es auch schönere Darstellungen als dieses Knochenpuzzle, zum Beispiel hier. Ich bin mir allerdings eher sicher, daß ich mich in Ardi nicht verlieben würde. 1,20m kurzbeinig, behaart, fliehende Stirn, rundbäuchig, und über den lesenswerten Artikel in der faz und in zahlreichen wissenschaftlichen Zeitungen könnte man sich mit ihr wahrscheinlich nicht unterhalten. Ardi, so kann man annehmen, interessierte sich mehr für Südfrüchte als für schöngeistige Literatur.
   Außerdem stellt sich das Problem einer Beziehungsaufnahme nicht, denn Ardi, eine Frau, wie die berühmte Lucy, war ein Frühmensch, gestorben vor rund 4,4 Millionen Jahren. Trotzdem hätte ich sie gerne kennengelernt, denn sie scheint ein Beweis dafür zu sein, daß der Mensch eben nicht vom Affen abstammt. Je weiter die Archäologie zurückgeht, und der Ardipithecus ist bisher die älteste bekannt Hominidenart, desto mehr wird den Anthropologen klar, daß die menschlichen Vorfahren eben keinen typisch äffischen Merkmale hatten. Aufrechter Gang, Hände, die nichts typisch äffisches haben, ein Gebiß, dem typische Merkmale der äffischen "Verwandten" fehlen.
   Ob man aus den Knochenkrümeln, die Wissenschaftler in einer mehr als ein Jahrzehnt währenden Arbeit zu einem unvollständigen Skelett zusammengesetzt haben, auch etwas über das Sozialverhalten der "ersten Familie" lernen kann? Die Wissenschaftler, die Teil der Gruppe sind, die sich mit Ardis Familie befasst haben, sind fest davon überzeugt. Vor allem die fehlenden Hauer, die so charakteristisch für das Gebiß männlicher Schimpansen und Gorillas sind, lassen den Rückschluß auf ein wesentlich anderes Sozialverhalten der frühen Menschen zu. Diese überdimensionalen Eckzähne dienen nämlich ausschließlich dem Geschlechterkampf, nicht dem zwischen den Geschlechter, sondern dem zwischen den äffischen Machos, die sich um die Weibchen prügeln. Je größer die Hauer, desto größer die Chance, daß sich der Konkurrent aus dem Staub macht, und dem größeren Macho das Feld überläßt. Je dicker die Hauer, umso größer der Harem.
   Die Frühmenschen müssen also andere Techniken der Brautwerbung gehabt haben, und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine andere Form der sozialen Beziehung zwischen Mann und Frau. Daß die menschliche Monogamie kein neuzeitliches Phänomen und keine bloß kulturelle Errungenschaft ist, sondern uns die Menschheitswiege gelegt wurde, halten die Forscher für wahrscheinlich.
    Also war es schon in der Urzeit so, daß die Damen eher dem Gentleman ihr Herz schenkten, der sie mit Blümchen, Pralinen und erlesenen Früchten umwirbt, durch elegantes Aussehen und feine Manieren glänzt und nicht zuletzt über eine gehobene soziale Stellung und das dazu gehörende Einkommen verfügt? Statt nur über Fitnesstudio-gestählte Muskeln und einen tiefergelegten 3er BMW? Der ewige Treue verspricht, statt einem One-night-stand?
   Möcht schon sein. Und im übrigen sprechen auch andere archäologische Funde dafür, daß es "Im Anfang" so war. Schön, daß die Sonntagslektüre am vierten Oktober so wunderbar zur Sonntagslesung passt. 
Da kamen Pharisäer zu ihm und fragten: Darf ein Mann seine Frau aus der Ehe entlassen? Damit wollten sie ihm eine Falle stellen.
Er antwortete ihnen: Was hat euch Mose vorgeschrieben?
Sie sagten: Mose hat erlaubt, eine Scheidungsurkunde auszustellen und (die Frau) aus der Ehe zu entlassen.
Jesus entgegnete ihnen: Nur weil ihr so hartherzig seid, hat er euch dieses Gebot gegeben.
Am Anfang der Schöpfung aber hat Gott sie als Mann und Frau geschaffen.
Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen,
und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins.
Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen. (Markus 10, 2-9)
   Jedenfalls freu es mich diebisch, wenn die kruden Theorien der Sozialdarwinisten und die menschenfeindlichen Thesen der "sexuellen Befreiung", durch ein paar gewitzte Forscher widerlegt werden, die die Menschen-Geschichte aus Knochenkrümeln lesen können.
   Man könnte also sagen, daß die Kondome-Schwenker eher die geistig-seelische Konstitution von Schimpansen und Gorillas besitzen, als die von Menschen. Vielleicht sollte man die Macher der BzgA, die uns mit diesen netten Kondömchen-Plakätchen beglücken mal einer Gen-Analyse unterziehen. Gorillas, wetten?

Die Artikelserie in der Zeitschrift Science findet sich hier.

1 Kommentar:

Pro Spe Salutis hat gesagt…

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Johannes, setzt das Aura-Spray mal besser wieder ab. Irgendwie fehlen uns jetzt Deine Beiträge ...

;-)