Freitag, 16. Oktober 2009

Darmstadt und seine Madonna

   Darmstadt ist - obwohl die Protestanten schon lange nicht mehr die Bevölkerungsmehrheit stellen - potzprotestantisch. Es scheint, als habe die Stadt ihre Tradition als Hauptstadt eines kleinen lutheranischen Ländchen gewissermaßen in sich eingesogen, als würden die Steine dieser Stadt noch über weitere Jahrhunderte den protestantischen Mief ausdünsten, den sie über die Jahrhunderte eingesogen haben. Wer das nicht weiß, und an Fastnacht in Darmstadt Fastnacht feiern will, kann da sein Aha-Erlebnis haben. (Man flüchtet über die Tage einer jahrhundertealten Tradition folgend ins benachbarte Dieburg, das dafür ebenso potzkatholisch ist, wie Darmstadt potzprotestantisch.) 
    Doch mitten in dieser Stadt fand sich ein von den Bürgern der Stadt verehrtes, ja geliebtes katholisches Bildnis, die Darmstädter Madonna. Im 16. Jahrhundert hat der letzte katholische Bürgermeister der Stadt Basel Hans Holbein d.J. beauftragt, ein wohl für eine Privatkapelle bestimmtes Marienbild zu malen, auf dem der Stifter, dessen lebende und dessen verstorbenen Ehefrau und dessen Tochter verewigt wurden.
    1822 erwarb ein preußischer Prinz das Bild, das dann Mitte des 19. Jahrhunderts nach einigen erbrechtlichen Verwicklungen in Darmstadt blieb. Zum großen Leidwesen der Darmstädter wanderte das Bild aufgrund komplizierter Erbstreitigkeiten im Jahr 2004 in das Städelmuseum in Frankfurt, wo es keinesfalls hingehört - davon sind die Darmstädter felsenfest überzeugt. Nun, die Erbstreitigkeiten sind offenbar zu lösen, und nun gibt es Hoffnung, daß dieses Bild wieder nach Darmstadt gelangt, nicht in das Stadtschloß wo es in einer fast sakralen Umgebung über mehr als ein Jahrhundert zu sehen war, sondern in das benachbarte Landesmuseum. Ich hab jedenfalls ganz heimlich ein paar Gesätze geopfert, damit das Bild wieder dahin kommt, wo ich es jedes Jahr mehrmals besucht und besichtig habe.
   Darf man das?
   

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